Pest (Beulenpest)
Pest ist eine schwer verlaufende und hochgradig ansteckende Infektionserkrankung, die unbehandelt oft tödlich endet. Beulenpest und Lungenpest haben in früheren Jahrhunderten ganze Regionen Europas entvölkert. Dank Antibiotika heilt Pest heutzutage mit guter Prognose aus.
Synonyme
Beulenpest, Lungenpest
Definition
Pest ist eine akute, hochinfektiöse Erkrankung. Die häufigste Form ist mit 90 Prozent der Fälle die Beulenpest. Weitere Formen sind Lungenpest und Pestsepsis. Erreger aller Pestformen sind Bakterien der Gattung Yersinien. Sie werden hauptsächlich durch Flöhe von Nagetieren auf den Menschen übertragen. Eine Ansteckung durch Tröpfcheninfektion, beispielsweise durch Husten oder Niesen, führt zur Lungenpest.
Einen Impfstoff, der vollständigen Schutz vor Pest bietet, gibt es nicht. Zudem werden Impfungen in der Regel nur schlecht vertragen. Auch schützt der Pestimpfstoff nur vor der Beulenpest, nicht aber vor Lungenpest. Der beste Schutz vor Pest besteht in einer guten Hygiene sowie der Bekämpfung von Nagetieren wie Ratten und der konsequenten Beseitigung von Flöhen.
Häufigkeit
Gegenwärtig beschränken sich Pest-Ausbrüche vor allem auf Ost-, Süd- und Zentralafrika, Asien (insbesondere China, Indien, Naher Osten, Südostasien, Myanmar und Kasachstan), die tropischen und subtropischen Regionen in Mittel- und Südamerika sowie den Südwesten der USA. Dabei sind Menschen, die unter schlechten hygienischen Bedingungen leben, besonders gefährdet.
In Europa spielt der „Schwarze Tod“, wie die Pest auch bezeichnet wird, schon lange keine Rolle mehr. Der letzte gemeldete Pestfall in Deutschland liegt mehrere Jahrzehnte zurück. Die Pest galt als Geißel des Mittelalters. Zwischen 1347 und 1352 beispielsweise fiel der Infektionserkrankung mehr als ein Drittel der europäischen Bevölkerung zum Opfer. Damals wussten die Menschen nicht, woher die Krankheit kam und wodurch sie ausgelöst wurde.
Symptome
Symptome und Verlauf von Pest richten sich nach dem Befall der Organe. Beulenpest, bei der das Lymphsystem betroffen ist, und Lungenpest sind die beiden häufigsten Erscheinungsformen. Gefürchtete Komplikationen sind Pestsepsis und Pestmeningitis. Ein milder Krankheitsverlauf wird als abortive Pest bezeichnet.
Symptome und Verlauf von Beulenpest
Bei der Beulenpest (auch Bubonenpest genannt) kommt es nach einer Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zur Erstsymptomatik) von wenigen Stunden bis sechs Tagen zu grippeähnlichen Beschwerden. Erkrankte fühlen sich schlapp und leicht benommen, Kopf und Glieder schmerzen, das Fieber steigt schnell und hoch – mitunter begleitet von Schüttelfrost. Leber und Milz vergrößern sich (Hepatosplenomegalie).
Zudem schwellen die Lymphknoten am Hals, in den Achselhöhlen und in den Leisten stark an. Die schmerzhaften Schwellungen gaben der Beulenpest auch ihren Namen. Die Beulen können mit einem Durchmesser von bis zu 10 cm beträchtliche Ausmaße annehmen. Sie färben sich blauschwarz, verhärten, schmelzen eitrig ein und zerfallen geschwürig. Das dann austretende Sekret ist hochinfektiös. Platzen die Beulen nach innen auf, gelangen Bakterien in den Blutkreislauf. Dann besteht die Gefahr einer Blutvergiftung (Pestsepsis), der Lungenpest oder einer Hirnhautentzündung (Pestmeningitis).
