Risikogruppen: Wer wird durch COVID-19 am stärksten gefährdet?

Bei „Corona“ und „Hochrisikogruppe“ denken die meisten Menschen an alte und kranke Menschen. Das greift zu kurz. Bereits ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko für schwere Verläufe. In den USA ist ein Fünftel der stationär Behandelten zwischen 20 und 44.

Risikopatient

Risikogruppen: Alte, Männer, Raucher und Menschen mit chronischen Erkrankungen

Die neue Lungenkrankheit COVID-19 verläuft für die meisten Menschen mild, zuweilen bleibt die Infektion mit SARS-CoV-2 sogar unbemerkt. Es sind aber auch sehr schwere Verläufe mit tödlichem Ausgang möglich. Wer im Einzelfall von diesen schweren Verläufen am ehesten betroffen ist, lässt sich gegenwärtig nicht genau sagen. Einige Risikogruppen aber lassen sich klar benennen.

Hochrisikogruppe der Menschen mit chronischen Erkrankungen

Besonders hoch ist das Risiko für einen komplizierten Verlauf von COVID-19 bei Menschen mit chronischen Erkrankungen. Bei Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD liegt die Erklärung dafür nahe: Bei Menschen mit Erkrankungen der Atemwege ist die gesunde Lungenfunktion ohnehin schon beeinträchtigt und die Lunge daher besonders anfällig.

Zu den Hochrisikogruppen zählen aber auch Menschen mit Erkrankungen, die auf den ersten Blick nur wenig mit Lungen oder Atmung zu tun haben. Das sind vor allem Menschen mit Herzschwäche, Bluthochdruck, Diabetes, Krebs, Lebererkrankungen oder chronischer Nierenschwäche.

Warum zählen chronisch Kranke zur Hochrisikogruppe?

Chronisch Kranke zählen vor allem deshalb zu den Hochrisikogruppen, weil sie in der Regel schon durch die Grunderkrankung belastet sind. Bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 oder bei einer COVID-19-Erkrankung stehen ihnen die körperlichen Ressourcen nicht wie bei einem gesunden Menschen voll zur Verfügung. Zudem beeinträchtigen einige häufige chronische Erkrankungen indirekt die gesunde Lungenfunktion. Bei einer Herzinsuffizienz beispielsweise steigt das Risiko für Lungenhochdruck. Arteriosklerose begünstigt Durchblutungsstörungen, die wiederum den Herz-Lungen-Kreislauf belasten können.

Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes sieht es nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung so aus, dass auch junge Menschen mit chronischen Erkrankungen zur Hochrisikogruppe der Menschen mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheitsverläufe gehören.

Risiko steigt bei Kombinationen von Risikofaktoren

Eine besonders anfällige Hochrisikogruppe bilden Menschen, bei denen Risikofaktoren kombiniert auftreten. Nach Angaben des RKI gilt das beispielsweise für ältere Menschen mit Grunderkrankung im Vergleich zu einem der Risikofaktoren (Alter oder Grunderkrankung). Besonders schwer betroffen sind alte und junge Menschen mit mehrere Grunderkrankungen.

Hochrisikogruppe der Menschen mit krankem oder unterdrücktem Immunsystem

Besonders durch COVID-19 gefährdet sind auch Menschen, deren Immunsystem nicht oder nicht ausreichend funktioniert. Dabei sind nicht Menschen mit allgemeiner Abwehrschwäche gemeint, sondern Menschen mit ernsthaften Erkrankungen des Immunsystems wie beispielsweise HIV, primären Immundefekten oder sekundären Immundefekten.

Primäre und sekundäre Immundefekte

Primäre Immundefekte sind angeborene Erkrankungen des Immunsystems. Die Medizin kennt inzwischen mehr als 300 unterschiedliche Krankheitsbilder, viele von ihnen zählen zu den seltenen Erkrankungen.

Sekundäre Immundefekte sind dauerhafte Störungen des Immunsystems, die erst im Laufe des Lebens erworben werden. Häufige Ursachen solcher Immundefekte sind beispielsweise Krebserkrankungen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Stoffwechselstörungen wie Diabetes.

Hochrisikogruppe der Menschen mit Einnahme von Immunsuppressiva

Eine weitere Hochrisikogruppe bilden Menschen, bei denen das Immunsystem medikamentös unterdrückt oder geschwächt wird. Sogenannte Immunsuppressiva wie Glucocorticoide (in der Umgangssprache Kortison) werden unter anderem nach Transplantationen oder bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Chronisches Asthma, entzündliche Darmerkrankungen oder rheumatische Erkrankungen sind weitere Anwendungsgebiete für das Immunsystem unterdrückende Medikamente.

Risiko steigt bereits für alle ab 50 sowie Raucherinnen und Raucher

SARS-CoV-2 infiziert aber nicht nur Hochrisikogruppen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts steigt das Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 bereits ab dem 50. Lebenjahr und nimmt danach stetig zu. Das liegt vor allem daran, dass das Immunsystem mit den Jahren schwächer wird und Krankheitserreger wie Viren schlechter bekämpfen kann. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Erkrankung bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem erst spät erkannt wird. Woran liegt das?

Fieber ist das klassische Symptom von Infektionen. Fieber wird aber nicht durch Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 verursacht, sondern ist eine Folge der Reaktion des Immunsystems. Ist das Immunsystem schwach, kann Fieber gering ausfallen oder ausbleiben. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Infektionen wie COVID-19 erst spät entdeckt werden und möglicherweise schon fortgeschritten sind.

Sterblichkeit von Männern nahezu doppelt so hoch wie bei Frauen

Das Risiko für eine Infektion mit SARS-CoV-2 ist nach Angaben des RKI zum gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse (Anfang April) für Frauen wie Männer mit 49 zu 51 Prozent etwa gleich hoch. Die Sterblichkeit hingegen scheint bei Männern deutlich höher zu sein als bei Frauen. Unter den 732 Todesfällen mit Corona-Infektion (Stand: 1. April) waren 65 Prozent Männer. Eine Auswertung der COVID-19-Fälle in China war zuvor ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass die Sterblichkeit bei Männern fast doppelt so hoch liegt wie bei Frauen.

Die Gründe für die höhere Sterblichkeit sind bislang nicht bekannt. Der Virologe Alexander Kekulé nennt als eine mögliche Ursache den insgesamt schlechteren Gesundheitszustand von Männern im höheren Alter (verglichen mit Frauen gleichen Alters).

Auch junge und gesunde Menschen dürfen sich nicht in Sicherheit wähnen

Bislang weiß man nicht, wie sich das individuelle Risiko für eine COVID-19-Erkrankung sicher einschätzen lässt. Nachdem Zahlen zu Beginn der Pandemie nahegelegt hatten, dass junge und gesunde Erwachsene ein eher kleines Risiko für schwere Verläufe aufweisen könnten, nimmt die Zahl der Betroffenen inzwischen auch in dieser Gruppe zu. Nach Angaben des US Centers for Disease Control (CDC) von Mitte März war ein Fünftel der stationär aufgenommen COVID-19-Patienten zwischen 20 und 44 Jahre alt. Laut der Studie benötigte fast die Hälfte intensivmedizinische Behandlung. Junge gesunde Menschen dürfen sich also keinesfalls in Sicherheit wähnen.

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