Morbus Cushing

Morbus Cushing ist eine sehr seltene Stoffwechselerkrankung, die sehr oft durch einen gutartigen Hirntumor ausgelöst wird. Alles Wichtige über Symptome, Ursachen und Behandlung von Morbus Cushing.

Synonyme

Morbus Itsenko-Cushing, Hypophysäres Cushing-Syndrom, zentrales Cushing-Syndrom

Definition

Morbus Cushing

Morbus Cushing ist eine sehr seltene Stoffwechselerkrankung, die durch eine Überproduktion des Hormons ACTH gekennzeichnet ist. ACTH steht für Adrenocorticotropes Hormon oder Adrenocorticotropin. Dieses Hormon wird in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet. ACTH hat die Aufgabe, als Botenstoff die Produktion des Stresshormons Cortisol in der Nebennierenrinde anzuregen.

Durch die krankhafte ACTH-Überproduktion bei Morbus Cushing wird zu viel Cortisol gebildet. Mediziner sprechen von Hyperkortisolismus. Der führt zu einer Überlastung des Organismus, die unter anderem zu Symptomen wie körperstammbetonter Fettsucht, starkem Kraftverlust und einer erhöhten Infektanfälligkeit führt.

Ursache der überhöhten ACTH-Ausschüttung bei Morbus Cushing sind in 75 Prozent der Fälle kleine, meist gutartige Tumoren an der Hirnanhangsdrüse. Weil die Ursache für die erhöhte Cortisolproduktion im Körperinneren liegt, sprechen Mediziner bei Morbus Cushing von einer Form des endogenen Hyperkortisolismus. Sehr viel häufiger sind erhöhte Cortisolwerte durch äußere Faktoren wie Nebenwirkungen von Medikamenten. Diesen exogenen Hyperkortisolismus bezeichnen Mediziner als Cushing-Syndrom.

Die Behandlung von Morbus Cushing besteht in der Regel darin, den auslösenden Tumor an der Hirnanhangsdrüse operativ oder durch Bestrahlung zu entfernen. Wenn es einen solchen Tumor nicht gibt oder die Entfernung nicht möglich ist, kann eine medikamentöse Therapie die überschüssige Cortisolproduktion begrenzen. In seltenen Fällen bleibt die Verkleinerung oder Entfernung der Nebennierenrinden als letzte therapeutische Option. Unbehandelt verläuft Morbus Cushing tödlich.

Häufigkeit

Die Häufigkeit von Morbus Cushing in Deutschland wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Die Spannweite reicht von 1 Fall auf 100.000 Einwohner bis zu 1 Fall auf 400.000 Einwohner. In Deutschland leben etwa 3.000 diagnostizierte Patienten mit Morbus Cushing. Die Inzidenz wird in der Literatur mit 2 Neuerkrankungen pro 1 Millionen Einwohner pro Jahr angegeben. Damit ist diese Form des endogenen Hyperkortisolismus sehr selten. Frauen sind etwa 7 Mal so häufig betroffen wie Männer – warum ist bislang noch unklar. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr.

Das von der Symptomatik sehr ähnliche Cushing-Syndrom ist ebenfalls selten. Allerdings liegen die Fallzahlen hier etwa 10 Mal so hoch wie beim Morbus Cushing.

Symptome

Die Symptome von Morbus Cushing sind Folge der überhöhten Cortisolproduktion. Äußerlich am auffälligsten sind das sogenannte Vollmondgesicht, körperstammbetonte Fettsucht (dünne Arme und Beine, dicker Rumpf) und die Ausbildung eines Stiernackens. Diese Symptome sind Folge einer krankheitsbedingten Umverteilung der Fettdepots. Oft vermännlicht der Körper von Frauen mit Morbus Cushing: Das kann sich auf Haarwachstum im Gesicht und am Oberkörper beschränken. Nicht selten aber nehmen die Frauen insgesamt männliche Proportionen (Virilisierung) an. Gleichzeitig wird die Stimme dunkler. Mitunter wächst die Klitoris beträchtlich.

