Kawasaki-Syndrom

Fieber, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung und Erdbeerzunge bei kleinen Kindern: Einige der Symptome des seltenen Kawasaki-Syndroms lassen zunächst an eine Kinderkrankheit wie Scharlach denken. Anders als bei einem klassischen Infekt können Kinder das Kawasaki-Syndrom aber nicht einfach zu Hause auskurieren: Die Behandlung muss unbedingt im Krankenhaus erfolgen, um Schäden am Herz vorzubeugen.

Synonyme

Mukokutanes Lymphknotensyndrom, Kawasaki-Erkrankung, Kawasaki-Krankheit

Definition: Was ist das Kawasaki-Syndrom?

Kawasaki-Syndrom

Das Kawasaki-Syndrom ist eine selten auftretende akute Gefäßentzündung (Vaskulitis) der kleinen und mittleren Blutgefäße bei Kindern im Alter zwischen einem und acht Jahren. Erkrankte Kinder müssen im Krankenhaus überwacht und behandelt werden, um akuten Herzkomplikationen und schwerwiegenden Folgeschäden an den Herzkranzgefäßen vorzubeugen. Bei rechtzeitiger Diagnose und richtiger Behandlung gesunden die meisten Kinder vollständig.

Das Kawasaki-Syndrom wurde als mukokutanes Lymphknotensyndrom erstmals 1967 von einem japanischen Kinderarzt beschrieben und später nach diesem benannt. Ursprünglich wurde die Krankheit als mukokutanes Lymphknotensyndrom bezeichnet.

Kawasaki-Syndrom im Überblick

Symptome: Für das Kawasaki-Syndrom typisch ist die Kombination von hohem Fieber mit Hautausschlag, Bindehautentzündung, Erdbeerzunge, geschwollenen Händen und Füßen sowie meist einseitigen starken Lymphknotenschwellungen am Hals.

Ursachen: Die Ursache des Kawasaki-Syndroms ist bislang ungeklärt. Medizinforscher vermuten, dass es sich um eine Überreaktion des Immunsystems auf eine vorangegangene virale oder bakterielle Infektion handeln könnte.

Behandlung: In der medikamentösen Therapie von Kawasaki-Syndrom werden vor allem Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) und Immunglobuline angewendet, um Herzkomplikationen infolge von Thrombosen sowie Aneurysmen (Gefäßaussackungen) vorzubeugen.

Prognose: Bei den meisten Kindern heilt die Erkrankung vollständig aus. Bei einem Viertel der unbehandelten Fälle und etwa fünf Prozent der behandelten Kinder bleiben jedoch Veränderungen an den Herzkranzgefäßen zurück, die zu einer Herzerkrankung führen können. Diese Kinder müssen bis ins Erwachsenenalter intensiv kardiologisch betreut werden.

Kawasaki-Syndrom: Häufigkeit

Das Kawasaki-Syndrom ist in Japan besonders häufig: Hier erkranken unterschiedlichen Angaben zufolge jährlich etwa 150 bis 240 von 100.000 Kindern, die jünger als fünf Jahre alt sind.

Über die Häufigkeit des Kawasaki-Syndroms in Deutschland finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben. In der Leitlinie Kawasaki-Syndrom beziffern die zuständigen Fachgesellschaften die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen (Inzidenz) bei Kindern unter fünf Jahren mit 7,2 je 100.000 Einwohner.

In absoluten Zahlen: Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 500 Kinder. Die meisten von ihnen sind zwischen einem und vier Jahre alt. Jüngere oder ältere Kinder erkranken nur sehr selten. Jungen sind häufiger betroffen: Das Geschlechterverhältnis von Jungen zu Mädchen liegt bei etwa 3:2.

In Deutschland leben einige Tausend Kinder mit Herzkomplikationen als Folge des Kawasaki-Syndroms.

Kawasaki-Syndrom: Symptome

Die Kawasaki-Erkrankung führt zu hohem Fieber, das mindestens fünf Tage anhält, und einer typischen Kombination von Symptomen. Dazu gehören:

  • Geschwollene und gerötete Füße und Hände, nach zehn bis zwölf Tagen dann Hautabschälungen an Zehen und Fingern
  • Hautausschlag (Exanthem) an Bauch und Rücken
  • Trockene Bindehautentzündung (Konjunktivitis) in beiden Augen
  • Stark gerötete, trockene Lippen (sogenannte Lacklippen), gerötete, geschwollene Zunge („Erdbeerzunge“)
  • Stark geschwollene Lymphknoten am Hals, meist einseitig

Bei Fieber ungeklärter Ursache mit nur zwei bis drei der oben genannten Symptome sprechen Ärzte von einem inkompletten Kawasaki-Syndrom.

Zudem wird das Kawasaki-Syndrom mitunter von unspezifischen Symptomen begleitet. Dazu zählen unter anderem:

Wie verläuft das Kawasaki-Syndrom?

