Ayurveda
Ayurveda befasst sich mit der Pflege der Gesundheit und widmet sich verschiedenen medizinischen Bereichen. Zu den vielfältigen Behandlungsmaßnahmen zählen die Ernährung und Yoga.
Ayurveda ist die mindestens 3500 Jahre alte, schriftlich festgehaltene Heilkunde Indiens. "Ayus" bedeutet Zusammenhalt, "Veda" Wissen oder Wissenschaft. Ayurveda befasst sich neben der Pflege der Gesundheit mit acht eigenständigen Medizinbereichen:
- Innere Medizin
- Frauen- und Kinderheilkunde
- Hals-Nasen-Ohren- und Augen-Heilkunde
- Geisteskrankheiten
- Chirurgie
- Toxikologie (Lehre von den Giften)
- Gesundheitsförderung
- Sexualmedizin
Obwohl die verschiedenen Kolonialmächte in Indien zum Teil systematisch versucht haben, das ayurvedische Denk- und Medizinsystem zu unterdrücken, wird Ayurveda auch heute noch gelehrt und praktiziert. Als ayurvedischer Arzt wird zugelassen, wer eine über sechs Jahre dauernde universitäre Ausbildung gemacht und die staatliche Genehmigung zur Ausübung der ayurvedischen Medizin erworben hat.
Philosophie und Entstehung von Ayurveda
Die Gesundheit wird in der ayurvedischen Heilkunde als Harmonie oder Einheit des Bewusstseins mit den Körperfunktionen beschrieben. Dazu gehört auch das Wohlbefinden, das durch einen harmonischen und befriedigenden Kontakt zwischen den einzelnen Menschen und ihrer Umwelt entsteht. Der Mensch ist nach den gleichen Grundsätzen wie seine Umwelt aufgebaut. Nach ayurvedischer Auffassung besteht der Mensch aus den vier Komponenten Körper, Sinnesorgane, Geist und Seele. Der Körper existiert als sichtbarer Leib, der über die Sinnesorgane mit der Aussenwelt Kontakt aufnimmt. Der Geist wird verstanden als inneres Organ, das ebenfalls durch die Sinnesorgane mit der Umwelt in Verbindung steht. Die Sinnesorgane und der Geist prägen die Seele, die Informationen aufnimmt und diese als Teile des zukünftigen Schicksals bei der Wiedergeburt weiterträgt. Gemäß der ayurvedischen Philosophie besteht der Mensch aus den fünf Elementen:
- Feuer
- Wasser
- Erde
- Luft
- Raum
Jedem Element sind bestimmte Körperfunktionen oder Stoffe zugeordnet. So symbolisiert das Element Erde alle festen Bestandteile im Körper, die an ihren Ort gebunden sind wie zum Beispiel die Knochen. Dem Element Wasser hingegen sind alle Körperflüssigkeiten zugeordnet.
Die drei Doshas
Der Mensch lebt durch das Zusammenspiel der Kräfte von allen fünf Elementen. Wie diese zusammenwirken, wird durch die Lehre der drei «Doshas» beschrieben:
- Vata (Nervenenergie für Bewegung und Aktivität)
- Pitta (Stoff-abbauende Feuerenergie)
- Kapha (Stoff-aufbauende Nährenergie)
In der ayurvedischen Medizin sind die Doshas die drei grundlegenden Steuerungs- und Regulationssysteme des menschlichen Körpers. Das Verhältnis der Anteile von Vata, Pitta und Kapha zueinander macht die Konstitution des Menschen aus. Die Zusammensetzung der Doshas bestimmt gewisse Stärken, Schwächen, Krankheitsanfälligkeiten und Reaktionsmöglichkeiten des Körpers. Kennt der ayurvedische Arzt die Konstitution eines Menschen, so kann er aus der Vielfalt der ayurvedischen Behandlungsmethoden die typengerechte, richtige Auswahl treffen.
