Kinderlebensmittel: Hersteller werben mit Süßigkeiten

Viele Lebensmittelhersteller haben sich verpflichtet, bei Kindern nur für gesunde Lebensmittel zu werben. Laut Foodwatch verstoßen die Hersteller aber in 90 Prozent der Fälle gegen ihre eigenen Vorgaben.

Schokolade

90 Prozent der untersuchten sogenannten Kinderlebensmittel gelten nicht als ausgewogene Lebensmittel und sollten laut Foodwatch ehrlicher als Süßigkeiten bezeichnet werden. Gerade einmal 28 von 281 getesteten sogenannten Kinder-Lebensmitteln erfüllen die Kriterien der Lebensmittelhersteller, nach denen diese Produkte bei Kindern beworben werden dürften. In 90 Prozent der Fälle hingegen verstoßen die Hersteller gegen die Werbebeschränkungen, zu denen sie sich in der sogenannten EU-Pledge selbst verpflichtet haben. Das hat die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch in Berlin mitgeteilt. Foodwatch hatte die Studie über Kinderlebensmittel gemeinsam mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft und der Deutschen Diabetes-Hilfe in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Fast alle gezielt auf Kinder ausgerichteten Produkte der Lebensmittelhersteller sollten nicht als Lebensmittel, sondern als Süßigkeiten bezeichnet werden.

Foodwatch und die Mitinitiatoren der Untersuchung fordern nun vom Bund ein gesetzliches Werbeverbot für Kinder-Lebensmittel, wenn diese nicht den Vorgaben der WHO entsprechen. Man könne nicht länger auf freiwillige Selbstbeschränkungen wie den EU-Pledge setzen. Selbstverpflichtung der Hersteller reicht bei weitem nicht aus Ob Coca-Cola, Mc Donalds Chicken-Burger, Capri-Sonne, Pringles-Chips oder Kaba: Was bei Kindern beliebt ist, wird laut Ergebnis der Studie ohne Rücksicht auf die Selbstbeschränkung mit gezieltem Marketing bei Kindern beworben. Beim Fruchtzwerge-Hersteller Danone erfülle nur eines von mehr als 30 getesteten Produkten die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO für ausgewogene Nahrungsmittel für Kinder. Alle getesteten Produkte werden gezielt auch bei Kindern beworben – ob im Fernsehen, auf Plakaten, im Internet oder auf den Verkaufsflächen.

Dabei hatten sich die Hersteller der getesteten Kinderlebensmittel schon 2007 verpflichtet, nur jene Produkte bei Kindern zu bewerben, die die WHO-Anforderungen an ausgewogenen Nahrungsmitteln für Kinder erfüllen. Diese Selbstverpflichtung ist den Fachleuten unter der Bezeichnung „EU-Pledge“ bekannt. Foodwatch und die Diabetes-Gesellschaften kritisieren die Vorgaben aus dem EU-Pledge als ohnehin zu lasch. So dürfen Frühstücksflocken laut EU-Pledge bis zu 30 Prozent an Zucker enthalten. Die WHO bezeichnet hingegen einen Zuckenanteil von maximal 15 Prozent als für Kinder geeignet. Auch Chips sollten nach Ansicht von WHO und Studien-Auftraggebern nicht für das Kindermarketing zugelassen sein, sind es aber laut EU-Pledge sehr wohl.

Als kritisch betrachten Foodwatch und Diabetesgesellschaften des Weiteren, dass viele Werbemaßnahmen wie etwa Aktionen in Supermärkten oder die Packungsgestaltung nicht vom Kindermarketing-Verbot erfasst seien. Ferner hätten viele Hersteller noch nicht einmal die Selbstverpflichtung des EU-Pledges unterzeichnet. Zu den Nichtunterzeichnern zählten beispielsweise Bahlsen, Ehrmann oder Hipp. Auch müsse die Altersgrenze für das Kindermarketing-Verbot von 12 auf 16 Jahre heraufgesetzt werden.

In Deutschland ist die Anzahl der übergewichtigen Kinder seit den 80iger Jahren um mehr als die Hälfte gestiegen. Wenigstens 15 Prozent der Kinder gelten als übergewichtig. Etwa 6 Prozent aller Kinder sind sogar krankhaft fettsüchtig, leiden also unter Adipositas. Übergewicht und Bewegungsmangel sind die größten Risikofaktoren für Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, für Herz-Kreislauferkrankungen oder Gelenk- und Rückenschmerzen. Letztlich verkürzt Übergewicht die Lebenserwartung deutlich, verringert die Lebensqualität der Kinder und belastet das Gesundheitssystem unnötig durch die Behandlung der Folgeerkrankungen.

Autor: Charly Kahle

Stand: 18.01.2016

Quelle:
  • Foodwatch-Pressemeldung vom 24. August 2015
  • Foodwatch-Studie: Kindermarketing für Lebensmittel
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