Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MD) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems mit vielfältigen Symptomen. Bei Multipler Sklerose verlieren wichtige Nervenbahnen nach und nach immer mehr die Fähigkeit, Impulse weiter zu leiten. Hier erfahren Sie mehr über Ursachen, Symptome und Therapie von Multipler Sklerose.

Synonyme

MS, Encephalomyelitis disseminata (ED)

Definition

Multiple Sklerose Schriftzug

Bei Multipler Sklerose (MS oder Encephalomyelitis disseminata, kurz ED) kommt es an verschiedenen Stellen im Gehirn und Rückenmark zur Schädigung oder Zerstörung der sogenannten Myelinscheide von Nerven. Eine Myelinscheide umhüllt Nervenfasern und wirkt wie eine Isolierschicht. Ohne intakte Myelinscheide wird die Nervenleitung unterbrochen. Somit ist die Informationsübertragung erschwert bis unmöglich. Je nachdem, welche Nerven betroffen sind, kommt es zu Ausfallerscheinungen. Diese bilden sich zum Teil wieder zurück, können aber auch bestehen bleiben. Multiple Sklerose ist bislang nicht heilbar. Der Verlauf kann jedoch häufig positiv beeinflusst werden.

Multiple Sklerose hat viele Gesichter

Multiple Sklerose ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Der Verlauf von MS ist nicht vorhersagbar. Die Erkrankung kann sich bei jedem Patienten anders zeigen. In den meisten Fällen aber verläuft MS in Schüben. Diese treten unvorhersehbar auf und bilden sich häufig (zumindest zu Beginn der Erkrankung) wieder zurück. Im weiteren Verlauf bleiben immer mehr Störungen und Behinderungen bestehen.

Es gibt aber auch Formen, bei denen sich Multiple Sklerose permanent verschlechtert (fortlaufend oder in Schüben). Selten gibt es auch leichte Verlaufsformen von MS. Leider ist es jedoch so, dass etwa 25 % aller Menschen mit Multipler Sklerose durch ihre Krankheit auf einen Rollstuhl angewiesen sind.

Häufigkeit

MS ist neben Alzheimer eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Frauen, insbesondere zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, sind doppelt so oft von MS betroffen wie Männer. In Europa und Nordamerika tritt die Krankheit häufiger auf als in südlichen Ländern. Weltweit geht man von schätzungsweise 2,5 Millionen MS-Patienten aus.

Symptome

Symptome von Multipler Sklerose können unterschiedlicher nicht sein. Da alle Nerven in Gehirn und Rückenmark geschädigt werden können, ist nahezu jedes neurologische Symptom denkbar. Erfahrungen zufolge macht sich MS häufig aus völliger Gesundheit heraus bemerkbar.

Erste Anzeichen von Multipler Sklerose

Erste Anzeichen einer beginnenden Multiplen Sklerose sind Empfindungsstörungen an Armen und Beinen. Das können Missempfindungen wie Ameisenlaufen über und unter der Haut oder auch ein verändertes Temperaturempfinden sein. Weitere typische Erstsymptome sind Sehstörungen (wie Doppelbilder und Augenflimmern) sowie eine gestörte Muskelfunktion. Letztere macht sich als Kraftlosigkeit, erhöhter Muskelversteifung oder auch als kurzfristige Lähmung bemerkbar. Häufig sind zudem Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen. Selten können auch eine verwaschene Sprache sowie Blasenentleerungsstörungen (wie Harninkontinenz oder Harnverhalt) auf MS hinweisen.

