Staphylokokken-Infektionen
Staphylokokken-Infektionen sind bakterielle Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus. Staphylokokken gehören zur natürlichen Flora von Haut und Schleimhäuten des Menschen. Für gewöhnlich sind sie ungefährlich. Einige Staphylokokkenarten aber können als Krankheitserreger bei Menschen Infektionen auslösen. Meistens verlaufen Staphylokokken-Infektionen harmlos. Es gibt aber auch lebensgefährliche Verläufe, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem.
Synonyme
Infektionen mit Staphylococcus aureus, S. aureus-Infektionen
Überblick: Was sind Staphylokokken?
Staphylokokken ist eine deutsche Übersetzung des lateinischen Begriffs Staphylococcus. Dabei handelt es sich um eine Zusammensetzung aus den altgriechischen Wörtern staphylé (Traube, Weintraube) und kókkos (Kern‚ Korn, Beere). Der Name leitet sich vom Erscheinungsbild der Staphylokokken ab: Sie sind kugelförmig und traubenähnlich (wie Weintrauben) angeordnet.
Staphylokokken sind sehr widerstandsfähige Bakterien. Sie vermehren sich bei Temperaturen zwischen 30 und 37 Grad Celsius besonders gut und überleben bei durchschnittlicher Raumtemperatur mehrere Tage. Sie sind weitgehend vor Austrocknung geschützt und vertragen unterschiedlichste Umweltbedingungen. Ihre starke Widerstandsfähigkeit erschwert die effektive Bekämpfung.
Staphylokokken können außerdem ihr Erbmaterial so verändern, dass sie für Medikamente (Antibiotika) unempfindlich werden (Antibiotika-Resistenz). Das führt dazu, dass gegen manche Staphylokokken-Stämme nur noch sehr wenige wirksame Antibiotika (Reserve-Antibiotika) zur Verfügung stehen.
Wie gefährlich ist Staphylococcus aureus?
Mediziner bezeichnen Staphylokokken als „fakultativ pathogen“. Das bedeutet, dass die Bakterien Krankheiten nur unter bestimmten Voraussetzungen Krankheiten auslösen können. Für gesunde Menschen sind Infektionen mit Staphylococcus aureus in den meisten Fällen harmlos. Die Infektionen vergehen entweder von selbst oder lassen sich leicht durch Antibiotika behandeln. Für Menschen mit eingeschränktem Immunsystem aber besteht ein erhöhtes Risiko für Komplikationen. Im schlimmsten Fall drohen lebensgefährliche Blutvergiftungen (Sepsis).
Wie gefährlich ist MRSA?
Einige Stämme von Staphylococcus aureus haben die Fähigkeit entwickelt, die Wirkmechanismen von Antibiotika zu umgehen. Mediziner bezeichnen das als Antibiotika-Resistenz. Bei den Staphylokokken gibt es beispielsweise Stämme, die auf das Antibiotikum Methicillin nicht mehr ansprechen. Sie werden als MRSA bezeichnet: Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Zudem gibt es Staphylokokken-Stämme, die gegen mehrere Antibiotika widerstandsfähig geworden sind (multiresistenter Staphylococcus aureus).
Einteilung der Staphylokokken
Die biologische Gattung Staphylococcus umfasst rund 50 Arten und noch mehr Unterarten. In der Medizin werden Staphylokokken in zwei Gruppen unterteilt. Die Unterscheidung erfolgt anhand der Fähigkeit, ein bestimmtes Zellwandprotein namens Koagulase (Clumping-Faktor) zu bilden: entsprechend werden die Bakterien als koagulasepositive und koagulasenegative Staphylokokken bezeichnet.
Was sind koagulasepositive Staphylokokken? Koagulasepositive Staphylokokken produzieren Koagulase. Ihr medizinisch bedeutendster Vertreter ist Staphylococcus aureus. Dieser Staphylokokken-Stamm kann schwere Infektionen auslösen (siehe Symptome). Eine andere koagulasepositive Staphylokokkenart, die vor allem Hunde und Katzen besiedelt, aber auch Menschen infizieren kann, ist Staphylococcus intermedius.