Bei Morbus Cushing verändert sich das Hautbild oft sehr stark. Insgesamt erscheint die Haut dünn. Es bilden sich viele offene kleine Hautgeschwüre (Ulcera), die sich mitunter auch entzündlich verändern. Rote Hautstreifen (Striae rubrae), oft breiter als 1 cm, an den Armen und an den Seiten des Oberkörpers sind ein weiteres Symptom von Morbus Cushing.

Die äußerlichen Veränderungen sind von einem stetig zunehmenden Muskelschwund (Myopathie) begleitet, der zu einem starken Kraftverlust führt. Die Wechselwirkungen des erhöhten Cortisolspiegels mit anderen Hormonen begünstigen darüber hinaus Knochenschwund (Osteoporose), Bluthochdruck (Hypertonie), Zuckerkrankheit (Steroid-Diabetes), Impotenz und Zyklusstörungen. Körpereigene Schutz- und Reparaturmechanismen wie die Wundheilung und das Immunsystem geraten ebenfalls aus dem Gleichgewicht.

Patientinnen mit Morbus Cushing erleben ferner häufig depressive Episoden und Phasen kognitiver Defizite.

Kinder mit Morbus Cushing wachsen weniger schnell und sind häufig fettleibig als ihre gesunden Altersgenossen.

Ursachen

Die Ursachen von Morbus Cushing liegen im Gehirn. In den meisten Fällen (bis zu 80 Prozent) wird Morbus Cushing durch einen kleinen hormonproduzierenden Tumor (Mikroadenom) an der Hirnanhangsdrüse verursacht. Im Fall von Morbus Cushing produziert dieses sogenannte Mikroadenom das Hormon ACTH und kurbelt so die Cortisolproduktion an. Bei den übrigen 20 Prozent ist eine Störung des Hypothalamus Ursache von Morbus Cushing. Dieser Hirnbereich produziert unter anderem das Hormon Kortikoliberin (CRH), das wiederum die Produktion von ACTH in der Hypophyse anregt. Bei Morbus Cushing bildet der Hypothalamus zu viel CRH und setzt damit über ACTH die Kaskade der überhöhten Cortisolproduktion in der Nebennierenrinde in Gang.

Ob Mikroadenom oder Hypothalamusstörung: Der Hyperkortisolismus zerstört das fein abgestimmte Gleichgewicht der Hormone. Im Ergebnis kommt es zu den Symptomen von Morbus Cushing. ACTH erhöht aber nicht nur die Cortisolproduktion, sondern bewirkt auch eine vermehrte Ausschüttung männlicher Sexualhormone. Diese Androgene (vor allem Testosteron) sind Ursache der Vermännlichung des weiblichen Körpers bei Morbus Cushing.

Warum Mikroadenome entstehen bzw. wieso es zu der Hypothalamusstörung kommt, ist bislang nicht geklärt.

Untersuchung

Der Verdacht auf Morbus Cushing oder ein Cushing-Syndrom ergibt sich häufig schon aus den sichtbaren Veränderungen des weiblichen Körpers. Bestätigen lassen sich Diagnose und Ursache nur anhand einer Reihe von labormedizinischen Untersuchungen.

Blutuntersuchungen dienen zunächst vor allem dazu, die Konzentrationen von Cortisol, Cholesterin und Abwehrzellen sowie Elektrolyten zu bestimmen. Sind die Konzentrationen von ACTH, Cortisol, Cholesterin und Blutzucker erhöht, kann das ein Anzeichen für Morbus Cushing sein. Typisch für die Erkrankung sind auch Veränderungen des Blutbildes.

