TIA: Transitorische Ischämische Attacke

Was ist eine transitorische ischämische Attacke? Ist eine TIA ein Schlaganfall? Wie macht sich ein solcher Mini-Schlaganfall bemerkbar? Wie lange dauert eine TIA an, wie wird sie behandelt – und wie gefährlich ist sie? Antworten auf diese und weitere Fragen zum Thema kleiner Schlaganfall finden Sie hier.

Synonyme

zerebrale transitorische Ischämie, Mini-Schlaganfall, kleiner Schlaganfall

Überblick: Was bedeutet TIA in der Medizin?

TIA

Definition: In der Medizin ist TIA die Abkürzung für transitorische ischämische Attacke. Als TIA bezeichnen Mediziner eine plötzliche eintretende vorübergehende Durchblutungsstörung (Ischämie). Sie kann im Gehirn auftreten, seltener auch im Auge oder im Rückenmark. Die TIA im Gehirn nennen Ärzte auch zerebrale transitorische Ischämie. Auch wenn die Symptome einer TIA nur kurz anhalten und oft nicht sehr alarmierend sind: Eine transitorische ischämische Attacke ist ein ernst zu nehmendes Warnsignal für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko.

Ist eine TIA ein Schlaganfall? Eine TIA wird auch als kleiner Schlaganfall oder Mini-Schlaganfall bezeichnet. Sie hat grundsätzlich die gleichen Risikofaktoren und Ursachen wie ein Schlaganfall. Im Gegensatz zum Schlaganfall verschwinden die Symptome einer TIA jedoch rasch wieder. Anhaltende Schäden bleiben nicht zurück.

Symptome: Die Symptome einer transitorischen ischämischen Attacke entsprechen denen eines Schlaganfalls. Sie sind allerdings oft nur mild ausgeprägt und immer kurzfristig: Sie bilden sich also von selbst zurück. Typische TIA-Symptome sind beispielsweise halbseitige Lähmungen der Muskulatur, Sprachstörungen und Störungen der Sinnesempfindungen. In der Regel verschwinden die Symptome spätestens innerhalb einer Stunde.

Ursache von zerebralen transitorischen Ischämien ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn. In den meisten Fällen wird die Durchblutungsstörung durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) oder durch Arterienverkalkung (Arteriosklerose) verursacht.

Behandlung: Transitorische ischämische Attacken und Schlaganfälle lassen sich im akuten Fall zunächst nicht unterscheiden. Deshalb ist jede TIA ein medizinischer Notfall und muss wie ein Schlaganfall rettungsmedizinisch versorgt werden. Oft werden Menschen mit TIA in eine auf Schlaganfallpatienten spezialisierte sogenannte Stroke Unit aufgenommen und streng überwacht, um einem möglicherweise nachfolgenden Schlaganfall vorzubeugen.

Prognose: Eine TIA hat zunächst keine bleibenden gesundheitlichen Folgen. Sie ist jedoch ein klares Warnzeichen für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko: Bei etwa 10 Prozent der Fälle von zerebralen transitorischen ischämischen Attacken folgt innerhalb von Stunden, Tagen oder Wochen ein Schlaganfall.

Häufigkeit

Die genaue Häufigkeit der TIA ist unbekannt, da Betroffene nicht immer einen Arzt aufsuchen. Zudem kann die Diagnose transitorische ischämische Attacke im Nachhinein nicht sicher gestellt werden. Es wird vermutet, dass jährlich etwa 5 von 1.000 Menschen eine TIA erleiden. In Deutschland sind also pro Jahr rund 400.000 Menschen betroffen.

Die TIA ist ein wichtiges Schlaganfall-Warnzeichen. Zum Vergleich: Jährlich treten in Deutschland rund 270.000 Schlaganfälle auf.