Was sind koagulasenegative Staphylokokken? Koagulasenegative Staphylokokken produzieren keine Koagulase und verursachen in der Regel milde Krankheitsverläufe, sind also weniger pathogen. Dazu zählen unter anderem:
- Staphylococcus epidermidis
- Staphylococcus haemolyticus
- Staphylococcus hominis
- Staphylococcus capitis
- Staphylococcus saprophyticus
Staphylokokken-Infektionen: Häufigkeit
Staphylokokken sind Bestandteil der natürlichen Bakterienbesiedlung (Flora) von Haut und Schleimhäuten des Menschen. Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis sind bei bis zu 50 Prozent der Bevölkerung nachweisbar. In bestimmten Bevölkerungsgruppen ist die Besiedelung mit S. aureus noch viel häufiger. So sind beispielsweise bis zu 90 Prozent des Personals medizinischer Einrichtungen Träger des Erregers. Das ist einer der Gründe, warum Staphylococcus aureus auch als Krankenhauskeim bezeichnet wird.
Symptome: Welche Krankheiten verursachen Staphylokokken?
Staphylokokken-Infektionen verursachen sehr unterschiedliche Krankheitsbilder (siehe weiter unten). Bei gesunden Menschen verlaufen Krankheiten in der Regel harmlos. Gefährdet sind aber Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, etwa chronisch kranke und ältere Personen. Sie können Krankheitserreger nicht so effektiv abwehren wie Gesunde. Auch Babys und Kleinkinder sind anfälliger für bakterielle Infektionen, weil ihr Immunsystem noch nicht ausreichend entwickelt ist.
Sind Staphylokokken gefährlich?
Das Risiko für eine Erkrankung durch Staphylokokken hängt vor allem von individuellen Faktoren ab. So haben Menschen mit künstlicher Herzklappe oder Herzschrittmacher ein erhöhtes Risiko, weil Staphylokokken während der OP in den Körper gelangt sein können. Auf den Implantaten bilden sich mitunter filmähnliche bakterielle Beläge, deren Wachstum außer Kontrolle geraten kann.
Ein erhöhtes Infektionsrisiko tragen auch Menschen, deren Immunsystem (beispielsweise nach Transplantationen) medikamentös unterdrückt wird (Immunsupprimierte). Neugeborene mit einem geringen Geburtsgewicht weisen ebenfalls ein höheres Risiko für Staphylokokken-Infektionen mit schwerem Verlauf auf.
Grundsätzlich haben koagulasepositive Staphylokokken ein höheres krankheitserregendes (pathogenes) Potenzial als koagulasenegative Staphylokokken. Staphylococcus aureus und Staphylococcus epidermidis sind die beiden Staphylokokkenarten, die beim Menschen am häufigsten zu Erkrankungen führen.
Wie verläuft eine Infektion mit Staphylokokken?
Werden Staphylokokken über Speisen aufgenommen, zeigen sich gewöhnlich innerhalb von 2 bis 6 Stunden die Symptome einer Lebensmittelvergiftung (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall beispielsweise). Bei Infektionen über Hautverletzungen kommt es erst nach 4 bis 10 Tagen zu Krankheitszeichen (Inkubationszeit). Während dieser Zeit ist die Gefahr, andere Personen mit dem Erreger anzustecken, am höchsten. Personen, die mit Staphylokokken besiedelt sind, können den Erreger aber auch auf andere übertragen, obwohl sie selbst keine Symptome zeigen.
Infektionen mit Staphylococcus aureus
Infektionen mit Staphylococcus aureus sind sehr vielfältig. Sie können harmlos sein, aber auch tödlich verlaufen. Besonders lebensgefährlich sind Staphylokokken-Stämme, die das Toxic Shock Syndrome auslösen. Überdurchschnittlich stark gefährdet sind zudem Menschen, bei denen Staphylococcus aureus während einer Operation in den Körper gelangt.
Was ist Toxic Shock Syndrome Toxin-1?
Einige Staphylococcus aureus-Stämme haben die Fähigkeit, Giftstoffe (Toxine) zu bilden. Zu diesen Giftstoffen zählt das Toxic Shock Syndrome Toxin-1 (TSST-1). TSST-1 verursacht eine lebensgefährliche Infektion, die Mediziner als Toxisches Schocksyndrom (TSS) bezeichnen. Diese Multiorganerkrankung beginnt in der Regel mit Fieber, niedrigem Blutdruck (Hypotonie) und Hautausschlag (Exanthem). Das Toxic Shock Syndrome Toxin-1 greift ohne Behandlung schnell auf die inneren Organe über und löst einen lebensgefährlichen Schock aus.
