MDS-Krankheit

Was ist MDS-Krankheit? Was sind die Symptome dieser seltenen Erkrankung des Knochenmarks? Lesen Sie hier mehr über das myelodysplastische Syndrom und die modernen Behandlungsmöglichkeiten.

Synonyme

Myelodysplastisches Syndrom, Myelodysplastische Syndrome, Myelodysplasie

Definition

Myelodysplastisches Syndrom (MDS)

Was ist MDS-Krankheit?

MDS ist eine Erkrankung des Knochenmarks, bei der aufgrund genetischer Veränderungen die normale Blutbildung beeinträchtigt ist. MDS steht für myelodysplastisches Syndrom.

Was bedeutet myelodysplastisches Syndrom?

Myelodysplastisches Syndrom bedeutet wörtlich so viel wie krankhafte Veränderung des Knochenmarks. Mediziner fassen unter dem Begriff eine Reihe von Knochenmarkserkrankungen zusammen, die zu Blutzellenmangel führen. Früher wurden die myelodysplastischen Syndrome als Präleukämien (Vorstufen von Blutkrebs) bezeichnet.

MDS bleibt häufig gutartig, erhöht aber in der Tat das Risiko, eine Form von bösartigem Blutkrebs zu entwickeln, die akute myeloische Leukämie (AML). Die MDS-Krankheit tritt in mehreren Formen auf. Sie kann nur die roten Blutkörperchen, die weißen Blutkörperchen oder die Blutplättchen (Thrombozyten) betreffen. Es ist aber auch möglich, dass zwei oder alle drei Zelltypen betroffen sind.

Folgen der MDS-Krankheit

Je nachdem, welche Zelltypen betroffen sind, hat die MDS-Krankheit unterschiedliche Folgen.

  • Ein Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) führt zur Blutarmut (Anämie). Menschen mit Blutarmut fühlen sich zunehmend kraftlos.
  • Zu wenige weiße Blutzellen (Leukozyten) machen anfälliger für Infektionskrankheiten, da die Leukozyten einen wichtigen Bestandteil des Immunsystems bilden.
  • Ein Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) beeinträchtigt vor allem die Gerinnungsfähigkeit des Blutes und erhöht dadurch die Blutungsneigung.

Informationen zu Leukämie-Erkrankungen

Ausführliche Informationen zu Blutkrebserkrankungen finden Sie in den folgenden Krankheitsbildern:

Häufigkeit

Das myelodysplastische Syndrom gehört zu den seltenen Erkrankungen (Orphan Diseases). Jährlich erkranken etwa 4 bis 5 von 100.000 Deutschen an der MDS-Krankheit. Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit der Erkrankung zu: Bei den über 70-jährigen sind etwa 30 von 100.000 betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwa 75 Jahren. Männer erkranken etwas häufiger als Frauen.

Symptome

Wichtigstes Symptom der MDS-Krankheit ist eine ausgeprägte Anämie, also ein Mangel an roten Blutkörperchen. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) transportieren mit dem Blut Sauerstoff von der Lunge zu allen Organen und Geweben des Körpers. Ein Mangel führt zu folgenden Symptomen:

  • Körperliche Schwäche
  • Atemnot und rasche Erschöpfung bereits bei kleinen Belastungen
  • Herzrasen
  • Kopfschmerzen
  • Appetitlosigkeit
  • Müdigkeit und Antriebsschwäche
  • Auffällig blasse Haut und Schleimhäute

Bei Leukopenie – so bezeichnen Ärzte einen Mangel an weißen Blutkörperchen – kommen diese Symptome hinzu:

Typisch für Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) sind diese Symptome:

  • Erhöhte Blutungsneigung (z.B. Zahnfleischbluten, Nasenbluten, geplatzte Äderchen im Auge)
  • Blaue Flecken (Hämatome) nach kleinsten Stößen
  • Sogenannte Petechien, etwa stecknadelkopfgroße rote Flecken an Armen, Beinen oder im Bereich der Schleimhäute. Petechien entstehen durch kleinste Blutungen unter der Haut.

Alle klinischen Symptome der MDS-Krankheit sind sehr unspezifisch und können eine ganze Reihe anderer, häufigerer Ursachen haben. Die Diagnose kann nur anhand mikroskopischer Untersuchungen von Blut und Knochenmark gestellt werden.

Ursachen

Die MDS-Krankheit entsteht durch genetische Veränderungen (Mutationen) der blutbildenden Stammzellen des Knochenmarks. Die entarteten Zellen vermehren sich und verdrängen so zunehmend die gesunden Stammzellen. Warum es zu diesen Veränderungen kommt, ist nicht in jedem Fall klar.

Etwa 10 Prozent der Betroffenen hatten im Schnitt zwei bis sechs Jahre zuvor eine Krebsbehandlung mit Chemo- oder Strahlentherapie. In diesen Fällen wird die Erkrankung darauf zurückgeführt. In den anderen Fällen bleibt meist unklar, wie es zu den Mutationen gekommen ist.

