Wirtschaftliche Schäden durch Krankheit in Deutschland – ein Überblick

Wenn die alljährliche Erkältung ruft wird auch jungen Menschen schnell bewusst, dass Krankheiten mitunter zum Leben dazugehören.Doch welche Krankheiten sorgen eigentlich für den Ausfall? Wie hoch fällt der Schaden aus und welche Probleme ergeben sich?

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Wenn die alljährliche Erkältung ruft oder eine Welle der Magen-Darm-Grippe den Bekanntenkreis infiziert, wird auch jungen Menschen schnell bewusst, dass Krankheiten mitunter zum Leben dazugehören. Nach Auswertungen des Statistischen Bundesamtes lag die durchschnittliche Zahl der Krankheitstage im Jahr 2014 deutschlandweit bei 9,5. Im Vergleich zu den Neunzigerjahren mit 10-12 Ausfalltagen pro Jahr ist dies durchaus ein guter Wert. Doch welche Krankheiten sorgen eigentlich für den Ausfall? Wie hoch fällt der Schaden aus und welche Probleme ergeben sich daraus? In diesem Artikel soll das Thema etwas genauer unter die Lupe genommen werden.Abbildung 1: Statistik zum Krankenstand in Deutschland ©Meine-Gesundheit.de, Statistisches Bundesamt Krankmeldungen in einer Firma – was bedeutet das eigentlich? Wenn ein Mitarbeiter in einem Betrieb krankheitsbedingt ausfällt, ist das Unternehmen laut §3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) dazu verpflichtet, bis zu 6 Wochen lang sein Gehalt weiterzuzahlen. Erst nach Ablauf dieser Frist übernimmt die Krankenkasse die Leistung von Krankengeld. Darüber hinaus fällt die Arbeitskraft dieser Person aus. Dies kann verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen: 1. Andere Mitarbeiter müssen die Arbeit miterledigen und eventuell bezahlte Überstunden machen. 2. Die Arbeit bleibt liegen und der Output des Unternehmens sinkt. Somit lassen sich die Kosten von Krankheiten also nach folgenden Aspekten berechnen: Kostengrund Beschreibung Ausmaß der Kosten Ausfall eines Mitarbeiters Der Mitarbeiter steht für seine Arbeit nicht zur Verfügung, bezieht aber bis zu 6 Wochen weiterhin sein volles Gehalt. Gehaltszahlung im normalen Rahmen Kosten für die Sozialversicherung Vertretung des Mitarbeiters Andere Mitarbeiter müssen Überstunden machen, um den Ausfall zu kompensieren. Zusätzliche Kosten durch Überstunden Evtl. Zuschläge für Überstunden Evtl. Kosten für zusätzliche Freelancer Verringerter Output Sollte keine adäquate Vertretung gefunden werden, könnte Arbeit liegen bleiben. Evtl. Vertragsstrafen durch Verzögerungen Verluste durch verärgerte Kunden Tabelle 1: Anfallende Kosten im Zuge eines krankheitsbedingten Ausfalls Der genaue Schaden für ein Unternehmen lässt sich demnach also nur individuell bemessen, da es immer auf die jeweiligen Rahmenbedingungen ankommt. Auch die Bezahlung von Überstunden und die Auslastung der Belegschaft spielen eine wichtige Rolle. Wie hoch fällt der volkswirtschaftliche Schaden durch Krankheit aus? Es gibt sehr viele Studien zu den volkswirtschaftlichen Kosten einzelner Krankheiten. Ob Burnout, Rückenschmerzen oder Bluthochdruck – stets werden geschätzte Kosten durch Produktivitätsausfälle aufgezeigt. Bei einer Gesamtbetrachtung der Krankheitskosten wird jedoch auch heute noch die Studie von Booz & Company aus dem Jahr 2009 angeführt. Die wichtigsten Zahlen im Überblick: Kostenpunkt Betrag Kosten für Unternehmen durch krankheitsbedingte Ausfälle: 129 Milliarden Euro Kosten für die Volkswirtschaft durch Produktivitätsausfälle: 225 Milliarden Euro Krankheitsbedingte Kosten pro Arbeitnehmer: 3.591 Euro pro Jahr Tabelle 2: Krankheitsbedingte Kosten für die Volkswirtschaft ©Booz & Company Einen sehr guten Überblick zu diesem Thema bietet auch die interaktive Infografik von Bueromoebel-Experte.de. Somit wird sehr anschaulich dargestellt, welch hohe Kosten bereits in