Rektusdiastase
Was ist eine Rektusdiastase? Wie läuft die Rektusdiastase-OP? Muss überhaupt operiert werden? Meistens nicht. Noch mehr Antworten auf die häufigsten Fragen im Beitrag Rektusdiastasen.
Synonyme
Out of Alignement, Mittellinienbruch, Diastase
Definition
Was ist eine Rektusdiastase?
Als Rektusdiastase bezeichnen Mediziner das Auseinandergehen der geraden Bauchmuskeln. Dabei entsteht ein Spalt in der Mitte des Bauches. Normalerweise verlaufen die senkrechten Bauchmuskeln (Musculus rectus abdominis) rechts und links der sogenannten Linea alba (weiße Linie). Das ist eine Naht in der Mitte des Bauches, die durch verflochtene Sehnen entsteht. Die Linea alba ist damit ein Schwachpunkt in der Struktur des Bauchgewebes.
Diese Schwäche macht sich vor allem in Schwangerschaften und bei starkem Übergewicht bemerkbar. Dann drücken der wachsende Fötus oder das vermehrte Fett von innen gegen die Liniea alba und drängen die senkrechten Bauchmuskeln zur Seite. Dabei entsteht ein Spalt (Rektus), der mitunter auch als Mittellinienbruch bezeichnet wird: die Rektusdiastase. Weil sich die Bauchmitte auf diese Weise verschiebt, werden Rektusdiastasen auch als Out of Alignement bezeichnet.
Ab wann Rektusdiastase?
Mediziner sprechen von einer krankhaften Rektusdiastase, wenn der Mittellinienbruch breiter als 2 cm ist. In der Regel wird der Rektusspalt nicht breiter als 10 cm. Selten entstehen Rektusdiastasen mit einer Breite von bis zu 30 cm.
Wo ist die Rektusdiastase?
Üblicherweise erreichen Rektusdiastasen eine senkrechte Länge zwischen 12 und 15 cm. In ausgeprägten Fällen reicht der Spalt vom Rippenbogen über den Nabel bis zum Schambein. Im Bereich des Bauchnabels sind Rektusdiastasen in der Regel am stärksten ausgeprägt, da die am Nabel liegende sogenannte Rektusscheide am anfälligsten auf Druck reagiert.
Rektusdiastasen treten häufig ab Ende des 2. Schwangerschaftsdrittels auf. Weitere Ursachen bei Frauen und Männern sind Übergewicht und angeborene oder erworbene Schwächen des Bindegewebes.
Zuweilen kommen Neugeborene mit einer angeborenen Rektusdiastase auf die Welt. Diese schließt sich in der Regel während der ersten Lebensmonate.
Häufigkeit
Die genaue Häufigkeit von Rektusdiastasen ist nicht erfasst. Studien (siehe Quellen) beziffern die Häufigkeit von Rektusdiastasen in der Schwangerschaft mit 30 bis 70 Prozent. Dabei sind Erstgebärende etwa halb so oft betroffen wie Frauen, die zuvor schon Kinder zur Welt gebracht haben.
In etwa 40 Prozent bilden sich Rektusdiastasen nach der Geburt mehr oder weniger von selbst zurück. Bei den übrigen Fällen verläuft eine Rückbildungsbehandlung in Form von gymnastischen Übungen fast immer erfolgreich. Nur selten sind operative Eingriffe erforderlich, um den Spalt zu schließen (siehe Behandlung).
Symptome
Vom sichtbaren Mittellinienbruch und der damit einhergehenden Spalte abgesehen, bleiben Rektusdiastasen häufig ohne weitere Symptome. Äußerlich sichtbares Zeichen ist oft eine Vorwölbung des Bauches, die bei Anspannung der Bauchmuskulatur größer wird.
Rektusdiastasen sind in der Mehrzahl der Fälle harmlos. Die Schwächung der Bauchmuskulatur sorgt allerdings für eine Fehlbelastung des Muskel- und Skelettsystems. Das macht sich insbesondere im Verlauf von Schwangerschaften sowie bei übergewichtigen Menschen durch Rückenschmerzen (insbesondere im Bereich der Lendenwirbel), Hüftschmerzen oder Beckenbodenschwäche bemerkbar.
Bei ausgeprägten Rektusdiastasen drückt die Gebärmutter manchmal so stark auf den Spalt, dass sie eine Vorwölbung der Haut verursacht. Zuweilen zeichnen sich sogar die Umrisse des ungeborenen Kindes durch die Haut im Bereich des Mittellinienbruchs ab.
Komplikationen durch Rektusdiastasen in der Schwangerschaft
Je ausgeprägter eine Rektusdiastase, umso mehr kann sie die Geburt erschweren. Die Erklärung dafür ist einfach: Die geraden Bauchmuskeln können bei der Geburt nicht so gut unterstützen, wie es in der anatomisch optimalen Lage möglich wäre. Das betrifft einerseits die Muskelkraft der geraden Bauchmuskeln, aber andererseits auch die Zusammenarbeit mit den Muskeln des Unterleibes.
Bauchwandbrüche nach Rektusdiastase
Ausgeprägte Rektusdiastasen – insbesondere bei Mehrlingsschwangerschaften oder besonders ausgeprägter Fettleibigkeit (Adipositas) erhöhen das Risiko für Bauchwandbrüche. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier: Epigastrische Hernien.
