Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)
Eine Nierenbeckenentzündung ist eine bakterielle Entzündung des Nierenbeckens, die häufig - aber nicht nur - Frauen trifft. Der Grund ist die kürzere Harnröhre. Hier erfahren Sie mehr über die Symptome, Ursachen und Behandlung von Nierenbeckenentzündungen.
Synonyme
Pyelonephritis
Definition: Was ist eine Nierenbeckenentzündung?
Die Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) ist eine meist durch Bakterien verursachte Entzündung des Nierenbeckens. Bei bakteriellen Nierenbeckenentzündungen ist das umgebende Nierenbindegewebe mitbetroffen. Häufig geht Nierenbeckenentzündungen eine Blasenentzündung voraus. Aus einer akuten Nierenbeckenentzündung kann sich eine chronische Nierenbeckenentzündung entwickeln. Rechtzeitig therapiert heilen Nierenbeckenentzündungen ohne Komplikationen ab.
Nierenbeckenentzündung: Häufigkeit
Frauen erkranken aufgrund der kürzeren Harnröhre zwei- bis dreimal häufiger als Männer an einer Nierenbeckenentzündung. Besonders gefährdet sind Schwangere in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Häufig sind auch Säuglinge und Kinder von Nierenbeckenentzündungen betroffen.
Nierenbeckenentzündung: Symptome
Nierenbeckenentzündungen beginnen in der Regel plötzlich und heftig mit ausgeprägtem allgemeinen Krankheitsgefühl sowie Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Dann folgen starke Schmerzen im mittleren bis unteren Rücken, meist nur einseitig. Die Nierengegend reagiert empfindlich auf Druck oder Klopfen.
Bei Nierenbeckenentzündungen müssen die Erkrankten häufig und schmerzhaft Wasser lassen. Der Urin ist trüb, mitunter auch rötlich verfärbt. Zu diesen Symptomen von Nierenbeckenentzündungen gesellen sich mitunter Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall und ein verstärktes Durstgefühl. Geht die Entzündung mit einer Darmlähmung einher, ist Verstopfung die Folge.
Symptome der Nierenbeckenentzündung bei Männern
Eine Nierenbeckenentzündung muss nicht immer wie beschrieben verlaufen. Es gibt auch untypische Verläufe. Insbesondere Männer bemerken mitunter nur Leistenbeschwerden oder Schmerzen im Hodensack. Zudem kann die Erkrankung völlig ohne Beschwerden (stumm) verlaufen. Dann wird die Entzündung oft erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt, wenn die Nierenfunktion bereits stark eingeschränkt ist.
Chronische Nierenbeckenentzündung
Eine chronische Nierenbeckenentzündung verläuft meistens stumm, bis ein akuter Schub auftritt. Mitunter haben Frauen mit wiederholt auftretenden Blasenentzündungen eine chronische Nierenbeckenentzündung, die aber (noch) nicht diagnostiziert wurde.
Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigt sich eine chronische Nierenbeckenentzündung häufig nur mit andauernden Kopfschmerzen, allgemeiner Schwäche, Appetitlosigkeit und erhöhtem Durstgefühl. Bei Menschen mit wiederholten Ischiasbeschwerden oder Hexenschuss könnten die Rückenschmerzen Folge einer chronischen Nierenbeckenentzündung sein.
Komplikationen bei Nierenbeckenentzündung
Komplikationen einer Nierenbeckenentzündung sind Nierenfunktionsstörungen oder sogar Nierenversagen. Auch Bluthochdruck ist mitunter die Folge. Lebensbedrohlich ist ein Nierenabszess, der unbehandelt in die sogenannte Urosepsis mündet. Das ist eine von den Harnwegen ausgehende lebensbedrohliche Blutvergiftung durch die Bakterien, die aufgrund eines behinderten Harnabflusses in die Blutbahn gelangen. Vor allem wegen der Gefahr einer Urosepsis muss die Nierenbeckenentzündung unbedingt ärztlich behandelt werden (siehe Therapie). Unbehandelt verläuft eine Urosepsis fast immer tödlich.
Bei starkem Krankheitsgefühl, auffälligen Veränderungen beim Wasserlassen sowie druckempfindlicher Nierengegend sollten Sie zum Arzt gehen, um den Verdacht auf eine Nierenbeckenentzündung untersuchen zu lassen.
Ursachen: Wie entstehen Nierenbeckenentzündungen?
In der weitaus meisten Zahl der Fälle wird eine Nierenbeckenentzündung durch Bakterien verursacht. Diese erreichen die Nieren auf zwei Wegen: über das Blut und aufsteigend aus dem Harntrakt. Die Bakterien, die über die Harnwege die Nieren besiedeln, stammen zumeist aus dem Dickdarm. Sie gelangen unter anderem bei falscher oder unzureichender Analhygiene sowie beim Geschlechtsverkehr in die Harnröhre.
Nierensteine und Verengungen (oft angeboren), Tumore oder eine Prostatavergrößerung begünstigen Nierenbeckenentzündungen, weil sie den Harn am Abfließen hindern. Damit haben Bakterien die Gelegenheit, sich im gestauten Urin zu vermehren und über die Harnleiter in das Nierenbecken zu wandern.