Risikofaktoren für MDS-Krankheit

Menschen, die beruflich langfristig mit benzolhaltigen Stoffen und anderen organischen Lösungsmitteln zu tun hatten, haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Zu den in diesem Sinne riskanten Stoffen gehören Benzin und Kerosin, Farben, Lacke und bestimmte Reinigungs- und Lösungsmittel. Langjährigen Umgang mit solchen Stoffen haben unter anderem Mitarbeitende von Tankstellen und Kfz-Werkstätten, Tankwagenfahrer, Maler, Lackierer und Arbeiter in der Erdöl- und chemischen Industrie. Auch Raucher setzen sich einer erhöhten Benzolbelastung aus. Ein weiterer Risikofaktor ist hohe radioaktive Strahlenbelastung.

Ist die MDS-Krankheit vererbbar?

Die Frage, ob die MDS-Krankheit ererbt und vererbbar ist, wurde bis vor Kurzem grundsätzlich verneint. Mittlerweile gehen Ärzte jedoch davon aus, dass es tatsächlich eine erbliche Neigung gibt. Diese erbliche Neigung dürfte in etwa 5 bis 10 Prozent der Fälle eine Rolle spielen - und kann durch Gentests festgestellt werden. Eine nachweisbare Neigung bedeutet aber noch nicht, dass die Erkrankung zwangsläufig auftreten muss. Sie führt jedoch zu einer gewissen familiären Häufung von Fällen.

Untersuchung

Differenzialblutbild

Erste deutliche Hinweise auf die Diagnose MDS liefert ein sogenanntes manuelles Differenzialblutbild. Bei diesem Blutbild wird der Anteil der verschiedenen Blutzellen unter dem Mikroskop von Hand ausgezählt. Dabei wird speziell nach sogenannten Blasten gesucht. Das sind unreife Vorläuferzellen der roten und weißen Blutzellen, die sich normalerweise nicht im Blut finden.

Ähnliche Veränderungen im Blutbild verursacht ein leicht zu behebender Mangel an Vitamin B6, B12 und/oder Folsäure. Ihr Arzt wird daher auch den Blutspiegel dieser Vitamine untersuchen.

Knochenmarkuntersuchung

Zur Sicherung der MDS-Diagnose erfolgt im Anschluss eine Knochenmarkpunktion. Dafür entnimmt der Arzt unter örtlicher Betäubung eine kleine Knochenmarkprobe aus dem Beckenknochen. Wie beim Differenzialblutbild werden nun Anzahl, Form und äußere Merkmale der Knochenmarkszellen mikroskopisch untersucht. Auch hier liegt wieder das Augenmerk auf den unreifen Blutzellen, deren Anteil bei MDS erhöht ist.

Genetische Untersuchung der Knochenmarkszellen

Darüber hinaus können Untersuchungen des Erbguts der Zellen die genauen Mutationen finden, die für die Entstehung der Krankheit verantwortlich sind. Das erlaubt es, besser fundierte Aussagen zur notwendigen Therapie und zur Prognose zu treffen. Mittlerweile sind eine Reihe für myelodysplastische Syndrome typischer Mutationen identifiziert, die auf unterschiedliche Behandlungsformen ansprechen.

Behandlung

Die Behandlung myelodysplastische Syndrome hängt von der Ausprägung der MDS-Krankheit ab.

Blutmangel-Behandlung bei MDS-Krankheit

Viele MDS-Kranke haben eine ausgeprägte Anämie, die mit Transfusionen von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentraten) behandelt wird. Als Nebenwirkung der Bluttransfusionen steigt häufig der Eisenspiegel. Dadurch lagert der Körper vor allem in Leber und Herz zu viel Eisen ein. Das Ergebnis ist eine Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose), die medikamentös mit sogenannten Chelatbildnern wie Deferoxamin (als Injektion) oder Deferasirox (als Tablette) behandelt wird. Diese Wirkstoffe entziehen dem Körper Eisen.

Behandlung von Leukozyten- und Thrombozyten-Mangel

Infektionen infolge des Mangels an weißen Blutkörperchen werden mit Antibiotika behandelt. Von einer vorbeugenden regelmäßigen Antibiotikagabe rät die Leitlinie zur Behandlung der MDS-Krankheit jedoch ab.

Transfusionen von Thrombozytenkonzentraten kommen in der Regel nur zum Einsatz, wenn es Anzeichen für innere Blutungen gibt, beispielsweise für Blutungen im Bereich von Magen und Darm.

Vorbeugend wirken Schutzimpfungen, in erster Linie Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken. Pneumokokken verursachen vor allem Lungenentzündungen.

Weitere medikamentöse Therapie von MDS-Krankheit

Darüber hinaus steht heute eine Reihe von Wirkstoffen zur Verfügung, die die Reifung von roten Blutkörperchen stimulieren, die Blutbildung anregen oder die übermäßige Vermehrung der genetisch veränderten Stammzellen hemmen.