Symptome und Verlauf von Lungenpest
Die Lungenpest (auch Pestpneumonie genannt) tritt deutlich seltener auf als die Beulenpest. Sie entsteht entweder durch Streuung der Bakterien einer Beulenpest in die Lunge (sekundäre Lungenpest) oder aber als isolierte Erkrankung durch Tröpfcheninfektion (primäre Lungenpest). Der Verlauf der Lungenpest ist deutlich heftiger als bei der Beulenpest.
Nach Einatmen der Erreger kommt es innerhalb von wenigen Stunden bis drei Tagen zu hohem Fieber, Schüttelfrost und grippeähnlichen Symptomen. Weitere Symptome der Lungenpest sind Atemnot, Husten, blau gefärbte Lippen und schwarz-blutiger Auswurf. Das Abhusten erfolgt unter starken Schmerzen.
Ohne medizinische Behandlung entwickelt sich ein Lungenödem, der Kreislauf versagt und die Erkrankten sterben innerhalb von zwei bis fünf Tagen. Menschen mit Lungenpest sind hochansteckend. Über Husten oder Niesen können die Pestbakterien leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Komplikationen: Pestsepsis und Pestmeningitis
Pestsepsis entsteht, wenn Pestbakterien die Blutbahn überschwemmen. Letztlich ist die Pestsepsis eine besondere Form der Blutvergiftung oder Sepsis. Charakteristische Symptome sind hohes Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwäche. In Kürze folgen Herz-Kreislauf-Einbrüche, ausgedehnte Einblutungen in Haut und Organe (daher der Name „Schwarzer Tod“) und Schock. Unbehandelt versterben die allermeisten Erkrankten an einer Pestsepsis innerhalb von 36 Stunden.
In seltenen Fällen gelangen die Yersinien ins Gehirn und befallen die Hirnhäute. Folge ist eine Hirnhautentzündung bzw. Pestmeningitis. Betroffene reagieren zunächst sehr empfindlich auf Licht und Geräusche, sie haben Kopfschmerzen und fühlen sich unwohl. Schnell folgen Nackensteifigkeit, Verwirrtheit und Bewusstseinseintrübung. Mit einer raschen intravenösen Gabe des Antibiotikums Chloramphenicol sind die Heilungsaussichten relativ gut.
Leichter (abortiver) Verlauf von Pest
Mitunter verläuft die Pesterkrankung harmlos. Diese milde Form wird auch als abortive Pest bezeichnet. Betroffene fühlen sich etwas schwach, haben leichtes Fieber und leicht bis mäßig geschwollene Lymphknoten. Das körpereigene Abwehrsystem bildet Antikörper aus, die eine langandauernde Immunität gewährleisten.
Ursachen
Heute ist bekannt, dass das Bakterium Yersinia pestis für die Symptome der Pest verantwortlich ist. Der Erreger wird überwiegend durch Rattenflöhe, seltener durch den Biss von Ratten und anderen Nagetieren oder Hauskatzen übertragen. Eine Ansteckung durch Tröpfcheninfektion führt zur Lungenpest. Im Gegensatz zur Beulenpest kann die Lungenpest also von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Der Pesterreger Yersinia pestis ist sehr wandlungsfähig, passt sich schnell neuen Situationen an und unterwirft sich nicht dem körpereigenen Abwehrsystem. Im Gegenteil: Bei einem Angriff des Immunsystems mit weißen Blutkörperchen vermehrt der Erreger sich sogar in den Abwehrzellen.
Pesterreger haben eine sehr kurze Lebenszeit. Das Fatale: Sterben die Bakterien ab, überschwemmen sie den Blutkreislauf mit Giften. Diese Ektotoxine und Endotoxine sind für die Symptome der Pest verantwortlich. Ohne rechtzeitige Behandlung verursachen die Gifte einen septischen Schock, der die Organe versagen lässt (Multiorganversagen).
