Paranoide Persönlichkeitsstörung
Alle Wissenswerte: Symptome, Ursachen und Behandlung von paranoiden Persönlichkeitsstörungen.
Definition: Was ist eine paranoide Persönlichkeitsstörung?
Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung nehmen ihre Umwelt grundsätzlich misstrauisch wahr. Oft gehen sie davon aus, dass andere Menschen – mitunter die ganze Welt – sich gegen sie verschworen hat, ihnen feindlich gesonnen sind. Umgangssprachlich werden paranoide Persönlichkeitsstörungen nicht selten mit Verfolgungswahn gleichgesetzt. Das ist verständlich, trifft aus medizinischer bzw. psychologischer Sicht aber nicht ganz zu.
Echter Verfolgungswahn tritt in Schüben auf, beispielsweise während einer aktiven Psychose. In diesen Fällen sprechen Fachleute von Paranoia. Im Unterschied zur paranoiden Persönlichkeitsstörung sind die Bedrohungsszenarien bei Verfolgungswahn anders: Paranoiker erleben einen Wahn, in dem sie beispielsweise von eingebildeten Personen oder Umständen bedroht werden. Die paranoide Persönlichkeitsstörung hingegen ist dadurch geprägt, dass die Betroffenen die Umwelt als feindselig betrachten. Bei schwach ausgeprägten Symptomen sprechen Psychologen von einem paranoiden Persönlichkeitsstil.
Paranoide Persönlichkeitsstörung: Häufigkeit
Paranoide Persönlichkeitsstörungen sind nicht häufig. Experten gehen von einer Prävalenz von 0,5 bis 2,5 Prozent aus. Damit trifft die Diagnose in Deutschland auf 40.000 bis 250.000 Menschen zu. Zum Vergleich: Angststörungen (Prävalenz: 15 Prozent) sind mindestens sechs Mal so häufig wie paranoide Persönlichkeitsstörungen.
Paranoide Persönlichkeitsstörung: Symptome
Das Denken und Verhalten von Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung ist von stetem Misstrauen geprägt. Sie erleben ihre Umwelt nahezu vollständig negativ. Selbst auf neutrale oder positive Rückmeldungen reagieren sie feindselig, mitunter sogar aggressiv.
Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung können sich nicht vorstellen, dass die Umstände oder andere Menschen es gut mit ihnen meinen. In Beziehungen reagieren sie beispielsweise überdurchschnittlich oft mit wahnhafter Eifersucht und exzessiver Kontrolle, die sie allerdings typischerweise nicht vom Misstrauen gegenüber dem Partner befreien kann.
Häufig geht die realitätsferne Wahrnehmung der Betroffenen mit einem stark überhöhten Selbstwertgefühl einher. Die paranoide Wahrnehmung führt Betroffene nicht selten zu der Überzeugung, dass sie als Einzige die Welt so sehen könnten, wie sie wirklich sei. Zuweilen nehmen die Wahrnehmungen tatsächlich wahnhafte Züge an.
Paranoide Persönlichkeitsstörung: Ursachen
Die genauen Ursachen von paranoiden Persönlichkeitsstörungen sind – wie bei vielen anderen psychischen Erkrankungen - nicht bekannt. Als erwiesen gilt, dass erbliche Veranlagungen eine Rolle spielen. Bindungsstörungen in frühester Kindheit und die Herkunft aus wirtschaftlich schwachen und bildungsfernen Milieus scheinen die Entwicklung paranoider Persönlichkeitsstörungen zu fördern.
Auffällig ist, dass paranoide Persönlichkeitsstörungen in mehr als 75 Prozent mit anderen psychischen Erkrankungen vergesellschaftet sind. Das sind insbesondere Schizophrenie und narzisstische Persönlichkeitsstörungen sowie Borderline-Erkrankungen.
Therapie: Wie wird paranoide Persönlichkeitsstörung behandelt?
Die Behandlung von ausgeprägten paranoiden Persönlichkeitsstörungen ist sehr komplex. Es gehört zum Krankheitsbild, dass den Betroffenen die Einsicht in ihr Kranksein fehlt. Daher erleben sie Ärzte und Mediziner grundsätzlich als Feinde. Entsprechend schwer ist es, dass für eine Psychotherapie notwendige Vertrauen herzustellen.
In der medikamentösen Therapie von paranoiden Persönlichkeitsstörungen werden vor allem beruhigende Wirkstoffe wie Diazepam, Alprazolam oder Clonazepam angewendet. Kommt es tatsächlich zu einem längeren therapeutischen Prozess kann ein Behandlungsversuch mit Antidepressiva wie Amitryptilin, Clomipramin oder Doxepin bzw. mit angstlösenden Wirkstoffen wie Lorazepam oder Buspiron versucht werden.
Allerdings kann die medikamentöse Behandlung eine psychotherapeutische Behandlung nicht ersetzen. Dabei hat sich vor allem die kognitive Verhaltenstherapie bewährt. Dieses Konzept basiert darauf, die Fehlwahrnehmung der Betroffenen und die daraus abgeleiteten Gedanken (disfunktionale Gedanken) durch ein realitätsnahes Weltbild und realistische Gedanken (funktionale Gedanken) zu ersetzen.
Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur)
Stand: 26.08.2024