Tachykardie (Herzrasen)

Herzrasen kann harmlose Ursachen haben, beispielsweise bei Ärger, Freude oder Stress. Wenn das Herz aber ohne erkennbar harmlose Ursache schneller als 100 Mal pro Minute schlägt, ist das oft ein Hinweis auf schwere Erkrankungen des Herzens. Lesen Sie, was Sie über Herzrasen (medizinisch: Tachykardie) wissen sollten.

Synonyme

supraventrikuläre Tachykardie, ventrikuläre Tachykardie, beschleunigter Herzschlag, Pulsrasen, Herzrasen

Definition: Was ist Tachykardie?

Herz-Rhythmus

Als Tachykardie bezeichnen Mediziner, wenn das Herz von Erwachsenen ohne körperliche Belastung mehr als 100 Mal pro Minute schlägt. Ein Puls von mehr als 150 Schlägen pro Minute gilt als ausgeprägte Tachykardie. Bei gesunden Menschen beträgt die Herzschlagrate ohne körperliche Belastung (Ruhepuls, Ruhefrequenz) zwischen 60 und 90 Schlägen pro Minute. Das Gegenteil von Tachykardie ist verlangsamter Herzschlag, den Mediziner als Bradykardie bezeichnen.

Was ist Vorhofflimmern?

Die häufigste tachykarde Rhythmusstörung ist das Vorhofflimmern mit Herzfrequenzen im Bereich von 250 bis 350 Schlägen pro Minute. Dabei steigt das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln - und damit auch das Risiko für Schlaganfälle. Ausführliche Informationen zu dieser Herzrhythmusstörung finden Sie hier: Vorhofflimmern.

Formen der Tachykardie

Tachykardien können nach verschiedenen Gesichtspunkten kategorisiert werden. Grob unterscheiden Mediziner nach dem Ursprungsort des Herzrasens in supraventrikuläre und ventrikuläre Tachykardien.

Was ist supraventrikuläre Tachykardie?

Supraventrikulär bedeutet über (supra) und ventrikulär steht für Herzkammern (Herzventrikel): Eine supraventrikuläre Tachykardie hat ihren Ursprung also außerhalb der rechten oder linken Herzkammer. Die Ursachen von supraventrikulären Tachykardien liegen meistens im Muskelgewebe der Herzvorhöfe (das sind die beiden anderen Herzhöhlen) oder in zwei kleinen Strukturen, die als AV- und Sinusknoten bezeichnet werden. Störungen dieser Knoten beeinflussen den Herzschlag maßgeblich.

Was sind Sinusknoten und AV-Knoten?

  • Der Sinusknoten (Nodus sinuatrialis) ist der wichtigste Taktgeber des Herzens. Er liegt im rechten Vorhof des Herzens und besteht aus speziellen Muskelzellen. Diese Zellen senden kleine elektrische Impulse aus, die sich im ganzen Herzmuskel ausbreiten und den Herzschlag auslösen. Wenn der Sinusknoten nicht richtig funktioniert, kann die Herzfrequenz sinken oder steigen.
  • AV-Knoten ist die Abkürzung für Atrioventrikularknoten. Der AV-Knoten ist gewissermaßen der Empfänger für die elektrischen Impulse des Sinusknotens und wesentlich an der Weiterleitung der elektrischen Signale beteiligt. Deshalb wird der AV-Knoten als sekundärer Schrittmacher des Herzens bezeichnet.

Was ist ventrikuläre Tachykardie?

Bei einer ventrikulären Tachykardie liegt die Ursache des beschleunigten Herzschlages in den Herzkammern selbst. Das herzkammerbedingte Herzrasen ist in der Regel Folge einer anhaltenden schweren Herzerkrankung wie Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Herzinfarkt (Myokardinfarkt), Herzklappenerkrankungen oder koronarer Herzkrankheit (KHK). Diese Erkrankungen stören das fein austarierte Zusammenspiel der Erregungsleitung im Herzen und können so den Herzschlag beschleunigen.

Was ist eine Kammertachykardie?

Wenige Sekunden anhaltende ventrikuläre Tachykardien sind in der Regel nicht akut lebensbedrohend. Wenn ventrikuläre Tachykardien aber länger als 30 Sekunden andauern und wiederholt auftreten, sprechen Mediziner von einer anhaltenden Kammertachykardie. Diese Form der Tachykardie ist einerseits ein Hinweis auf eine ernsthafte Herzerkrankung und kann andererseits in ein lebensbedrohliches Kammerflimmern (Kammerflattern) übergehen. Deshalb gelten anhaltende Kammertachykardien als lebensbedrohliche Ereignisse, die sofort notfallmedizinisch behandelt werden müssen.