Transitorische ischämische Attacke: Symptome

Bei einer zerebralen transitorischen Ischämie kommt es je nach betroffener Hirnregion zu verschiedenen vorübergehenden neurologischen Ausfallerscheinungen. Auftreten können:

  • Halbseitige oder beidseitige Muskellähmungen
  • Gleichgewichtsstörungen, Schwindel
  • Halbseitige oder beidseitige Störungen der Sinneswahrnehmung (Blindheit, Empfindungsstörungen der Haut wie Kribbeln oder Taubheit)
  • Sehen von Doppelbildern
  • Wortfindungsstörungen und Verlust des Sprachverständnisses: Sprachstörung (Aphasie), Sprechstörung (Dysarthrie)
  • Unfähigkeit zu schlucken oder zu sprechen

Typischerweise setzen die Symptome einer transitorischen ischämische Attacke plötzlich ein – und klingen dann meist innerhalb einer Stunde wieder ab.

Wie fühlt sich ein Mini-Schlaganfall an?

Bei einer TIA treten keine Schmerzen auf. Die Anzeichen eines Mini-Schlaganfalls können sehr unauffällig sein. Manchmal fühlt sich ein Mini-Schlaganfall an, als seien die Muskeln in einer Hand kurzzeitig gelähmt, manchmal kommt es zu einem kurzen Schwindelanfall mit Sehstörungen. TIA-Symptome können aber auch sehr auffällig und beängstigend sein. In jedem Fall gilt: Bei Verdacht auf eine TIA sollten Sie sofort den Rettungsdienst alarmieren.

Wie lange dauert eine TIA an?

Im Mittel dauert ein Mini-Schlaganfall 10 bis 15 Minuten. In der Regel verschwinden die Symptome innerhalb einer Stunde vollständig. Es bleiben keinerlei Ausfallerscheinungen zurück.

Erhöhtes Schlaganfallrisiko in den Tagen nach einer TIA

Nach einer transitorischen ischämischen Attacke besteht ein deutlich erhöhtes Schlaganfallrisiko. Innerhalb von 90 Tagen nach einer TIA tritt in jedem fünften bis zehnten Fall ein Schlaganfall auf. Besonders kritisch sind die ersten beiden Tage: Ein Viertel bis die Hälfte der Schlaganfälle nach einer TIA passieren in dieser Zeit.

Ursachen: Wie entsteht eine TIA?

Transitorische ischämische Attacken werden durch einen vorübergehenden Sauerstoffmangel im Gehirn (bzw. im Rückenmark oder im Auge) hervorgerufen. Ohne Sauerstoff können die Nervenzellen nicht mehr funktionieren. Der Sauerstoffmangel ist aber nur so kurzfristig, dass sich die Zellen danach wieder erholen. Ursache des Sauerstoffmangels ist eine zeitweise Störung der arteriellen Durchblutung durch starke Verengung oder Verschluss eines Blutgefäßes.

Oft ist ein Blutgerinnsel (Thrombus) für den Verschluss des Blutgefäßes verantwortlich. Sehr oft stammen die Thromben aus den Herzgefäßen. Von dort wandern sie mit dem Blutfluss Richtung Gehirn und können in einer kleineren Arterie im Gehirn stecken bleiben und dort den Blutfluss blockieren (Mikro-Embolie). Auch infolge von Arteriosklerose entstandene Ablagerungen können sich lösen und ein Blutgefäß verlegen. Nicht selten stehen TIA und Schlaganfall in Zusammenhang mit einer durch Arteriosklerose verengten Halsschlagader (Karotisstenose). Im Gegensatz zum Schlaganfall löst sich die Blockade jedoch rasch wieder, und das Blut kann zunächst weiter fließen.

In mehr als einem Drittel der Fälle kann die Ursache einer TIA nicht mehr ermittelt werden. Ärzte halten es für möglich, dass in solchen Fällen auch krampfartige Verengungen der Blutgefäße, die beispielsweise im Zusammenhang mit Migräne auftreten, für die vorübergehende Blockade verantwortlich sein könnten.

Risikofaktoren für eine TIA

Die Risikofaktoren für eine transitorische ischämische Attacke entsprechen denen für einen Schlaganfall. Dazu gehören:

Diagnose: Wie wird eine TIA festgestellt?