Untersuchung
Die Verdachtsdiagnose Pest wird zunächst anhand der Anamnese und Symptome gestellt. Untermauert wird sie mit dem laborchemischen Nachweis der Erreger in Blut, Auswurf oder Lymphknoteninhalt (Bubonenaspirat). Bei Verdacht auf Pestmeningitis wird der Liquor (Rückenmarksflüssigkeit) auf Pestbakterien untersucht. Zudem gibt es einen Schnelltest, mit dem sich Antikörper nachweisen lassen.
Behandlung
Die Behandlung von Pest sollte rasch erfolgen. Ein frühzeitiger Antibiotika-Einsatz verspricht eine gute Prognose. Bevorzugte Antibiotika sind insbesondere Streptomycin, Gentamycin, Doxycyclin und Chloramphenicol (bei Meningitis) sowie Kombinationen aus Tetracyclinen und Sulfonamiden. Je länger mit der Therapie gewartet wird, umso schlechter sind die Heilungsaussichten.
Forscher entwickeln gegenwärtig einen speziellen Hemmstoff. Dieser soll ein Enzym blockieren, das am Aufbau der Bakterienkapsel der Pesterreger beteiligt ist. Ohne diese spezielle Schutzhülle können Pestbakterien nicht überleben und sterben ab. Noch sind entsprechende Präparate aber nicht zugelassen.
Quarantänepflicht
Pest gehört neben hämorrhagischen Fieberkrankheiten wie Ebola und Lassafieber zu den Quarantäne-Krankheiten nach §30 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Pestkranke müssen also in speziell isolierten Infektionsabteilungen untergebracht werden. Zudem sind Pestfälle und der Verdacht auf Pest dem Gesundheitsamt namentlich zu melden.
Vorbeugung
Gute Hygienebedingungen sowie die Bekämpfung von Ratten und Flöhen sind die besten Schutzmaßnahmen gegen Pest. Impfstoffe gegen Pest gibt es zwar, sie vermitteln aber nur eine eingeschränkte Immunität. Zudem schützen sie nur vor Beulenpest und sind relativ schlecht verträglich. Zum aktuellen Zeitpunkt (April 2020) sind in Deutschland keine Impfstoffe gegen Pest verfügbar.
Die Cochrane Collboration, ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Ärzten, schätzt die Impf-Situation folgendermaßen ein: „Derzeit gibt es keine ausreichend dokumentierten Studien zur Bewertung der Wirksamkeit irgendeines Pestimpfstoffes oder zur relativen Effektivität und Verträglichkeit. Ausführliche Daten aus Beobachtungsstudien lassen vermuten, dass Totimpfstoffe (insbesondere das V-Antigen und F1-Antigen) wirkungsvoller zu sein scheinen und weniger unerwünschte Nebenwirkungen haben als attenuierte Lebendimpfstoffe. Darüber hinaus scheinen auch keinerlei Belege über die Langzeitwirkung von Pestimpfstoffen verfügbar.“
Pestvorbeugung für Risikogruppen
Da keine zuverlässigen gut verträglichen Schutzimpfungen verfügbar sind, empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) für Risikogruppen eine vorbeugende medikamentöse Behandlung mit Antibiotika. Risikogruppen in diesem Sinne sind beispielsweise medizinisches Personal, das Kontakt mit Lungenpesterkrankten hat oder Forscher, die mit Pestbakterien experimentieren. Das RKI hält bei engem Kontakt mit Lungenpesterkrankten eine Chemoprophylaxe über sieben Tage für sinnvoll. Empfohlene Wirkstoffe sind Doxycyclin, Tetracyclin, Ciprofloxacin und Ofloxacin sowie die Kombination Trimethoprim und Sulfamethoxal.
Eine nachträgliche vorbeugende Behandlung (Postexpositions-Prophylaxe) wird für ansteckungsverdächtige Personen im Sinne des IfSG empfohlen. Als ansteckungsverdächtig gelten Menschen, die Kontakt zu Pesterregern gehabt haben könnten spätestens dann, wenn Fieber oder Husten einsetzen. Für den Fall dieser Symptome sollte die Postexpositions-Prophylaxe zehn Tage lang erfolgen, ohne Symptome für sieben Tage.
Autor: Charly Kahle
Stand: 26.10.2021