Formen der ventrikulären Tachykardie

Mediziner unterscheiden eine ganze Reihe von Sonderformen der ventrikulären Tachykardien, die wichtigsten sind:

  • Linksventrikuläre Ausflusstrakttachykardie (LVOT)
  • Rechtsventrikuläre Ausflusstrakttachykardie (RVOT)
  • Faszikuläre ventrikuläre Tachykardie (FVT)
  • Long-QT-Syndrom mit Torsade-de-Pointes-Tachykardie
  • Vorhofflimmern bei ventrikulärer Präexzitation
  • Bidirektionale ventrikuläre Tachykardie

Tachykardie: Häufigkeit

Tachykardien sind eine sehr häufige Form der Herzrhythmusstörung. In Deutschland werden pro Jahr etwa 500 Menschen pro 100.000 Einwohner mit einer Herzrhythmusstörung stationär im Krankenhaus aufgenommen, bei Herzschwäche sind es etwa 445/100.000 (Inzidenz). Die Inzidenz von Tachykardien liegt zwar nur bei 35 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr: Das sind in Summe aber fast drei Millionen Menschen. Der weitaus größte Teil entfällt auf supraventrikuläre Tachykardien.

Gleichzeitig ist Kammerflimmern als Komplikation von ventrikulären Tachykardien die häufigste Ursache für den plötzlichen Herztod. Nach Schätzungen sterben in Deutschland jährlich zwischen 100.000 und 200.000 Menschen am sogenannten Sekundentod. Es wird angenommen, dass rund 80 Prozent dieser Todesfälle durch Kammerflimmern ausgelöst werden.

Tachykardie: Symptome

Die Symptome von Tachykardien hängen vor allem von Ursache, Dauer und Stärke des Herzrasens ab. Gering ausgeprägte Beschleunigungen des Herzschlages nehmen viele Menschen nicht einmal wahr. Bei einer anhaltenden Tachykardie treten vor allem folgende Symptome:

  • Brustschmerzen
  • Kurzatmigkeit bis zu Atemnot
  • Schwäche
  • Schweißausbrüche (Diaphorese)
  • Schwindel
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Wahrnehmung der schnellen Herzschläge (Palpitationen), oft auch äußerlich sichtbar

Bei starken Tachykardien und in Abhängigkeit möglicher vorhandener Herzschäden sind weitere Symptome möglich:

Tachykardie: Komplikationen

Insbesondere ventrikuläre Tachykardien erhöhen das Risiko für lebensbedrohliches Kammerflimmern. Bei Kammerflimmern schlägt das Herz zwischen 200 und bis 800 Mal pro Minute, ohne dass noch Blut in den Kreislauf gepumpt wird. Ohne schnelle Behandlung (Defibrillation) endet Kammerflimmern mit Herzstillstand und Tod.

Menschen mit erhöhtem Risiko für Kammerflimmern kann vorbeugend ein Defibrillator implantiert werden. Wer gehört zur Risikogruppe? Wie sehen Warnzeichen aus – und wie Erste Hilfe? Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie im ausführlichen Beitrag über Kammerflimmern.

Ursachen: Woher kommen Tachykardien?

Die häufigsten Ursachen von Tachykardien sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems. Dazu zählen vor allem:

Tachykardie als Nebenwirkung von Medikamenten

Viele Medikamente gegen Herzschwäche oder zur Behandlung von Bluthochdruck können als Nebenwirkung Herzrasen auslösen. Dazu zählen beispielsweise:

  • ACE-Hemmer wie Benazapril, Captopril, Cilazapril, Enalapril oder Lisinopril
  • Sartane wie Candesartan oder Olmesartan
  • Entwässerungsmittel (Diuretika) wie Amilorid, Bumetanid, Furosemid, Hydrochlorothiazid, Piretanid oder Torasemid
  • Calciumkanalblocker wie Amlodipin, Diltiazem, Nifedipin oder Verapamil.