Krankheitsbegriff der ayurvedischen Medizin
Nach ayurvedischer Vorstellung sollte jeder Mensch bemüht sein, sich selbst, sein Leben und seine Umwelt in einem stabilen Gleichgewicht zu halten. Dazu gehört zum Beispiel die Anpassung der Aktivität oder der Ernährung an die Tages- und Jahreszeit. Hält sich der Mensch an diese Regeln, so befindet er sich in Harmonie und Balance mit seiner Umwelt. Wenn diese Harmonie gestört ist, sendet der Körper Signale aus. Werden diese nicht beachtet, reagiert der Körper mit Krankheiten. Beginnende körperliche Veränderungen werden in der ayurvedischen Medizin jedoch nicht als Beginn einer Erkrankung gesehen, sondern bereits als deren Auswirkung. Deshalb bemüht sich die ayurvedische Medizin nicht in erster Linie um die Heilung von körperlichen Symptomen, sondern um die Wiederherstellung des ursprünglichen Gleichgewichtes.
Diagnoseformen der ayurvedischen Medizin
Weil eine Krankheit nicht in erster Linie aufgrund ihrer Symptome beurteilt wird, sondern zur erfolgreichen Heilung immer zuerst die Krankheitsursache gefunden werden muss, hat die ayurvedische Medizin komplexe Diagnoseverfahren entwickelt. Grundsätzlich werden zwei Diagnoserichtungen angewandt. Bei der einen Richtung steht die Krankheit, bei der anderen Richtung der Mensch selbst im Zentrum der Untersuchungen.
Pulsdiagnose
Als Grundlage zur Beurteilung einer jeden körperlichen Veränderung dient die Klärung der Verhältnisse, in denen sich die Doshas befinden. Um Rückschlüsse auf den Zustand der Doshas ziehen zu können, wendet der ayurvedische Arzt die Pulsdiagnose an. Die ayurvedische Medizin kennt eine Vielzahl von Pulsqualitäten wie zum Beispiel stark, schwach, drängend und flüchtig. Der Puls wird am Handgelenk des Erkrankten mit drei Fingern gefühlt.
Prakriti-Analyse
Zur Bestimmung der Charakteristika eines Menschen und seines Lebens dient die «Prakriti-Analyse». Als Prakriti wird das Zusammenspiel aller Bedingungen bezeichnet, die das Leben eines Menschen prägen. Die Prakriti ist mit der Geburt festgelegt und bleibt das ganze Leben bestehen. Besonders prägend ist die Konstellation der Planeten und Sterne während der Zeugung und der Schwangerschaft. Deshalb hat die Astrologie in der Prakriti-Analyse eine wichtige Funktion.
Behandlungsmethoden der ayurvedischen Medizin
Die ayurvedische Medizin vertraut den Selbstregulierungsmechanismen des Körpers. Das heisst, dass der Körper ursprünglich durch spontane Vorlieben oder Abneigungen selbst signalisiert, was ihm gut tut oder schadet. Dies trifft besonders auf die Nahrung zu. In der ayurvedischen Medizin wird der richtigen Zusammenstellung der Lebensmittel deshalb eine heilende Kraft zugeschrieben, welche die drei Doshas ausgleichen kann. Bei den Ernährungsrichtlinien des Ayurveda spielen die Geschmacksrichtungen eine wichtige Rolle. Es werden sechs verschiedene Qualitäten unterschieden: süss - bitter sauer - scharf salzig - zusammenziehend Je nach Vorliebe eines Menschen oder nach der Typisierung seines Charakters wird eine Geschmacksrichtung zur Harmonisierung der Doshas bevorzugt.
