Keuchhusten (Pertussis)
Die meisten Menschen halten Keuchhusten für eine Kinderkrankheit. Ganz so ist es nicht: Die bakterielle Infektion kann auch Erwachsene treffen. Lesen Sie mehr über Symptome, Ursachen, Therapie und Vorbeugung in Form der Keuchhusten-Impfung.
Synonyme
Pertussis, 100-Tage-Husten
Definition
Keuchhusten (lateinisch: Pertussis für „starker Husten") ist im Gegensatz zu Kinderkrankheiten wie Mumps und Masern eine bakterielle Erkrankung, die relativ weit verbreitet und meist sehr langwierig ist. Umgangssprachlich wird Keuchhusten deshalb auch 100-Tage-Husten genannt. Es handelt sich um eine Entzündung der Atemwege, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Eine überstandene Krankheit gewährt einen lange dauernden, aber nicht lebenslangen Schutz.
Eine Ansteckung mit Keuchhusten erfolgt meistens schon im Säuglings- oder Vorschulalter, insbesondere wenn es keinen ausreichenden Impfschutz gibt. Die Inkubationszeit, also der Zeitraum von der Ansteckung bis zu ersten Symptomen, beträgt 9 bis 20 Tage. Wenn in der Umgebung Ihres Kindes ein Keuchhustenfall bekannt wird, sollten Sie – vor allem mit Säuglingen – vorsichtshalber zum Arzt gehen. Bei Atembeschwerden ist der Gang in die Praxis dringend zu empfehlen.
Häufigkeit
Keuchhusten ist weltweit verbreitet und tritt ganzjährig auf. Jährlich erkranken nach Angaben des Münchner Lungeninformationsdienstes etwa 17 Millionen Menschen. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) kommt es in Deutschland trotz einer Impfquote um 95 Prozent alle 4 bis 6 Jahre zu einem wellenartigen Anstieg der Keuchhusten-Infektionen. Die Fallzahlen schwanken stark, außerdem verschieben sich die Höhepunkte mit jeder Krankheitswelle auf andere Altersgruppen. Für das Jahr 2018 meldet das RKI im Epidemologischen Jahrbuch gut 13.000 Fälle. Mit mehr als 35 Erkrankungen pro 100.000 Einwohnern waren Sachsen-Anhalt und Thüringen am stärksten betroffen.
In jüngerer Vergangenheit hat sich Keuchhusten wegen mangelnder Durchimpfung vor allem in den USA, Großbritannien, Argentinien und Australien wieder ausgebreitet. Daher sollten Urlauber vor einer Reise in diese Länder ihren Impfstatus überprüfen lassen.
Symptome
Die Symptome von Keuchhusten unterscheiden sich, je nachdem ob die Erkrankung bei Kindern oder Erwachsenen auftritt.
Keuchhusten-Symptome bei Kindern
Eine bis drei Wochen nach der Infektion kommt es zu den ersten Symptomen von Keuchhusten bei Kindern. In der Anfangsphase besteht die höchste Ansteckungsgefahr. Danach folgt das zweite Stadium mit dem typischen bellenden Husten. Im dritten und letzten Stadium der Erkrankung klingen die Symptome allmählich wieder ab.
Keuchhusten-Stadien im Überblick
- Stadium I (Stadium catarrhale): allgemeines Krankheitsgefühl mit Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Erkältungssymptome wie Niesen, Schnupfen und milder Reizhusten, tränende Augen, Fieber, Dauer: 1 bis 2 Wochen
- Stadium II (Stadium convulsivum): plötzlich einsetzende, mehrere kurze, stakkatoartige Hustenstöße mit herausgestreckter Zunge, Abschluss der Hustenattacke mit einem ziehenden, krächzend-juchzenden Einatmen (Reprise), Gesicht des Kindes verfärbt sich rot bis blau, die Augen quellen hervor, das Kind hat Erstickungsangst. Während solcher Hustenattacken wird ein zäher, glasiger Schleim hervorgewürgt, mitunter erbrechen die Kinder. Bei Säuglingen kann es statt des Hustens zu hilflosem Piepsen, Erstickungsanfällen und lebensbedrohlichem Atemstillstand kommen. Dauer: 2 bis 6 Wochen.