Weitere Symptome

Nach den ersten Anzeichen kommt es bei vielen MS-Betroffenen zu folgenden Symptomen:

  • unsicherer Gang infolge einer erhöhten Muskelanspannung
  • Gefühlsstörungen in den Beinen
  • Standunsicherheit
  • allgemeine Kraftlosigkeit
  • dauerhaftes Müdigkeitsgefühl und erhöhtes Schlafbedürfnis
  • Blasen-, seltener auch Darmentleerungsstörungen
  • Sehstörungen unterschiedlichster Art
  • sexuelle Störungen (wie Impotenz und vermindertes sexuelles Lustempfinden)
  • Sprachstörungen
  • Unsicherheit und Unfähigkeit, gezielte Bewegungen auszuführen
  • psychische Störungen.

Ursachen

Die genaue Ursache von Multipler Sklerose ist trotz intensiver Forschung bis heute (Stand März 2013) nicht genau geklärt. Mediziner gehen mehrheitlich von einer multifaktoriellen Ursache aus. Es müssen also mehrere Faktoren zusammentreffen, damit MS ausgelöst wird. Zu diesen Faktoren zählen eine genetische Komponente (Vererbung scheint eine große Rolle zu spielen) und Umwelteinflüsse, die zu einer Fehlreaktion des körpereigenen Abwehrsystems führen. Auch Hygienebedingungen und Infektionserkrankungen, Bakterien und Viren sowie ein Vitamin D-Mangel im Kindesalter werden als Auslöser von Multipler Sklerose diskutiert. Nach Einschätzung einiger Wissenschaftler kommen Nikotin und Impfungen ebenfalls als Auslöser für MS infrage.

Untersuchung

Die Diagnose von Multipler Sklerose sollte von einem Neurologen mittels einer körperlichen Untersuchung und unterschiedlichen Tests (wie Nervenbahnleitgeschwindigkeiten sowie Veränderungen des Hirnstromkurvenbildes, die durch akustische und visuelle Ereignisse provoziert werden) gestellt werden. Weiter folgen Blut- und Nervenwasseruntersuchungen. Den Verdacht sichert in den meisten Fällen eine Magnetresonanztomografie. Bereits im Frühstadium einer Multiplen Sklerose weisen 85 % der Betroffenen Hirnveränderungen auf.

Behandlung

Um die Symptome zu lindern, wird eine Vielzahl von therapeutischen Ansätzen verfolgt, die in der Regel mit einer medikamentösen Behandlung der Multiplen Sklerose kombiniert werden. Im Folgenden lesen Sie zunächst über die medikamentösen Optionen, dann über die weiteren Therapien von Multipler Sklerose.

Die medikamentöse Therapie von Multipler Sklerose umfasst drei Formen: 

  • Akutbehandlung im Krankheitsschub
  • Langzeitbehandlung
  • Linderung von Begleitsymptomen.

Medikamentöse Akuttherapie im Krankheitsschub

Im akuten Krankheitsschub von Multipler Sklerose bekommen Patienten in der Regel 3 bis 5 Tage hochdosierte Kortisonpräparate (zum Beispiel Methylprednisolon) als Infusion direkt in den Blutkreislauf. Um das Risiko eines Magengeschwürs zu vermindern, werden üblicherweise zusätzlich Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol und Pantoprazol gegeben. Bessern sich die MS-Symptome dadurch nicht, kann eine zweite Infusionsrunde stattfinden. Bleiben die Beschwerden und so auch der Krankheitsschub auch dann noch weiterhin bestehen, folgt in den meisten Fällen eine Blutwäsche, die sogenannte Plasmapherese. Dabei werden aus dem Blut bestimmte Eiweiße entfernt, die für den Entzündungsprozess bei Multipler Sklerose eine wichtige Rolle spielen. Das gereinigte Blut wird dann zurückübertragen. Bei nahezu allen Patienten verbessern sich danach die Beschwerden erheblich.