kurzer Zeit durch krankheitsbedingte Ausfälle entstehen: Infografik: Verluste durch Krankheiten in Deutschland Welche Krankheiten schlagen mit besonders hohen Kosten zu Buche? Der Mensch kann grundsätzlich an vielen verschiedenen Leiden erkranken. Das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) gibt an, dass der Diagnoseschlüssel ICD-10 in der Version GM 2016 ca. 13.500 systematische Codenummern aufweist. Doch natürlich wirken sich Krankheiten ganz unterschiedlich auf den Krankenstand und die Fehltage aus. Im BKK Gesundheitsreport 2015 wurden wie jedes Jahr wieder die 3 Erkrankungen aufgelistet, die im Vorjahr (2014) die meisten Fehlzeiten pro 1.000 Versicherte aufwiesen: Abbildung 2: Krankheiten mit den höchsten Fehlzeiten ©Meine-Gesundheit.de, BKK Gesundheitsreport 2015 Das Rückenschmerzen gerade in er heutigen Zeit mit vielen Bürojobs zu den Krankheiten mit den meisten Fehlzeiten gehören, dürfte nicht verwunderlich sein. Ganz anders sieht dies hingegen bei den psychischen Erkrankungen aus. Zu diesen gehören unter anderem: Burn-Out Depressionen Folgen von Mobbing Angststörungen Bipolare Störung Borderline-Syndrom ADHS Der Report der BKK zeigt zudem auch auf, dass sich Zahl der Fehltage durch psychische Störungen zwischen 1976 und 2013 von 0,5 auf im Durchschnitt fast 2,5 deutlich erhöht hat. Die Suche nach den Gründen ist dabei nicht immer einfach. Trotzdem lassen sich zwei Faktoren sehr eindeutig identifizieren: 1. Der heute Geschäftsalltag ist geprägt von Leistungsdruck und Konkurrenzkampf am Arbeitsplatz. Menschen müssen regelmäßig an ihre Grenzen gehen und in vielen Branchen durch herausragende Leistungen um ihren Arbeitsplatz kämpfen. 2. Psychische Erkrankungen werden heute in der Gesellschaft viel stärker wahrgenommen und tatsächlich als Krankheiten akzeptiert. Somit könnte es bereits auch in der Vergangenheit schon viele Fälle psychischer Leiden gegeben haben, die nur kaum beachtet wurden. Die Betroffenen litten in solchen Fällen unbemerkt. Mitarbeiterin kommt krank zur Arbeit. Durch die fehlende Leistungsfähigkeit in einem solchen Zustand passieren häufig teure Fehler! ©NotarYES - Shutterstock.com Hauptkosten werden nicht durch Fehlzeiten verursacht So überraschend das klingen mag, aber die Hauptkosten einer Krankheit liegen nicht in den Fehlzeiten der Mitarbeiter. Viel schlimmer wirkt sich laut der oben zitierten Studie von Booz & Partner der sogenannte Präsentismus aus. Dabei handelt es sich um das Phänomen, dass Mitarbeiter trotz Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen. Durch die Schwächung ergeben sich jedoch mitunter teure Fehler und es werden sogar mehr Unfälle registriert. Die Studie teilt die jährlichen Krankheitskosten pro Person deshalb auch folgendermaßen auf: Fall Betrag Kosten durch Fehlen von Mitarbeitern: 1.197 Euro pro Kopf und Jahr Kosten durch Präsentismus: 2.394 Euro pro Kopf und Jahr Gesamt: 3.591 Euro pro Kopf und Jahr Tabelle 3: Absentismus vs. Präsentismus - ein Kostenvergleich ©Booz & Company Fazit Die Tatsache, dass Menschen hin und wieder erkranken, wird sich auch mittelfristig nicht ändern lassen. Der volkswirtschaftliche Schaden des Krankenstands in Deutschland belief sich schon im Jahr 2009 auf 225 Milliarden Euro und hat sich seitdem wahrscheinlich noch gesteigert. Dabei sorgen scheinbar besonders fleißige Mitarbeiter, die krank am Arbeitsplatz erscheinen, letztlich für die höchsten Kosten. Ein gutes Gesundheitsmanagement eines Unternehmens sollte heute deshalb flexibel auf entsprechende Ausfälle reagieren können und somit den Schaden des Krankenstandes möglichst gering halten. Nur fitte Arbeitnehmer sind letztlich auch für ihre Firma eine wirkliche Hilfe.

Autor: Charly Kahle

Stand: 13.04.2016

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