Häufige Ursachen im Überblick
- Bakterien, zu 90 Prozent Escherichia coli aus dem Dickdarm, die über die äußeren Geschlechtsorgane und z. B. bei Geschlechtsverkehr in die Harnröhre gelangen
- Urinstau bzw. behinderter Harnabfluss durch Nierensteine, Verengungen der ableitenden Harnwege, Tumore, Vergrößerung der Gebärmutter bei der Frau (vor allem in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft) und der Prostata beim Mann
- Querschnittslähmung
- Verwendung eines Blasenkatheters, insbesondere bei Dauerkathetern
- geschwächtes Immunsystem
- angeborene Nieren- und Harnwegsanomalien
- Medikamentenmissbrauch oder dauerhafte Einnahme von Schmerzmitteln wie Phenazetin oder Paracetamol
- bei Säuglingen und Kleinkindern unreife oder missgebildete Nieren.
Ursachen chronischer Nierenbeckenentzündungen
Chronische Nierenbeckenentzündung entstehen aus nicht ausgeheilten akuten Nierenbeckenentzündungen sowie infolge ständiger Reizungen der Niere und Harnwege (zum Beispiel durch Dauerkatheter) oder bei chronischen Erkrankungen wie Gicht, Bluthochdruck und Diabetes.
Untersuchung
Die Diagnose Nierenbeckenentzündung stellt der Arzt in der Regel anhand der auffälligen Symptome wie Krankheitsgefühl, einseitigem Rückenschmerz, Urinverfärbung und Druck- und Klopfempfindlichkeit der Nierengegend. Gewissheit verschaffen Blutuntersuchungen auf weiße Blutkörperchen und ein Nachweis von Bakterien im Urin sowie bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Urografien.
Behandlung: Was hilft bei Nierenbeckenentzündung?
In aller Regel ist eine medikamentöse Therapie von Nierenbeckenentzündungen völlig ausreichend. Nur in seltenen Fällen müssen Verengungen in den Harnwegen operativ erweitert beziehungsweise wieder geöffnet werden. Grundlage jeder Behandlung bei Nierenbeckenentzündung ist eine ausreichende Trinkmenge von mindestens 2 Litern pro Tag.
Medikamentöse Therapie von Nierenbeckenentzündung
In der medikamentösen Behandlung von Nierenbeckenentzündungen werden vor allem Antibiotika eingesetzt. Dabei kann eine Vielzahl von Wirkstoff verwendet werden: Amoxicillin, Cefadroxil, Cefpodoximproxetil, Cefuroxim, Ciprofloxacin, Cotrimoxazol, Gentamycin, Levofloxacin, Norfloxacin, Ofloxacin, Pipemidsäure oder Piperacillin.
Bei der sogenannten bakteriellen Immunstimulation können Escherichia-coli-Fraktionen, also bestimmte Stämme des verursachenden Bakteriums, im Sinne einer Impfung eingenommen werden.
Operative Therapie
Bei einseitig chronischen Nierenbeckenentzündungen wird mitunter eine Entfernung der Niere in Erwägung gezogen.
Selbsthilfe mit Heilpflanzen und Hausmitteln
Wärme, Flüssigkeit, Ruhe und Heilpflanzen sind die Hauptzutaten der Selbsthilfe bei Nierenbeckenentzündungen.
Beruhigende und schmerzlindernde Heilpflanzen
Vor allem viele Frauen wissen pflanzliche Arzneimittel zu schätzen. In der Selbsthilfe bei Nierenbeckenentzündungen besonders geeignet sind Tees und Extrakte aus Bärentraube, Birkenblättern, Goldrute, Liebstöckelwurzeln, Hauhechel, Holunder, Preiselbeere, Sägepalmenfrüchten und Schachtelhalmkraut.
Hausmittel gegen Nierenbeckenentzündung
- Viel trinken: Mithilfe großer Flüssigkeitsmengen von bis zu drei Litern am Tag können die Bakterien aus der Niere gespült werden. Empfehlenswert sind Nieren- und Blasentees sowie stille Mineralwässer.
- Vermeiden Sie Alkohol, Kaffee und schwarzen Tee.
- Entleeren Sie regelmäßig und vollständig die Blase. Nehmen Sie sich auch bei Stress Zeit für den Toilettengang.
- Halten Sie Bettruhe und vermeiden Sie körperliche Anstrengung.
- Wärme tut gut: Legen Sie sich eine Wärmflasche auf den Unterbauch oder in den Rücken. Auch Sitzbäder mit Kamille tun gut.
Prognose: Wie gefährlich ist Nierenbeckenentzündung?
Akute Nierenbeckenentzündungen heilen bei einer medikamentösen Therapie fast immer innerhalb von wenigen Tagen bis 2 Wochen ab. Komplikationen sind vergleichsweise selten.
Eine lebensbedrohliche Komplikation der Nierenbeckenentzündung ist die Urosepsis. Diese Form der Blutvergiftung endet ohne rechtzeitige Behandlung fast immer tödlich.
Vorbeugung: Was schützt vor Nierenbeckenentzündung?
Wichtigste Vorbeugemaßnahme gegen Nierenbeckenentzündungen und andere Erkrankungen des Urogenitaltraktes wie Blasenentzündungen ist eine gute Analhygiene. Vor allem Frauen sollten darauf achten, immer nach hinten (also von der Scheide zum After) zu wischen, und zwar bei der täglichen Reinigung und nach jedem Toilettengang. Anderenfalls haben Darmkeime leichtes Spiel, durch die kurze Harnröhre der Frau in den Körper zu gelangen.
Grundsätzlich tun Sie gut daran, regelmäßig mindestens 2 Liter pro Tag zu trinken. Das fördert einerseits den Stoffwechsel insgesamt und spült auch die Harnwege gut durch. Damit haben Erreger eine geringere Chance, in Harnröhre oder Blase beispielsweise anzusiedeln und sich zu vermehren.
Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur)
Stand: 21.11.2024