Alte Menschen bekommen häufig gefährliche Medikamente
Nach Angaben der Techniker Krankenkasse erhalten fast 20 Prozent der Menschen im Rentenalter Medikamente, die nicht helfen oder die Gesundheit gefährden.
Die Techniker Krankenkasse (TK) kritisiert die Verschreibungspraxis bei Medikamenten für alte Menschen. Fast jeder Fünfte im Alter von mehr als 65 Jahren erhalte von seinen Ärzten Medikamente, die entweder für alte Menschen nicht geeignet oder wegen Neben- und Wechselwirkungen sogar gefährlich seien. Und das, obwohl es besser verträgliche wirksame Alternativen gebe.
Nach Angaben der TK nehmen 1,8 Millionen Männer und Frauen im Rentenalter (Stand: 2012) regelmäßig verschreibungspflichtige Arzneien, die unnötige Risiken für Folgeschäden wie Stürze, Nierenschäden oder Magenblutungen mit sich bringen. Das entspreche einem Anteil von 18,9 Prozent. Vor gut 8 Jahren (2008) lag dieser Anteil laut TK noch bei 21,7 Prozent. Den Rückgang kommentiert Dr. Frank Verheyen von der TK, noch immer würden zu viele kritische Medikamente verordnet. In Dänemark erhalten nach seinen Angaben nur 6 Prozent der Menschen über 65 solche Arzneimittel.
Priscus-Liste wird nicht ausreichend berücksichtigt
Verheyen kritisiert weiter, das Verordnungsverhalten der deutschen Ärzte habe sich trotz der 2010 vorgestellten Priscus-Liste nicht wesentlich verändert. Die Priscus-Liste enthält 83 Wirkstoffe, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht für Menschen jenseits des 65. Lebensjahres geeignet sind. Gleichzeitig nennt sie Wirkstoffe, die alternativ ohne potenzielle Gefährdung verordnet werden könnten.
Warum manche Medikamente für Alte nicht geeignet sind
Alte und junge Menschen reagieren nicht gleich auf Medikamente. Das liegt unter anderem daran, dass der Stoffwechsel sich mit dem Alter verlangsamen kann. Das führt beispielsweise dazu, dass die Dosierung eines Wirkstoffes für alte Menschen höher ausfallen muss als bei jungen Menschen – mit einem erhöhten Risiko für unerwünschte Wirkungen wie Organschäden an Niere oder Magen. Außerdem sind ältere Menschen beispielsweise stärker von Nebenwirkungen wie Schwindel oder Blutdruckschwankungen betroffen. Damit steigt das Risiko für Stürze und daraus folgende Verletzungen.
Großes Risiko durch Mehrfach-Medikation
Ein weiterer Risikofaktor in der medikamentösen Behandlung von älteren Menschen besteht in der Mehrfach-Medikation. Die Bundesvereinigung deutscher Apothekenverbände hat erst kürzlich darauf hingewiesen, dass durch Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten mehr Menschen sterben als durch den Straßenverkehr. Nahezu jeder vierte Deutsche (23 Prozent) bekomme 3 oder mehr Medikamente. Mit zunehmendem Alter steigt dieser Anteil auf fast 50 Prozent (über 70-Jährige).
Autor: Charly Kahle
Stand: 28.10.2015