Fremdkörperinfektionen mit S. aureus
Mitunter gelangt Staphylococcus aureus bei operativen Eingriffen in den Körper und kann schwere Infektionen auslösen. Besondere Gefahr besteht etwa bei zentralen Venenkathetern (ZVK), Herzschrittmachern, Drainagen, künstlichen Gelenken oder Implantaten wie künstlichen Herzklappen oder Stents (Gefäßstützen). Menschen mit geschwächter Immunabwehr sind stärker gefährdet, ebenso Patientinnen und Patienten während eines stationären Krankenhausaufenthaltes.
Weitere Erkrankungen durch S. aureus
- Entzündungen der Haarwurzel (Furunkel)
- Eitrige Entzündungen der Haut
- Abszesse
- Lungenentzündungen (Pneumonien)
- Mittelohrentzündungen (Otitis media)
- Wundinfektionen
- Knochenmarkentzündungen (Osteomyelitis)
- Blutvergiftungen (Sepsis)
- Herzinnenhautentzündung (Endokarditis)
- Nasennebenhöhlenentzündung (Rhinosinusitis)
- Fremdkörperinfektionen
Außerdem bildet S. aureus sogenannte Enterotoxine. Das sind Giftstoffe, die Lebensmittelinfektionen auslösen. Dabei kommt es meist schon kurze Zeit nach der Infektion zu Durchfall und Erbrechen. Eine Behandlung ist in den meisten Fällen aber nicht notwendig.
Was bedeutet MRSA?
MRSA steht für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus oder multiresistenter Staphylococcus aureus. Viele Staphylococcus aureus-Stämme sprechen nicht mehr auf die Behandlung mit bestimmten Antibiotika an, insbesondere nicht auf sogenannte Beta-Lactame wie Methicillin. Der Grund: Die Bakterien haben sich an diese Antibiotika angepasst. Mediziner bezeichnen das als Antibiotika-Resistenz. Die entsprechenden S-aureus-Stämme werden deshalb als Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) bezeichnet.
Was bedeutet multiresistent?
Immer öfter sind Staphylococcus aureus-Stämme nicht nur gegen Methicillin resistent, sondern auch gegen viele andere Antibiotika. Das geht so weit, dass einige MRSA-Stämme kaum oder auch überhaupt nicht mehr medikamentös zu bekämpfen sind. Menschen, die mit einem multiresistenten Staphylococcus aureus-Stamm infiziert sind, werden deshalb im Krankenhaus isoliert untergebracht und unter Einhaltung besonders sorgfältiger Hygienemaßnahmen behandelt. MRSA-Infektionen sind meldepflichtig.
Erkrankungen durch Staphylococcus epidermidis
Staphylococcus epidermidis ist ein koagulasenegativer Erreger. Er siedelt sich vor allem auf der Haut an und verursacht bei gesunden Menschen in der Regel keine Erkrankung. Gefahr besteht jedoch, wenn das Bakterium über Hautverletzungen ins Körperinnere gelangt. S. epidermidis ist einer der Hauptverursacher von Infektionen im Bereich von Kathetern, Gelenkersatz, Herzschrittmachern und anderen implantierbaren medizinischen Geräten.
Ursachen: Wie werden Staphylokokken übertragen?
Die Übertragung von Staphylokokken erfolgt vor allem über direkten Kontakt mit Infizierten oder kontaminierte Oberflächen oder Gegenständen (Schmierinfektionen). Ebenso ist eine Tröpfchen-Infektion durch Atemwegsausscheidungen (Husten oder Niesen) möglich.
Im Krankenhaus werden Staphylokokken vor allem über medizinische Instrumente wie Venenkatheter und Kanülen übertragen (nosokomiale Infektion).
Unzureichende Handhygiene vor dem Zubereiten von Speisen ist eine häufige Ursache für Lebensmittelvergiftungen durch Staphylokokken.
Selten werden die Erreger auch von Tieren (meist Nutztieren wie Rindern) auf den Menschen übertragen (Zoonose).
Wie werden Staphylokokken festgestellt?
Eine Infektion mit Staphylokokken lässt sich mittels Labordiagnostik nachweisen. Dazu stehen grundsätzlich zwei Verfahren zur Verfügung:
- Tests auf Koagulase: weist freie Koagulase und/oder mehrere Funktionseiweiße (Enzyme) von Staphylokokken nach
- Direkter Erregernachweis über das Erbmaterial (DNA) der Staphylokokken
Für die Labordiagnostik nimmt der Arzt mit einem Tupfer einen Abstrich aus der Wunde. Bei tiefer liegenden Infektionen gewinnt er das bakterielle Material über eine Kanüle oder direkt aus dem entfernten Gewebe.