- Stadium III (Stadium decrementi): Anzahl und Schwere der Hustenanfälle nehmen ab, langsame Erholung, Dauer: 3 bis 6 Wochen, ohne antibiotische Therapie bis zu 10 Wochen.
Komplikationen bei Kindern mit Keuchhusten sind zum einen Mittelohrentzündungen und Lungenentzündungen, die durch andere Bakterien als die Keuchhusten-Bakterien verursacht werden können (häufig durch Haemophilus influenzae und Pneumokokken). Gefürchtet sind Erkrankungen des Gehirns (Enzephalopathie), die dauerhafte Schäden nach sich ziehen können. Zudem sind Einblutungen in die Bindehäute der Augen sowie Leistenbrüche und Narbenbrüche möglich. Jüngsten Studien zufolge versterben 2 von 1.000 Keuchhusten Patienten an der Erkrankung, meistens Säuglinge.
Keuchhusten bei Erwachsenen
Die Symptome von Keuchhusten bei Erwachsenen ähneln denen einer chronischen Bronchitis. Der Husten kann dabei viele Wochen anhalten. Manche Experten meinen, dass viele Erwachsene an Keuchhusten erkrankt sind, ohne dass sie selbst oder Ärzte es so diagnostizieren. Das ist insofern riskant, als Erwachsene – insbesondere Eltern – Kinder anstecken können.
Ursachen
Keuchhusten ist im Gegensatz zu anderen Kinderkrankheiten wie Masern oder Mumps eine bakterielle Infektion. Pertussis wird durch das Bakterium Bordetella pertussis, seltener durch Bordetella parapertussis, verursacht. Die Bakterien werden durch Tröpfcheninfektion übertragen, zum Beispiel über die Atemluft durch Niesen oder Husten. In der Luftröhre und den Bronchien vermehren sich die Erreger und bilden Zellgifte. Diese schädigen die Schleimhäute und Flimmerhärchen in den Atemwegen und lösen entzündliche Veränderungen aus. Die Symptome bei Keuchhusten halten solange an, bis sich die Flimmerhärchen der Atemwege wieder erholt haben und das Bakterien-Gift abgebaut ist.
Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Die Ansteckungsfähigkeit bei Keuchhusten beginnt am Ende der Inkubationszeit, also meist 9 (bis 20 Tage) nach der Ansteckung. Am stärksten können die Keuchhusten-Bakterien in den ersten beiden Wochen der Erkrankung weitergegeben werden. Die Bordetellen können jedoch noch bis zu 3 Wochen nach Beginn des 2. Stadiums übertragen werden.
Behandlung
Zur Therapie von Keuchhusten werden sehr früh Antibiotika eingesetzt. Zwar können Wirkstoffe wie Erythromycin, Azithromycin und Clarithromycin Dauer und Heftigkeit der Hustenanfälle nicht wesentlich beeinflussen. Sie ermöglichen es jedoch, die Ansteckungsgefahr für andere Menschen zu senken. Erkrankte sind mit einer Antibiotika-Therapie nur noch bis zu einer Woche nach Therapiebeginn ansteckend – und nicht mehr bis zu 5 Wochen ohne Behandlung.
Ob mit oder ohne Behandlung: Bleiben Sie (und ihr erkranktes Kind) zu Hause und besuchen Sie keinesfalls Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten und Schulen. Ebenso sollten sie sich von Veranstaltungen, Betrieben und Büros fernhalten.
Bei Säuglingen mit Keuchhusten ist die Erstickungsgefahr besonders groß. Deshalb werden sie stationär behandelt und dabei engmaschig überwacht.
Hausmittel gegen Keuchhusten
Die Symptome von Keuchhusten bei Kindern und Erwachsenen können beispielsweise mit Hausmitteln gegen Husten oder Hausmitteln gegen Erkältungen gelindert werden. Des Weiteren sind die folgenden Tipps hilfreich.
