Schambeinentzündung
Wo schmerzen Schambeinentzündungen? Wie entstehen sie? Und was hilft bei Schambeinentzündung? Lesen Sie alles Wissenswerte rund um die Sportverletzung, die vor allem Fußballer häufig trifft.
Synonyme
Osteitis pubis, Ostitis pubis, Pubalgia
Definition: Was ist Schambeinentzündung?
Genau genommen handelt es sich bei der Schambeinentzündung nicht um eine Entzündung der Schambeine, sondern um eine Entzündung der Schambeinfuge (Symphysis pubica). In diesem Bereich bilden Becken, Bauchmuskulatur, Adduktoren (Muskel des Oberschenkels) und Faszien ein ebenso starkes wie kompliziertes Geflecht. Schambeinentzündungen sind besonders häufig bei Leistungssportlern, bei denen die extremen Belastungen die Schambeinfuge überlasten.
Was bedeutet Schambeinentzündung?
Mediziner bezeichnen Schambeinentzündungen als Osteitis pubis oder Ostitis pubis. Das Wortteil „Os“ steht für „Knochen“, die Endung „itis“ bedeutet „Entzündung“. Eine weitere Fachbezeichnung lautet Pubalgia: „Pub“ steht hier für Schambein (Os pubis), die Endung „algie“ steht in der Medizin für Schmerzzustände.
Wo ist das Schambein?
Das Schambein ist das vordere Teil des Beckens. Die symmetrischen Arme des Schambeinknochens laufen in der Körpermitte an der Schambeinfuge (Symphysis pubica) zusammen. Ähnlich wie die Bandscheiben die Wirbel der Wirbelsäule voneinander abpuffern, ist die Symphyse eine bandscheibenartige Verbindung der beiden vorderen Beckenknochen (Schambeine).
Schambeinentzündung: Häufigkeit
Die Häufigkeit von Schambeinentzündungen wird nicht exakt erfasst. Die Studien zum Thema kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die Häufigkeit in der deutschen Gesamtbevölkerung (Prävalenz) wird mit 0,5 bis 7 Prozent angegeben. Die Mehrzahl der Schambeinentzündungen entfällt auf Sportler. Bei Fußballern soll die Prävalenz sogar bei 18 Prozent liegen (siehe Quellen: Kelm und andere).
Fußballer stellen laut Kelm 55 Prozent aller Patienten mit Schambeinentzündung. Es folgen Football und Rugby. Das Durchschnittsalter der Patienten beträgt demnach 25 Jahre. Männer sind etwa 5-mal so oft betroffen wie Frauen.
Als Folge von Schwangerschaften und Geburten kommen Schambeinentzündungen eher selten vor.
Schambeinentzündung: Symptome
Wo treten Schmerzen bei Schambeinentzündungen auf?
Das hervorstechendste Symptom von Schambeinentzündungen sind starke Schmerzen bei allen Bewegungen des Beckens, also beispielsweise beim Gehen oder Treppensteigen. Je nachdem, wie weit die Entzündung fortgeschritten ist, strahlen die Schmerzen in die Leiste, die Hüfte, den Unterbauch und die Beine aus. In der Regel nehmen die Schmerzen bei Belastung zu.
Typisch für Schambeinentzündungen ist auch der sogenannte Initial- oder Anlaufschmerz. Das bedeutet, dass die Schmerzen nach einer Ruhepause zu Beginn einer Bewegung, besonders stark sind und dann bei gleichmäßiger Bewegung langsam nachlassen.
Komplikationen von Schambeinentzündungen
Werden Schambeinentzündungen nicht behandelt oder auskuriert, kann die Entzündung die Knochensubstanz angreifen. Eine mögliche Folge sind sogenannte Stressbrüche. Zudem besteht die Möglichkeit, dass das Fasergewebe der Schambeinfuge vernarbt und dabei Beweglichkeit sowie Stabilität langfristig verloren gehen.
Eine weitere Komplikation von Schambeinentzündungen sind Abszesse. Diese eitergefüllten Hohlräume entstehen mitunter als Folge der Entzündungsprozesse.
Ursachen von Schambeinentzündung
Schambeinentzündungen sind in der Regel eine Folge von Überlastungen, die das Gewebe der Schambeinfuge immer wieder unter Stress setzen. Darauf reagiert das Gewebe mit entzündlichen Reaktionen, die vom Schambein aus mitunter weiter um sich greifen.