Nicht herzbedingte (nicht-kardiale) Ursachen von Tachykardie

Aufregung, Verliebtheit, Angst: Es gibt viele Gründe für Herzrasen, die nicht mit Erkrankungen des Herzens zusammenhängen. Zu diesen Umständen und Erkrankungen zählen beispielsweise die folgenden nicht-kardialen Ursachen von meist supraventrikulären Tachykardien:

  • Angst, vor allem bei Angststörungen, insbesondere bei Panikattacken
  • Blutarmut (Anämie)
  • Drogenmissbrauch, auch starker Nikotin- oder Koffeinkonsum
  • Hormonschwankungen, zum Beispiel in den Wechseljahren
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Stress
  • Vergiftungen

Untersuchung: Wann zum Arzt bei Tachykardie?

Herzrasen ohne offenkundig harmlose Ursache sollte immer ärztlich untersucht werden. Auch eine einmalig auftretende akute Tachykardie kann Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung sein. Häufig wiederkehrendes Herzrasen (chronische Tachykardie) sind nahezu immer Symptome einer Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems. Je früher solche Erkrankungen behandelt werden, umso geringer ist das Risiko für schwere Ereignisse wie Herzinfarkt oder plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern.

Was untersucht der Arzt bei Herzrasen?

Gelegentliches Herzrasen kann harmlose Ursachen haben. Deshalb werden Mediziner bei einem Verdacht auf Tachykardie zunächst einmal die Krankengeschichte erheben (Anamnese) und dabei insbesondere auf mögliche Auslöser beschleunigten Pulses achten. Nach einer körperlichen Untersuchung und dem Abhören des Herzens folgt in die Regel die Aufzeichnung der Herztätigkeit in einem Elektrokardiogramm bei Ruhe. Bedarfsweise wird dieses Ruhe-EKG um ein Belastungs-EKG (EKG bei körperlicher Belastung auf einem Ergometer) ergänzt. Eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie) ermöglicht es Kardiologen, sich ein gutes Bild von der Herzfunktion zu machen.

Was ist eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU)?

Klassische Elektrokardiogramme und Ultraschalluntersuchungen zur Diagnose von Tachykardien bleiben allerdings in vielen Fällen ohne klare Ergebnis oder reichen nicht aus, um die konkrete Ursache des Herzrasens zu finden. In diesen Fällen erfolgt eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU). Die EPU ist eine besondere Form der Herzkatheteruntersuchung. In diesem Fall wird ein sehr dünner Hohlschlauch (Katheter) von der Leiste über eine Vene bis zum Herzen geführt. Durch den Katheter platzieren Kardiologen mehrere Elektroden, über die sie anschließend die kleinen elektrischen Impulse der Erregungsleitungen viel besser messen können als bei einem EKG, bei dem die Elektroden auf der Körperoberfläche angebracht werden.

  • Wie lange dauert eine EPU? Der minimalinvasive Eingriff selbst dauert in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Nach dem Eingriff ist eine Bettruhe von ungefähr vier Stunden einzuhalten.
  • Muss ich für die EPU ins Krankenhaus? Ja. Die EPU erfolgt im Rahmen einer stationären Aufnahme in die Kardiologie eines Krankenhauses, um etwaige Komplikationen schnell beherrschen zu können. Die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus beträgt in der Regel ein bis zwei Tage.
  • Ist eine EPU schmerzhaft? Nein, die EPU ist eine sehr schonende Untersuchungsmethode und nicht schmerzhafter als der Nadeleinstich bei einer Blutentnahme oder Impfung.

Tachykardie-Behandlung: Was hilft gegen Herzrasen?

Die Behandlung von Tachykardie richtet sich nach der Ursache. In sehr vielen Fällen reicht eine medikamentöse Therapie aus. Manchmal ist es notwendig, einen Defibrillator zu transplantieren.

Welche Medikamente helfen bei Tachykardie?

In der medikamentösen Therapie von chronischem oder häufig wiederkehrendem Herzrasen werden vor allem sogenannte Betablocker eingesetzt. Wirkstoffe wie Bisoprolol und Metoprolol verlangsamen den Herzschlag. Je nach Art der Tachykardie können auch Kalziumkanalblocker wie Verapamil oder Digoxin und Digitoxin aus der Wirkstoffgruppe der Herzglykoside eingesetzt werden.

Bei Vorhofflimmern werden Blutgerinnungshemmer (Antikoagulantien) eingesetzt, um das erhöhte Risiko für Schlaganfälle (Apoplex), zu vermeiden.

Tachykardie-OP: Was ist eine Katheter-Ablation?