- Viel trinken
- Bei häufigem Erbrechen viele kleine, leichte Mahlzeiten zubereiten
- Für ausreichend feuchte Luft sorgen; bei älteren Kindern, wenn möglich täglich Freiluft
- Zuwendung, Vorlesen und ruhiges Spielen lenken ab
- Anstrengungen und Belastungen (das kann schon herzhaftes Lachen sein) vermeiden
- Bettruhe ist oft nicht erforderlich, viel Schlaf und Ausruhen sind aber in jedem Fall wohltuend
Vorbeugung
Impfung gegen Keuchhusten
Den besten Schutz vor Keuchhusten bietet die Schutzimpfung. In Deutschland erfolgt diese Impfung im Allgemeinen im Rahmen der U-Untersuchungen von Säuglingen und Kindern.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch Institutes (RKI) empfiehlt die Keuchhusten-Impfung für alle Säuglinge, idealerweise ab dem 2. Lebensmonat. Nicht geimpfte Kinder und Erwachsene können sich jederzeit impfen lassen. Die STIKO empfiehlt dafür einen Kombinationsimpfstoff, der auch vor Diphtherie und Tetanus schützt.
Impfstoffe
Es gibt keinen Impfstoff, der ausschließlich gegen die Keuchhusten-Bakterien gerichtet ist. Vielmehr handelt es sich bei allen zugelassenen Impfstoffen um Kombinationsimpfstoffe mit Komponenten gegen Tetanus (Wundstarrkrampf), Diphtherie, Polio (Kinderlähmung) und Keuchhusten.
Impfschema
- Säuglinge sollten laut der jüngsten Impfempfehlung der STIKO vom August 2020 in der Regel im Alter von 2 und 4 Monaten je eine Kombinationsimpfung mit Diphtherie und Tetanus erhalten. Eine 3. Impfung im Alter von 11 schließt die Grundimmunisierung ab. Zwischen der 2. und 3. Impfung sollen mindestens 6 Monate liegen.
- Für Frühgeborene empfiehlt die STIKO eine zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, insgesamt also 4 Impfstoffgaben.
- Eine Auffrischung ist laut RKI zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr bzw. vor der Einschulung sowie zwischen dem 9. bis 17. Lebensjahr nötig, um die volle Schutzwirkung der Grundimmunisierung zu erhalten.
- Erwachsene sollten alle 10 Jahre im Zuge einer Auffrischungsimpfung gegen Tetanus und Diphtherie auch eine Keuchhusten-Auffrischung erhalten.
- Die Nachholung einer Grundimmunisierung noch nicht Geimpfter sowie die Komplettierung einer unvollständigen Impfserie ist bis ins hohe Alter möglich.
Impfempfehlung für Schwangere
Die Ständige Impfkommission empfiehlt seit August 2020 ausdrücklich die Impfung gegen Keuchhusten für Frauen ab der 28. Schwangerschaftswoche. Bei einem erhöhten Risiko für Frühgeburten soll die Impfung ins 2. Schwangerschaftsdrittel vorgezogen werden.
Dabei solle ein Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis (Tdap-IPV) wie Covaxis, Boostrix, Boostrix-Polio oder Repevax verwendet werden. Die Impfung ist für jede Schwangerschaft und unabhängig vom Abstand zu einer vorherigen Impfung gegen Keuchhusten empfohlen.
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen der unterschiedlichen Keuchhusten-Impfstoffe bleiben in aller Regel auf harmlose Reaktionen wie Rötungen oder Schwellungen an der Injektionsstelle begrenzt. Zuweilen äußert sich eine Impfreaktion mit erkältungsähnlichen Beschwerden und einem leichten Krankheitsgefühl, erhöhter Reizbarkeit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen sowie Durchfall und Erbrechen. Wenn diese Symptome nach 1 bis 3 Tagen nicht abklingen, sollte eine ärztliche Untersuchung die Ursache klären.
Es gibt Berichte über Einzelfälle, bei denen nach der Keuchhusten-Impfung von Erwachsenen Beeinträchtigungen des Nervensystems beschrieben wurden. Das können vorübergehende Lähmungen sein, aber auch Übererregbarkeit, Erschöpfung oder fortschreitende Ausfälle von Nervenfunktionen, die schlimmstenfalls Lähmungen hervorrufen (inklusive Atemlähmung).
Autor: Charly Kahle
Stand: 26.10.2021