Insbesondere bei schnellen Bewegungswechseln wie Sprints oder plötzlichen Stopps sowie stark drehenden oder stoppenden Bewegungen wirken starke Kräfte auf die Schambeinfuge ein. Solche Bewegungen sind vor allem für Fußballer typisch. Daher finden sich in dieser Gruppe die meisten Fälle von Schambeinentzündungen.
Eine andere Ursache von Schambeinentzündungen sind Schwangerschaften und Geburten. Hier wird die Schambeinfuge einerseits durch das wachsende Kind und andererseits durch die Geburt stark beansprucht.
Weitere Ursachen von Schambeinentzündungen sind Fehlstellungen im Beckenbereich, angeborene Instabilitäten, muskuläre Ungleichgewichte durch einseitige Bewegungsabläufe oder Verletzungen (Traumata).
Untersuchung
Wer diagnostiziert Schambeinentzündungen?
Erste Wahl für die Diagnose von Schambeinentzündungen sind erfahrene Orthopäden oder Sportmediziner. Diese Fachärzte sind am besten in der Lage, eine Schambeinentzündung als solche zu erkennen. Die Diagnose ist nämlich alles andere als einfach, weil die Symptome durch eine Vielzahl von anderen Erkrankungen oder Verletzungen hervorgerufen werden können.
Untersuchungen zur Diagnose von Schambeinentzündungen
Eine ausführliche Anamnese (Krankengeschichte) gibt die ersten Hinweise auf eine mögliche Erkrankung der Symphyse. Bei Verdacht auf eine Schambeinentzündung wenden Mediziner bei der Tastuntersuchung häufig den Symphysen-Klaff-Test an. Dabei üben sie Druck auf die Adduktoren aus. Die Reaktion auf diesen Druck kann Hinweis für die Diagnose geben.
Eine Blutuntersuchung ist bei Schambeinentzündung nicht sinnvoll, weil bei dieser Erkrankung die Entzündungsparameter nicht ansteigen.
Gesichert wird die Diagnose in der Regel durch bildgebende Verfahren. Dafür kommen – je nach Anfangsverdacht – Röntgenuntersuchungen, Szintigrafie oder Magnetresonanztomografie in Betracht.
Häufige Differenzialdiagnosen
Es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die bei der Diagnose von Schambeinentzündungen abzugrenzen sind (Differenzialdiagnosen). Dazu gehören unter anderem:
- Leistenbrüche (epigastrische Hernien)
- Beckenknochenbrüche
- Sehnenverletzungen
- Adduktorenzerrungen
- Entzündungen der Geschlechtsorgane wie Eileiterentzündungen, Eierstockentzündungen oder des Gebärmutterhalsentzündungen
- Knochenmarksentzündungen (Osteomyelitis)
- Rheumatologische Erkrankungen
Schambeinentzündung: Behandlung
Wer behandelt Schambeinentzündungen?
Insbesondere Sportler sind gut beraten, die Behandlung von Schambeinentzündungen mit einem erfahrenen Sportmediziner oder Orthopäden abzustimmen. Das gilt vor allem für die Planung von ausreichend langen Ruhezeiten und den vorsichtigen Wiedereinstieg in die Bewegung.
Schambeinentzündung: Wann wieder Sport?
Die wichtigste Maßnahme in der Behandlung von Schambeinentzündung ist die Ruhigstellung: Die Schambeinfuge sollte so wenig möglich belastet werden, damit die Entzündung abklingen kann. Dieser Heilungsprozess erfordert viel Geduld. Er dauert in günstigen Fällen zwei bis sechs Wochen, kann sich aber auch über Monate hinziehen. Zu frühe Belastungen werfen die Betroffenen nicht selten um Wochen zurück.
Was tun gegen Schambeinentzündung?
Mit entzündungshemmenden Medikamenten wie Diclofenac oder Ibuprofen lässt sich der Selbstheilungsprozess unterstützen. Bei starken Entzündungen kommen mitunter kortisonhaltige Medikamente in Form von Injektionen oder Infusionen zum Einsatz.
Physiotherapien mit genau abgestimmten dosierten Belastungen können ebenfalls dazu beitragen, die Genesung zu beschleunigen und Folgeschäden zu vermeiden. Auch eine osteopathische Behandlung kann den Heilungsprozess positiv beeinflussen.
Zur Linderung der Beschwerden setzen viele Orthopäden und Sportmediziner außerdem auf Therapie mit Ultraschall, Kälte oder Elektrostimulation.
In besonders hartnäckigen Fällen, vor allem bei Leistungssportlern, werden Schambeinentzündungen mitunter auch operativ versorgt.
Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 03.04.2024
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