Wenn Medikamente nicht ausreichend gegen Herzrasen wirken, besteht bei bestimmten Formen von Tachykardien die Möglichkeit, das Herzrasen durch einen minimal-invasiven Kathetereingriff zu stoppen. Die sogenannte Katheter-Ablation oder Ablation am Herzen kommt infrage, wenn Herzrasen durch fehlerhaft erzeugte Erregungsimpulse im Herzgewebe verursacht wird, beispielsweise in den Herzvorhöfen oder in AV- und Sinusknoten (siehe oben). Bei einer Katheter-Ablation wird solch fehlerhaft „feuerndes“ Gewebe gezielt zerstört.

Was geschieht bei der Katheter-Ablation des Herzens? Wie bei der elektrophysiologischen Untersuchung (siehe Diagnose) wird bei der Katheter-Ablation des Herzens ein sehr feiner Hohlschlauch von der Leiste durch eine Vene bis zum Herzen geschoben. Über diesen Katheter wird mit Hitze, Kälte, Ultraschall oder Laser das Herzgewebe verödet, das als Urheber des Herzrasens gilt.

Selbsthilfe: Wie kann ich mir bei Herzrasen selbst helfen?

Es gibt durchaus wirksame Selbsthilfemaßnahmen zur Linderung von Herzrasen. Diese Selbsthilfe sollte Menschen mit einer krankhaften Tachykardie aber unbedingt vor der Anwendung mit ihren Ärzten abstimmen.

Was ist das Valsalva-Manöver?

Das Valsalva-Manöver kennen Sie möglicherweise vom Druckausgleich im Flugzeug oder beim Tauchen. Einfach einatmen, Mund schließen und Nase zuhalten – und dann so tun, als wollten Sie kräftig ausatmen. Der entstehende Druck wirkt auf das vegetative Nervensystem und kann so dazu beitragen, dass sich der Herzschlag reduziert.

Wie hilft eine Karotis-Massage?

Die Karotis ist die Halsschlagader. Eine leichte Massage der Karotis kann Herzrasen lindern. Dazu können Sie mit Zeige- und Mittelfinger leicht rotierenden Druck auf die Halsschlagader ausüben. Wie beim Valsalva-Manöver wirkt die Karotis-Massage über den Karotisnerv beruhigend auf das vegetative Nervensystem und kann die Herzschlagrate senken.

Vorsicht: Die Karotis-Massage birgt auch Risiken. Die Massage kann dazu beitragen, dass sich etwaige Plaques in der Halsschlagader lösen und eine Thrombose verursachen. Deshalb sollten Sie mit ihrem Arzt besprechen, ob die Karotis-Massage für Sie als Selbsthilfemittel geeignet ist.

Entspannungsübungen gegen Herzrasen

Viele Menschen mit nervös bedingtem Herzrasen (beispielsweise durch Stress oder Angstgefühle) berichten, dass Entspannungsübungen sich sehr positiv auf Schwere und Häufigkeit der tachykarden Episoden auswirken. Geeignete Entspannungsmethoden mit beruhigender Wirkung auf das vegetative Nervensystem sind beispielsweise Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Prognose: Ist Tachykardie heilbar?

Die Heilungsaussichten bei Tachykardie hängen von der Form des Herzrasens ab. Supraventrikuläre Tachykardien vergehen häufig von selbst oder lassen sich durch Medikamente gut beherrschen.
Ventrikuläre Tachykardien entstehen in der Regel durch fortgeschrittene schwere Herz- oder Herz-Kreislauferkrankungen, die oft nicht mehr vollständig heilbar sind, sondern symptomatisch behandelt werden: Hier zielt die Behandlung also darauf ab, die Erkrankung nicht weiter zu verschlimmern bzw. Komplikationen wie Kammerflimmern zu vermeiden.

Wie gefährlich ist Tachykardie?

Tachykardien können lebensgefährlich sein, aber auch harmlos. Vereinfacht lässt sich sagen, dass supraventrikuläre Tachykardie bei regelmäßiger Kontrolle und Behandlung nicht lebensbedrohlich sind und oft so schnell vergehen, wie sie gekommen sind.

Ventrikuläre Tachykardien hingegen können in ein lebensbedrohliches Kammerflimmern übergehen – und Kammerflimmern gilt als häufigste Ursache für den plötzlichen Herztod.

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)

Stand: 27.11.2023

Quelle:
  1. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie: Pocket-Leitlinie: Supraventrikuläre Tachykardien (Version 2019)
  2. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V. (DGPK): S2k-Leitlinie Tachykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes-, Jugend- und jungen Erwachsenenalter (EMAH-Patienten)
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