Wichtig bei der Anwendung der richtigen "Diät" ist aber auch, dass die Lebensweise und die Lebensumstände, die Jahreszeit und die Art der Arbeit oder der körperlichen Betätigung berücksichtigt werden. Auch Maßnnahmen zur Reinigung und Entschlackung bilden eine wichtige Methodengruppe der ayurvedischen Heilkunde. Dazu gehören:
- Fasten
- Ganzkörpermassagen mit verschiedenen Ölen
- Wärmedampfbäder
- Einläufe
- Auslösen von Erbrechen
- Auslösen von Niesen
- Aderlass
Einen anderen wichtigen Zweig der ayurvedischen Medizin bildet die Pflanzenheilkunde. Es werden etwa 5000 Pflanzen in unterschiedlichen Zubereitungsformen eingesetzt, wobei nicht genau unterschieden wird zwischen Nahrungsmitteln, Gewürzen und eigentlichen Heilpflanzen. Mineralien werden oft zusammen mit Pflanzen zu Arzneimitteln verarbeitet. Einige der verwendeten Metalle, zum Beispiel Quecksilber, sind giftig. Deshalb sind ayurvedische Präparate im allgemeinen nicht im Handel erhältlich.
Yoga
Yoga ist ein unabdingbarer Bestandteil der ayurvedischen Medizin. Die Bezeichnung Yoga umfasst Verhaltensweisen, Körper- und Atemübungen, bewusste Sinneswahrnehmung und Meditation. Das klassische Yoga ist ungefähr 5'000 Jahre alt und wurde in Indien entwickelt. Das Ziel von Yoga besteht unter anderem darin, durch vollkommene Herrschaft über den Körper den Geist zu befreien. Ursprünglich war Yoga ein in acht Bereiche aufgeteiltes System zur Selbsterfahrung, das zur "erlösenden Erleuchtung" führen soll.
Zwei Stufen befassen sich mit Verhaltensweisen, welche die Beziehung des Menschen zu sich selbst und zu seinem sozialen Umfeld regeln. Zwei weitere Stufen bestehen aus Körper- und Atemübungen. Es sind 300 verschiedene Yoga-Haltungen bekannt, die möglichst langsam eingenommen werden. Dabei konzentriert man sich auf das dabei erlebte körperliche Empfinden und versucht, diejenigen Muskeln zu entspannen, die zum Ausüben der Haltung nicht besonders gefordert sind. Die folgenden Stufen enthalten Anweisungen zur inneren Versenkung und Konzentration, eine Art Meditation.
Zur Steigerung des Wohlbefindens oder zur Unterstützung des Heilungsprozesses wird empfohlen, täglich zweimal während 20 oder 30 Minuten Yoga zu üben oder zu meditieren. Heute wird in Indien die klassische achtstufige Form des Yoga immer noch praktiziert. In Europa ist diese starre Einteilung durch flexiblere Yoga-Formen ergänzt oder ersetzt worden.
Anwendung von Ayurveda
Die Stärke der ayurvedischen Medizin liegt in der Frühbehandlung von Befindlichkeitsstörungen wie zum Beispiel Gefühle von undefinierbarem Unwohlsein. Besonders wirksam soll die ayurvedische Medizin auch sein bei: Asthma Brandwunden depressiven Verstimmungen erhöhtem Cholesterinspiegel Gelenkentzündungen Herzrhythmusstörungen Lähmungen Migräne Nasennebenhöhlenentzündungen rheumatischen Erkrankungen Schlafstörungen stressbedingten Störungen (zum Beispiel Magenbeschwerden, Störungen der Sexualität, Herzklopfen) Verdauungsbeschwerden Auch Krankheiten, die durch ein geschwächtes Immunsystem entstanden sind, sollen durch ayurvedische Behandlungsformen günstig zu beeinflussen sein. Dies gilt ebenfalls für verschiedene chronische Erkrankungen.
Ayurvedische Nebenwirkungen
Bei verschiedenen Krankheiten wie zum Beispiel bei Asthma kann eine alleinige ayurvedische Behandlung unzureichend und riskant sein, vor allem wenn sich die Erkrankung in einem akuten Stadium befindet. Akute Krankheiten oder schwere psychische Krisen werden von westlichen ayurvedischen ärzten im allgemeinen nicht behandelt. In solchen Fällen verweisen sie die Betroffenen an schulmedizinisch ausgebildete Ärzte.
Autor: Redaktion Meine Gesundheit
Stand: 18.08.2014