Sägepalme (Serenoa repens, Sabal serrulata)
Die Wirkung von Sägepalmenextrakten gegen Prostatavergrößerung und Probleme mit dem Wasserlassen sind nicht belegt.
Ab dem 50. Lebensjahr stellen sich bei Männern häufig Probleme mit dem Wasserlassen ein. Sie müssen vor allem nachts auf die Toilette, weil sie das Wasser nicht halten können. In den meisten Fällen ist eine alterungsbedingte gutartige Prostatavergrößerung die Ursache. Männer ab dem 70. Lebensjahr sind zu fast 100 Prozent von der Prostatavergrößerung betroffen. Abhilfe verspricht die Werbung durch eine Vielzahl von pflanzlichen Heilmitteln. Vor allem Kürbissamen, Brennnessel und Sägepalme sind Renner im Geschäft mit der Prostatavergrößerung.
Studien zur Wirksamkeit: Keine Wirkung nachgewiesen
Aller Beliebtheit zum Trotz: Die Wirksamkeit von Sägepalmeauf die Häufigkeit des Wasserlassens ist nicht belegt. Auch konnten Studien einen positiven Einfluss auf das natürliche Prostata-Wachstum nicht belegen.
Eine der jüngsten und größten Studien zur Wirksamkeit von Sägepalme bei gutartiger Prostatavergrößerung (2011) stammt von der Universität von Texas. Die Wissenschaftler untersuchten 369 Männer, die über einen Zeitraum von 18 Monaten mit Sägepalme (Sabal serrulata) behandelt wurden. Die Dosierung des Sägepalmen-Medikamentes wurde während der Studie bis auf das Dreifache der empfohlenen Menge gesteigert. Das Fazit: kein Nutzen, aber auch kein Schaden.
Die Stiftung Warentest bezeichnet Sägepalmenextrakte als zur Behandlung bei Beschwerden von gutartiger Prostatavergrößerung als „wenig geeignet“. Es fehle ein ausreichender Nachweis des therapeutischen Nutzens (August 2014).
Sägepalme wirkt wie Scheinmedikament
Die Gruppe der Männer, die ein Sägepalmen-Präparat erhielt, berichtete von lediglich geringen Effekten und ebenso geringfügiger Verbesserung der Lebensqualität. Dieselbe Einschätzung gaben die Männer, die ein Scheinmedikament (Placebo) erhalten hatten. Die Ergebnisse der Studie sind im „Journal of the American Medical Association“ (Band 306) veröffentlicht.
Manche Hersteller werben damit, dass Sägepalmenextrakte einen vorbeugenden oder lindernden Effekt auf Prostatakrebs hätten oder gegen Entzündungen der Prostata und Unterfunktionen der Harnblase wirkten. Alle diese Ansätze sind wissenschaftlich nicht belegt.
So erklären Hersteller die vermeintliche Wirkung
Die als arzneilich wirksam dargestellten Inhaltsstoffe von Sägepalmenextrakten sind Fettsäuren und Laurinsäure sowie verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe (sogenannte Flavonoide) und pflanzliche Hormone (Phytosterole). Die Hersteller von Sägepalmenextrakten argumentieren, diese Inhaltsstoffe könnten Hormone hemmen, die das Wachstum der Prostata anregen. Außerdem sollen sie die Muskulatur im Harntrakt entspannen und so den Harndruck mindern. Diesen Effekt verstärken Kombinationen verschiedener Heilpflanzen angeblich: So kombiniert einer der führenden Hersteller Sägepalmenextrakt mit Brennnesselextrakten.
Sabal serrulata: Keine Nebenwirkungen und gut verträglich
Sägepalmenextrakt gilt als gut verträglich, geht keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ein und darf auch von Jedermann eingenommen werden.
Sägepalmenextrakt ist in der Urologie jedoch ausschließlich für Männer zugelassen. Für Frauen mit Beschwerden beim Wasserlassen gibt es derzeit keine Sägepalmenextrakt-Medikamente auf dem Markt.
Gründe für die Beliebtheit von Sägepalmenextrakten
Urologen gehen davon aus, dass sich die Beliebtheit von Sägepalmenextrakten vor allem durch deren Harmlosigkeit erklärt – und die Hersteller gleichwohl Hoffnung auf eine Besserung der Beschwerden versprechen. Denn die klassische medikamentöse oder chirurgische Behandlung von Prostatavergrößerung birgt Risiken. Medikamente haben Nebenwirkungen – und eine operative Behandlung kann Inkontinenz mit sich bringen oder die Erektionsfähigkeit mindern. Da ist eine harmlose Behandlungsoption scheinbar die richtige Wahl – auch wenn sie nicht ganz billig ist. Eine Monatsdosis Sägepalme kostet ca. 30 Euro.
Urologen empfehlen Behandlung und Vorsorgeuntersuchung
Urologen raten, Beschwerden wie häufigen und nächtlichen Harndrang möglichst schnell untersuchen zu lassen. Je früher Veränderungen der Prostata erkannt werden, umso besser sind sie zu behandeln.
Ohnehin empfiehlt sich für Männer ab dem 45. Lebensjahr eine jährliche Vorsorgeuntersuchung zur Erkennung von Prostatakrebs. Krebs der Vorsteherdrüse ist mit 13.000 Todesfällen jährlich eine der gefährlichsten Krebserkrankungen beim Mann. Früh erkannt kann der Krebs in aller Regel sehr gut behandelt werden – auch ohne schwere Nebenwirkungen auf Kontinenz und Potenz.
Sägepalme (Sabal serrulata) als Heilpflanze in Kürze
- soll das Wasserlassen erleichtern, Effekt ist durch Studien nicht belegt, keine Vorteile im Vergleich mit Scheinmedikation (Placebo)
- selten Magen-Darm-Beschwerden oder Überempfindlichkeitsreaktionen nach der Einnahme
- keine Wechselwirkungen oder Anwendungsverbote bekannt
- Anwendungsgebiet: Beschwerden beim Wasserlassen oder Wasserhalten infolge einer gutartigen Prostatavergrößerung.
Autor: Charly Kahle
Stand: 28.07.2017