Dexamethason-Hemmtest

Eine wichtige diagnostische Untersuchung bei Verdacht auf Morbus Cushing ist der sogenannte Dexamethason-Hemmtest. Dexamethason ist ein Medikament aus der Wirkstoffgruppe der Glukokortikoide und hat eine nahezu identische Struktur wie das körpereigene Cortisol. Beim Dexamethason-Hemmtest erhalten die Patienten abends eine hohe Dosis Dexamethason. Wenn die körpereigenen Regelmechanismen gesund arbeiten, müsste das dazu führen, dass die körpereigene ACTH-Ausschüttung und infolge die Cortisolproduktion gedrosselt wird und die Cortisolkonzentration am nächsten Morgen abgenommen hat. Haben sich die Cortisolwerte hingegen nicht verringert, ist das ein deutlicher Hinweis von Hyperkortisolismus. Dieser Verdacht wird unter anderem mit einer 24-h-Untersuchung des Urins auf Cortisol weiter bestätigt.

Bei bestätigtem Hyperkortisolismus und erhöhten ACTH-Konzentration liegt der Verdacht auf ein Mikroadenom nahe. Um den Mikrotumor zu finden, wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes gemacht. Allerdings führen die Aufnahmen nicht immer zum Ziel, weil Mikroadenome ungünstig liegen können oder so klein sind, dass sie optisch nicht darstellbar sind.

Weitere bildgebende Verfahren zur Diagnose von Morbus Cushing sind Ultraschalluntersuchungen (Sonografien) oder Computertomografien (CT) der Nebennieren.

Behandlung

Die Behandlung von Morbus Cushing orientiert sich an der Ursache. In den meisten Fällen wird die Erkrankung durch ein Mikroadenom an der Hirnanhangsdrüse verursacht. Diese gutartigen Tumoren lassen sich in aller Regel bei einem neurochirurgischen Eingriff entfernen. Ist das nicht möglich, stehen Bestrahlungen als Alternative zur Verfügung.

Medikamentöse Therapie von Morbus Cushing

Wenn Mikroadenome nicht behandelbar sind oder bei einer Funktionsstörung des Hypothalamus bleibt die medikamentöse Therapie. Zur Behandlung von Morbus Cushing wird der Wirkstoff Ketoconazol angewendet. Dabei macht man sich die stark kortisolhemmende Nebenwirkung dieses Antipilzmittels zunutze.

Auch Pasireotid kann bei Morbus Cushing zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um ein Somatostatin-Analogon, das Patienten zweimal täglich unter die Haut injizieren. Pasireotid hemmt die hypophysäre ACTH-Produktion und damit auch die Cortisolsynthese in der Nebennierenrinde.

Operation der Nebennieren

Wenn die bislang genannten Therapieoptionen versagen, werden mitunter die Nebennieren entfernt. Die sogenannte Adrenalektomie ist allerdings ein Mittel der letzten Wahl. Denn nach diesem Eingriff bleiben die Betroffenen lebenslang darauf angewiesen, Nebennierenhormone (vor allem Cortisol und Mineralkortikoide) in Medikamentenform einzunehmen. Zudem bleibt die erhöhte ACTH-Produktion als eigentliche Ursache von Morbus Cushing bestehen. Durch die immerwährende Hormonausschüttung könnte sich der Hypophysentumor möglicherweise bösartig verändern.

Prognose

Insbesondere bei durch Mikroadenome verursachtem Morbus Cushing ist die Prognose sehr günstig. In 80 Prozent der Fälle kann der Tumor entfernt werden. Danach normalisiert sich die ACTH- und Cortisolausschüttung fast immer innerhalb von wenigen Tagen.

Fehlfunktionen des Hypothalamus lassen sich durch medikamentöse Therapien ausgleichen. Dadurch wird Morbus Cushing zwar nicht ursächlich geheilt. Die Symptome aber bilden sich in aller Regel zurück. Lebensqualität und Lebenserwartung entsprechen nahezu denen gesunder Menschen.

Vorbeugung

Sinnvolle Vorbeugemaßnahmen gegen Morbus Cushing gibt es nicht.

Autor: Charly Kahle

Stand: 10.10.2017

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