Bei einer akuten TIA werden die Betroffenen vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht. Die Diagnostik ist dann wie bei einem Schlaganfall, auch wenn sich die Patienten zu diesem Zeitpunkt in der Regel bereits wieder erholt haben. Zur Diagnostik gehören eine Laboruntersuchung des Blutes (Ausschluss von Risikofaktoren) , ein Elektrokardiogramm (EKG) und eine Ultraschalluntersuchung des Herzens sowie eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns. Die Untersuchungen des Herzens finden statt, weil es einen engen Zusammenhang zwischen Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und Schlaganfällen gibt: Ist ein Blutgerinnsel für die TIA verantwortlich, stammt es meist aus dem Herzen. Zeitnah findet in der Regel auch eine Ultraschalluntersuchung der Blutgefäße statt, die das Gehirn versorgen.

Auch wenn Sie erst einige Tage nach einer TIA zum Arzt gehen, werden Sie bei einem entsprechenden Verdacht zur Diagnostik und Schlaganfallvorbeugung in eine Klinik mit Schlaganfall-Einheit (Stroke-Unit) eingewiesen.

Schätzt der Hausarzt Ihr Schlaganfallrisiko als niedrig ein oder liegt das Ereignis mehr als zwei Wochen zurück, können die notwendigen Untersuchungen auch ambulant erfolgen.

Ist eine TIA im MRT sichtbar?

Während und kurze Zeit nach einer TIA können die Zeichen der vorübergehenden Durchblutungsstörung im Gehirn in einem sogenannten diffusionsgewichteten MRT noch sichtbar sein. Da eine TIA keine Schäden im Gehirn hinterlässt, bleibt das MRT nach dieser Frist meist ohne Befund.

ABCD2-Score: Kann man feststellen, ob man eine TIA gehabt hat?

Bei der Einschätzung, ob Symptome durch eine TIA verursacht wurden, setzen Ärzte häufig den sogenannten ABCD2-Score ein. In diesen Wert fließen folgende Risikofaktoren ein:

  • Alter (A)
  • Bluthochdruck (B)
  • Schwere der Symptome (C wie clinical features)
  • Dauer der Symptome (D) und
  • Diabetes (zweites D)

Je mehr dieser Risikofaktoren zutreffen, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie eine TIA gehabt haben und desto höher ist das Risiko, in der Folge einen Schlaganfall zu erleiden. Mit einem einfachen Test können Sie herausfinden, ob Sie Anzeichen für ein erhöhtes Schlaganfallrisiko haben: Schlaganfallrisiko berechnen.

Therapie: Wie wird eine TIA behandelt?

Die TIA selbst bedarf keiner Behandlung, da die Symptome von selbst verschwinden. Wegen des erhöhten Risikos für einen nachfolgenden Schlaganfall sollte jedoch unbedingt eine Behandlung eingeleitet werden, die dieses Risiko minimiert. Dazu gehören:

  • Behandlung von Risikofaktoren: Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Diabetes
  • Medikamente, die die Bildung von Blutgerinnseln verhindern (Blutverdünner): Eine ausführliche Darstellung finden Sie im Beitrag Ischämien
  • Ernährungs- und Lebensstiländerungen: Dazu finden Sie Informationen im Ratgeber Ernährung bei erhöhtem Cholesterinspiegel
  • Aufweitung einer verengten Halsschlagader: chirurgische Entfernung arteriosklerotischer Ablagerungen (Karotisendarterektomie) oder Einsetzen eines Implantats (Stent) zur Stabilisierung des Blutgefäßes.

Prognose: Lebenserwartung nach TIA

Eine TIA selbst ist nicht gefährlich, da sie keine bleibenden Schäden im Gehirn hinterlässt. Sie ist aber immer ein unbedingt ernst zu nehmendes Warnzeichen für die erhebliche Gefahr eines nachfolgenden Schlaganfalls. Damit bietet eine TIA die große Chance, durch sofortige Einleitung einer vorbeugenden Diagnostik und Behandlung das Schlaganfallrisiko zu verringern und den drohenden Schlaganfall abzuwenden. Bei rechtzeitiger Behandlung beeinträchtigt TIA die Lebenserwartung also nicht. 

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)

Stand: 28.04.2024

Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: S3-Leitlinie Schlaganfall (2020)
  2. A. Slezak et al.: Transiente ischämische Attacke (TIA) – ein Notfall! Schweizerisches Medizin-Forum (2014)
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