Bei einer Untergruppe von MDS-Fällen verlaufen immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapien erfolgreich. Diese Behandlungen stimulieren (immunmodulatorische Wirkung) oder hemmen (immunsuppressive Wirkung) Teile des Immunsystems. Dadurch lässt sich der Bedarf an Bluttransfusionen deutlich verringern und der Anteil der Blasten (unreifen Blutzellen) im Knochenmark wird gesenkt. Diese modernen Therapien sind allerdings nur bei bestimmten genetischen Veränderungen der Blutstammzellen wirksam. Einige potenziell wirksame Substanzen stehen nur im Rahmen klinischer Therapiestudien zur Verfügung.

Zusätzliche Behandlung bei Hochrisiko-MDS

Als Hochrisiko-Patienten werden MDS-Erkrankte eingestuft, deren Stammzellen bestimmte Mutationen mit ungünstiger Prognose aufweisen und/oder die mehr als 10 Prozent Blasten im Knochenmark haben.

In diesen Fällen wird der Arzt die Möglichkeit einer Knochenmarktransplantation erwägen. Alternativ dazu kann eine Chemotherapie zu einem (meist kurzzeitigen) Stopp der Vermehrung der entarteten Knochenmarkszellen führen. Eine ähnliche Wirkung haben monatliche Injektionen des Wirkstoffs Azacytidin (Vidaza), die bei gutem Ansprechen auch langfristig verabreicht werden können. Etwa die Hälfte der so behandelten Patienten erreicht eine Verbesserung des Blutbilds oder einen Rückgang des Blastenanteils im Knochenmark.

Knochenmarktransplantation bei Hochrisiko-MDS

Die einzige heilende Therapie der MDS-Krankheit ist die Knochenmarktransplantation. Da diese Behandlung belastend und risikoreich ist und nur begrenzt Spender zur Verfügung stehen, spielen Alter und allgemeiner Gesundheitszustand der Betroffenen bei der Entscheidung für oder gegen eine Transplantation eine wichtige Rolle.

Die früher geltende Altersgrenze von 55 Jahren hat sich mittlerweile nach oben verschoben. Das liegt in erster Linie daran, dass man bei der die Transplantation vorbereitenden Zerstörung des eigenen Knochenmarks nun weniger radikal vorgeht. Heute wird dafür im Allgemeinen eine Chemotherapie als ausreichend angesehen, während früher die sehr belastende kombinierte Radio- und Chemotherapie Standard war. Daher können heute Menschen bis zu einem Alter von 70 Jahren eine Knochenmarkspende erhalten. Die Entscheidung wird aber immer individuell getroffen.

Prognose

Die Prognose der MDS-Krankheit hängt von drei Faktoren ab:

  • Sind eine, zwei oder alle drei Blutzellreihen (rote und weiße Blutzellen, Blutplättchen) betroffen? Wie schwer ist der Mangel an Blutzellen?
  • Wie hoch ist der Anteil von Blasten (unreifen Zellen) im Knochenmark?
  • Welche konkreten Veränderungen im Erbgut der Blutstammzellen sind für die Ausprägung der Erkrankung verantwortlich?

IPSS-Risikostufen bei MDS-Krankheit

Aus den Risikofaktoren ermitteln Ärzte den Risiko-Score IPSS-R (International Prognostic Scoring System in der seit 2012 gültigen überarbeiteten Fassung). Es ergeben sich die Risikostufen Very low, Low, Intermediate, High und Very high (Sehr niedrig, Niedrig, Mittel, Hoch und Sehr hoch). Die Mehrheit der Betroffenen (38 Prozent) fällt in die Kategorie Low, jeweils rund 20 Prozent in die Kategorien Very low und Intermediate und 13 bzw. 10 Prozent in die Kategorien High und Very High. Der Risiko-Score beeinflusst die Therapieplanung und erlaubt eine Abschätzung der Prognose. Viele Erkrankte versterben an den Folgen des Blutzellmangels, insbesondere an schweren Infektionen oder an inneren Blutungen. Mit steigender Risikostufe wächst auch das Risiko des Übergangs in eine akute Leukämie mit sehr ungünstiger Prognose.

Nach Angaben von 2012 überleben Betroffene der unterschiedlichen Risikostufen ihre Diagnose um im Schnitt 8,8 (Very low), 5,3 (Low), 3,0 (Intermediate), 1,6 (High) bzw. 0,8 Jahre (Very high).

Neben dem Risiko-Score hängen die Überlebensraten allerdings auch vom Lebensalter und vom gesundheitlichen Allgemeinzustand ab. Zudem beruht diese Statistik auf den Daten von Patienten, die teilweise vor vielen Jahren diagnostiziert wurden und für die einige der modernen Therapiemöglichkeiten noch nicht zur Verfügung standen.

  • Auf Whatsapp teilenTeilen
  • Auf Facebook teilen Teilen
  • Auf Twitter teilenTeilen
  • DruckenDrucken
  • SendenSenden