Ursachen
Warum entstehen Rektusdiastasen?
In der Schwangerschaft ist die Rektusdiastase eine ganz normale und physiologisch gesunde Reaktion. Durch das Auseinanderdriften der geraden Bauchmuskeln bekommt der Fötus mehr Platz. Gefördert wird das Entstehen des Mittellinienbruchs durch die Hormone, die im Laufe der Schwangerschaft ausgeschüttet werden. Sie sorgen dafür, dass Muskeln, Sehnen und Bindegewebsstrukturen leichter dehnbar werden.
Weitere Ursachen von Rektusdiastasen
- Starkes Pressen während der Geburt
- Hohes Gewicht von Neugeborenen
- Vorschädigungen nach mehrfachen Geburten
- Alterungsbedingte Gewebeschwächen bei Schwangeren ab dem 35. Lebensjahr
- Übermäßig starkes Pressen beim Stuhlgang, meistens bei chronischer Verstopfung (Obstipation)
- Übergewicht (Adipositas)
Angeborene Rektusdiastasen
Rektusdiastasen können auch angeboren sein. Dauerhafte Fehlbildungen sind allerdings selten. Bei Neugeborenen stehen die Bauchmuskeln natürlicherweise weiter auseinander. Dieser Abstand verringert sich aber schnell, spätestens wenn die Kinder zu laufen beginnen.
Untersuchung
Wer diagnostiziert Rektusdiastasen?
Erster Ansprechpartner für die Diagnose von Rektusdiastasen sind bei Frauen Gynäkologinnen und Gynäkologen, bei Männern Hausärzte oder Urologen. Sie erkennen die Spaltbildung in der Regel schon bei der körperlichen Tastuntersuchung. Um die Diagnose zu bestätigen und andere Ursachen der Spaltbildung auszuschließen, folgt mitunter eine bildgebende Diagnostik per Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes.
Abzugrenzen ist die Diagnose Rektusdiastase vor allem von Nabelbrüchen und anderen Narbenbrüchen (Hernien) wie epigastrischen Hernien.
Rektusdiastasen selbst ertasten
Rektusdiastasen lassen sich auch für Laien leicht ertasten. Am einfachsten geht das in Rückenlage. Also auf den Rücken legen und dann den Kopf leicht anheben. In diesem Spannungszustand ist der Spalt im Bereich des Bauchnabels am leichtesten zu ertasten. Wenn der Spalt breiter ist als 1 bis 2 Fingerbreiten, sollten Sie Ihre Ärztin bzw. Ihren Arzt informieren. Das gilt insbesondere für nicht-schwangere Personen.
Behandlung
Wann verschwindet eine Rektusdiastase?
Rektusdiastasen in Schwangerschaften bilden sich bei den meisten Frauen nach der Geburt zurück. Hilfreich dabei sind Rückbildungsgymnastik oder passendes sportliches Training. Unabhängig von der Ursache müssen Rektusdiastasen nur selten operiert werden. Bei einer Rektusdiastasen-OP wird in der Regel ein Netz in die Bauchwand eingesetzt, um die Bauchwand zu stabilisieren.
Rektusdiastase Übungen: Heller-Übungen
Heller-Übungen werden in der Geburtsnachsorge und in der Rückbildungstherapie häufig angewendet. Das Konzept hat die deutsche Physiotherapeutin Angela Heller entwickelt. Ihre spezielle Form der manuellen Therapie von Rektusdiastasen ist bei Hebammen und Physiotherapeuten ebenso anerkannt wie in der Medizin.
Rektusdiastase-OP: Wann wird operiert?
Die Operation von Rektusdiastasen ist eine seltene Ausnahme. Falls doch erforderlich, werden die geraden Bauchmuskeln in der Regel bei einem minimal-invasiven Eingriff (Schlüsselloch-Chirurgie) in der anatomisch richtigen Lage fixiert. Um die Bauchwand vor Brüchen zu schützen, wird mitunter ein Kunststoffnetz zur Verstärkung eingesetzt.
Vorbeugung
Darf ich die Bauchmuskeln trainieren in der Schwangerschaft?
Für ansonsten gesunde und nicht übergewichtige Schwangere ist ein moderates Training der Bauchmuskulatur in der Regel bis zum 5. Monat kein Problem. Sie sollten Übungen aber mit Ihrer Hebamme oder Ihrer Gynäkologin/Ihrem Gynäkologen abstimmen.
Zudem empfiehlt sich die regelmäßige Teilnahme an einer professionell angeleiteten Schwangerschaftsgymnastik. Die stärkt unter anderem auch den Rücken und den Beckenboden – und lindert damit mögliche Beeinträchtigungen infolge der Rektusdiastase wie Rückenschmerzen oder Hüftschmerzen. Nach der Schwangerschaft empfiehlt sich eine gezielte Rückbildungsgymnastik.
Auch bei übergewichtigen Männern und Frauen sind physiotherapeutische Übungen zur Reduktion des Spalts und des Übergewichtes sinnvoll.
Autor: Charly Kahle, fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 25.11.2021
- Hogrefe: Rektusdiastase und Schwangerschaft (abgerufen am 10. November 2021)
- Angela Heller: Nach der Geburt - Wochenbett und Rückbildung (Thieme Verlag, ISBN-13: 978-3131250421