Nicht immer ist ein Test notwendig, um eine Diagnose zu stellen. Bei leichten Infektionen genügt oft die Beurteilung des Erscheinungsbildes durch den Arzt (Blickdiagnose).
Behandlung von Staphylokokken-Infektionen
Staphylokokken-Infektionen können sehr unterschiedliche Erkrankungen verursachen. Daher richtet sich die Behandlung natürlich immer nach der Art der Erkrankung. In den meisten Fällen aber wird der behandelnde Arzt ein Antibiotikum einsetzen. Antibiotika können als Salbe oder Gel direkt auf das infizierte Areal aufgetragen werden (lokale Therapie). Reicht eine lokale Behandlung nicht aus, kommen Antibiotika in Tablettenform (bei Kindern als Saft) zum Einsatz (systemische Antibiose). Manchmal ist auch eine Kombination dieser Anwendungsformen sinnvoll. In sehr schweren Fällen wird das Antibiotikum über eine Infusion verabreicht.
Welche Antibiotika gegen Staphylokokken?
Gegen Infektionen mit Staphylokokken werden in erster Linie Penicilline wie beispielsweise Flucloxacillin eingesetzt. Besteht eine Allergie gegen Penicillin, steht Clindamycin als Alternative zur Verfügung. Ebenfalls wirksam sind Antibiotika aus den Wirkstoffgruppen der Makrolide und Fluorchinolone. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich immer nach dem spezifischen Erreger, der im Labor bestimmt werden kann (Antibiogramm). Bei mehrfachresistenten Bakterien kommen sogenannte Reserveantibiotika zum Einsatz.
Ausführliche Informationen zur Behandlung häufiger Staphylokokken-Infektionen finden Sie in den folgenden Krankheitsbildern:
Prognose: Wie gefährlich sind Staphylokokken?
Infektionen mit Staphylokokken sind für gesunde Menschen in den meisten Fällen ungefährlich. Gelangt der Erreger ins Körperinnere (siehe: Wie werden Staphylokokken übertragen?), kann es aber auch bei gesunden Menschen zu Infektionen kommen. Durch eine rasche Behandlung mit einem geeigneten Antibiotikum lässt sich solche Staphylokokken-Infektionen für gewöhnlich gut bekämpfen und die Erkrankung heilt vollständig aus.
Sind Staphylokokken tödlich?
Immungeschwächte und chronisch kranke Personen sowie Neugeborene haben ein höheres Risiko für eine schwere Erkrankung mit ungünstigem Verlauf. Kommt es zu einem septischen Schock, versterben 20 bis 30 Prozent. Auch die Behandlung von Infektionen mit mehrfachresistenten Bakterienstämmen ist mitunter komplex und kann längere Zeit in Anspruch nehmen oder scheitern.
Staphylokokken-Infektion: Vorbeugung
Das Risiko für Staphylokokken-Infektionen im privaten Umfeld lässt sich durch das Einhalten grundlegender Hygienemaßnahmen deutlich senken. Desinfektionsmittel sind in der Regel nicht notwendig. Ausnahme: Im Haushalt bzw. im Umfeld gibt es bekannte akute Staphylokokken-Infektionen und/oder Menschen, deren Immunsystem medikamentös oder krankheitsbedingt reduziert ist.
- Staphylokokken werden vor allem durch Schmierinfektionen übertragen. Beispielsweise überleben die Bakterien tagelang an Türklinken, Lichtschaltern oder anderen Oberflächen. Von dort werden sie dann über die Hände weiterverbreitet. Von daher kommt dem sorgfältigen regelmäßigen Händewaschen eine besonders große Bedeutung bei der Vorbeugung von Staphylokokken-Infektionen zu.
- Lebensmittelvergiftungen durch Staphylokokken-Infektionen lassen sich durch gründliche Küchenhygiene vermeiden: Reinigung von Arbeitsflächen, Messern und Küchengeräten nach dem Kochen, gekochte Speisen und verderbliche Lebensmittel immer im Kühlschrank aufbewahren, Kühlschrank regelmäßig reinigen.
- Bettwäsche und Handtücher bei mindestens 60 Grad Celsius waschen.
Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 24.10.2024
- Robert-Koch-Institut: RKI-Ratgeber Staphylokokken und MRSA, zuletzt abgerufen am 31. August 2022
- Bundesinstitut für Risikobewertung: Staphylokokken, zuletzt abgerufen am 31. August 2022
- National Library of Medicine: Staphylococcus Aureus, zuletzt abgerufen am 31. August 2022