Medikamentöse Langzeitbehandlung

Zwischen den Schüben zielt die Behandlung von Multipler Sklerose darauf ab, das körpereigene Abwehrsystem zu unterdrücken. Als Basismedikamente werden dabei Interferone (spezielle beta-Interferone, die aus Ovarialzellen einer chinesischen Hamsterart gewonnen werden) und Glatirameracetat eingesetzt. Beta Interferon soll das fehlgeleitete Immunsystem beruhigen und die Anzahl und Stärke der Schübe verringern. Dafür werden sie unter die Haut oder in den Muskel gespritzt. Glatirameracetat ist die Alternative zu beta-Interferon. Es besteht aus vier Eiweißbausteinen (den Aminosäuren L-Alanin, L-Glutamin, L-Lyzeen und L-Tyrosin). Nachdem Glatirameracetat unter die Haut gespritzt wurde, soll es, wie auch beta-Interferon, die Schubfrequenz und -stärke reduzieren.

Sogenannte Reservemittel der Basistherapie sind Azathioprin und Immunglobuline. Azathioprin ist eigentlich ein Wirkstoff aus der Krebs- bzw. Transplantationsmedizin. Es kann als Tablette eingenommen werden und dämpft das Immunsystem. Im Gegensatz zu den oben genannten Mitteln erhöht Azathioprin das Risiko, an Infektionen oder Krebs zu erkranken. Auch deshalb gilt es nur als Reservemittel. Immunglobuline sind Antikörper, die als Abwehrstoffe arbeiten aber auch das Immunsystem regulieren. Sie werden bei MS aber nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel während oder nach einer Schwangerschaft) eingesetzt.

Die dritte Form der Langzeitbehandlung ist die sogenannte Eskalationstherapie. Sie kommt infrage, wenn die Basistherapie nicht ausreichend wirksam und die MS sehr aggressiv ist. Als Wirkstoffe werden in der Regel die Immunsuppressiva Natalizumab und Fingolimod sowie die Zytostatika Mitoxantron und Cyclophosphamid eingesetzt.

Linderung von Begleitsymptomen

Begleitsymptome bei Multipler Sklerose werden ebenfalls medikamentös behandelt. Schmerzlindernd bei MS helfen zum Beispiel das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin, der selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin oder die Antiepileptika Carbamazepin und Gabapentin. Die Muskelrelaxanzien Baclofen und Tizanidin wirken beispielsweise spastischen Krämpfen der Muskulatur entgegen. Gegen Zittern helfen unter anderem Dopaminagonisten wie Cabergolin und Ropinirol oder Anticholinergika wie Biperiden.

Nicht-medikamentöse Therapie bei Multipler Sklerose

Neben der medikamentösen Therapie werden bei Multipler Sklerose häufig noch folgende Behandlungen eingesetzt:

  • Physiotherapie, um Muskeln beweglich zu halten, Verkrampfungen (Spastiken) zu lockern, das Gleichgewicht zu halten und Bewegungsstörungen auszugleichen
  • Ergotherapie, um die Feinmotorik zu trainieren und die Selbstständigkeit im Alter zu erhalten
  • Logopädie, um Sprachstörungen zu beheben
  • Ernährungstherapie, um beispielsweise Vitaminmangel oder Osteoporose als Komplikation von Multipler Sklerose zu vermeiden
  • Psychosoziale Betreuung und Psychotherapie, um das seelische Wohlbefinden zu stärken.

Selbsthilfe

Der Krankheitsverlauf scheint durch Maßnahmen der Selbsthilfe wenig beeinflussbar. Allgemein aber ist eine gesunde Lebensführung anzuraten. Zudem sollten Sie die Behandlungsempfehlungen Ihres Arztes genau einhalten und regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen.

Empfehlenswert ist der Besuch von Selbsthilfegruppe. Dort finden MS-Kranke Austausch mit Gleichgesinnten und merken, dass sie mit Ihrem Schicksal nicht alleine sind. Das kann einen sehr positiven Einfluss auf die Lebensqualität haben.

Vorbeugung

Eine Vorbeugung von Multipler Sklerose ist nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung nicht möglich.

Autor: Charly Kahle

Stand: 04.05.2015

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