Studien-Analyse: Kniegelenks-Spiegelungen fast ohne Nutzen
Viele Experten bezweifeln den Nutzen von Knie-Arthroskopien. Diese Skepsis bestätigt eine Analyse von zahlreichen Studien. Danach haben die Kniegelenks-Spiegelungen für viele Menschen so gut wie keinen Nutzen.
Gut 100.000 Mal im Jahr greifen deutsche Orthopäden für eine Kniegelenks-Spiegelung zum Skalpell. Die Knie-Arthroskopie wird den Patienten häufig als letztes Mittel gegen Schmerzen durch alterungsbedingten Gelenkverschleiß angepriesen. Viele Experten bezweifeln den Nutzen bei Arthose schon seit Jahren. Jetzt legen dänische und schwedische Forscher nach: Sie haben 18 Studien über Knie-Arthroskopien ausgewertet. Ihr Ergebnis: Die Knie-Operation bringt im Vergleich mit nichtoperativen Verfahren so gut wie keinen Nutzen. Zwar seien in Einzelfällen die Gelenkschmerzen etwas besser als mit konservativen Verfahren gelindert worden. Dieser Vorteil habe sich aber spätestens nach 2 Jahren verflüchtigt.
Die kaum messbaren Vorteile der Knie-Arthroskopie in Bezug auf die Gelenkschmerzen rechtfertigten das Risiko eines operativen Eingriffes bei Menschen mittleren und älteren Alters nicht, so die Autoren der Studienanalyse. Komplikationen seien zwar selten, es habe aber Fälle von tiefen Venenthrombosen, Infektionen und Lungenembolien gegeben. In Einzelfällen hätten die Komplikationen die Patienten das Leben gekostet.
Der Auswertung der skandinavischen Forschergruppe liegen Daten von knapp 1.300 Knie-Arthroskopien zugrunde. In den einzelnen Studien betrug das durchschnittliche Lebensalter der Patienten zwischen 50 und 63 Jahren.
Auch IQWIG bezweifelt den Nutzen
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie die jetzt vorgelegte Metaanalyse kam auch das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Das IQWiG legte im März 2014 einen Bericht vor, indem der Kniegelenks-Spiegelung als therapeutischer Methode der Nutzen abgesprochen wird. Einige Experten mutmaßen, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die Arthroskopie des Kniegelenks aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichen wird.
Arthrose mit Schmerzmitteln und Physiotherapie behandeln
In sehr vielen Fällen erzielt die konservative Behandlung von arthrosebedingten Gelenkschmerzen sehr gute Erfolge. In dieser nichtoperativen Therapie werden vor allem Medikamente und Bewegungsübungen kombiniert. Als Medikamente kommen vor allem sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Naproxen, Indometacin, Diclofenac und Ibuprofen mit gutem Erfolg zum Einsatz. Hingegen ist jüngsten Studien zufolge Paracetamol bei Rückenschmerzen und Arthrose kaum wirksam. Im Idealfall wird die medikamentöse Behandlung um eine Bewegungs-Therapie erweitert. Auch der Abbau von Übergewicht zählt zu den Elementen der konservativen Therapie. Und gerade hier kommt es oft zu Therapieeinschränkungen, wenn es beispielsweise nicht gelingt, Übergewicht zu vermindern oder die körperliche Aktivität zu steigern. Bei starken anhaltenden Gelenkschmerzen kann eine multimodale Schmerztherapie eine sinnvolle Alternative zur Knie-Arthroskopie sein.
Autor: Charly Kahle
Stand: 05.10.2016