Das Kawasaki-Syndrom verläuft in drei Phasen:

  • Akute Phase (drei bis sechs Tage): hohes Fieber und Entwicklung der typischen Symptome
  • Subakute Phase (zwei bis vier Wochen): Abklingen der meisten Symptome, Auftreten der charakteristischen Hautabschälungen an den Fingern und Zehen, erhöhte Konzentration von Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut
  • Genesungsphase (Wochen bis Monate): Abgeschlagenheit und verminderte körperliche Belastbarkeit

Komplikationen: gefährliche Veränderungen an den Herzkranzgefäßen

Während der subakuten Phase des Kawasaki-Syndroms entwickelt sich häufig eine Gefäßentzündung im Bereich der Herzkranzgefäße. Das kann dazu führen, dass sich die Herzkranzgefäße verengen oder aufweiten. In Kombination mit der verstärkten Gerinnungsneigung (erhöhte Thrombozytenzahl) sind daher die folgenden Komplikationen möglich:

  • Bei verengten Herzkranzgefäßen können Thrombosen zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels bis zum Herzinfarkt führen.
  • Aufgeweitete Herzkranzgefäße können sich zu ballonartigen Ausbuchtungen entwickeln, sogenannten Aneurysmen, die ebenfalls die Durchblutung des Herzmuskels gefährden.

Ursachen: Wie entsteht das Kawasaki-Syndrom?

Die genaue Ursache des Kawasaki-Syndroms ist nicht bekannt. Medizinforscher gehen von einer Kombination mehrerer Ursachen aus. Am wahrscheinlichsten erscheint aktuell die Kombination von genetischer Veranlagung mit viralen oder bakteriellen Infektionen, auf die das Immunsystem mit einer überschießenden Reaktion antwortet.

Für eine genetische Veranlagung spricht, dass das Kawasaki-Syndrom in Japan gehäuft in Familien (Kinder, Eltern oder Geschwister) auftritt. Für die Hypothese der auslösenden Infekte spricht, dass japanische Forscher einen klaren Zusammenhang der Häufigkeit von Kawasaki-Syndrom und lokalen Infektionswellen haben nachweisen können. Ein weiterer Anhaltspunkt ist, dass das Kawasaki-Syndrom nur in einem Alter auftritt, in dem Kinder die meisten Infekte durchmachen.

Ist das Kawasaki-Syndrom vererbbar?

Das Kawasaki-Syndrom ist nicht direkt vererbbar, aber in der medizinischen Fachliteratur wird eine erbliche Veranlagung diskutiert, zu der allerdings noch ein äußerer Auslöser wie eine Infektion kommen muss.

Ist das Kawasaki-Syndrom ansteckend?

Das Kawasaki-Syndrom selbst ist nicht ansteckend, könnte jedoch bei entsprechend empfänglichen Kindern durch die Ansteckung mit Viren oder Bakterien getriggert werden.

Können Erwachsene das Kawasaki-Syndrom bekommen?

Das Kawasaki-Syndrom ist eine Erkrankung, die fast nur Kleinkinder betrifft. Die Fachliteratur berichtet aber auch von vereinzelten Erkrankungen bei Erwachsenen, meist im Alter zwischen 18 und 30 Jahren.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kawasaki-Syndrom und dem Covid-19-Virus?

Während der Corona-Pandemie traten bei Kindern nach einer Infektion mit dem Covid-19-Virus vereinzelt schwere Entzündungsreaktionen auf, die dem Kawasaki-Syndrom ähnelten. Aufgrund von Unterschieden im Krankheitsverlauf und bei Alter und ethnischer Zugehörigkeit der erkrankten Kinder wird die Erkrankung jedoch inzwischen als neuartiges, eigenständiges Krankheitsbild angesehen. Sie trägt den Namen multisystemisches Entzündungssyndrom bei Kindern (englisch multisystem inflammatory syndrome in children, abgekürzt MIS-C). Sowohl MIS-C als auch das Kawasaki-Syndrom scheinen jedoch durch eine überschießende Immunreaktion auf Krankheitserreger hervorgerufen zu werden.

Untersuchungen: Wie diagnostiziert man Kawasaki-Syndrom?

Das Kawasaki-Syndrom wird ausschließlich anhand der typischen Symptom-Kombination diagnostiziert. Spezifische Laborbefunde, die die Diagnose unterstützen könnten, gibt es nicht.

Entscheidend für die Beurteilung des Risikos von Herzkomplikationen sind regelmäßige Ultraschalluntersuchungen des Herzens. Bei Verdacht auf Gefäßverengungen, Gefäßaufweitungen oder Aneurysmen der Herzkranzgefäße werden weitere bildgebende Verfahren (Magnetresonanztomografie, Computertomografie, Koronarangiografie) eingesetzt.

Werden Veränderungen der Herzkranzgefäße diagnostiziert, muss deren Entwicklung langfristig beobachtet werden.

Behandlung: Was tun bei Kawasaki-Syndrom?

Am Kawasaki-Syndrom erkrankte Kinder werden für die Behandlung und kardiologische Beobachtung in ein Krankenhaus eingewiesen. Die Behandlung dient der Vorbeugung von Herzkomplikationen.

Welche Medikamente gegen Kawasaki-Syndrom

In der medikamentösen Therapie von Kawasaki-Syndrom werden vor allem Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) und Immunglobuline angewendet.

  • Die Gabe von hoch dosierter Acetylsalicylsäure während der Akutphase verringert das Thromboserisiko. Später wird die Behandlung mit niedriger Dosis für sechs bis acht Wochen fortgesetzt, bis sich die Thrombozytenzahl im Blut normalisiert hat.
  • Intravenöse Infusionen von hoch dosiertem Immunglobulin dienen dazu, das Risiko von Aneurysmen zu verringern. In der Regel erhalten Erkrankte innerhalb der ersten sieben Tage einmalig die für das jeweilige Alter geltende Höchstdosis. Bei anhaltendem oder wiederkehrendem Fieber wird die Immunglobulin-Therapie mit bis zu zwei weiteren Dosen fortgesetzt.
  • In schweren Fällen werden außerdem entzündungshemmende Glucocorticoide eingesetzt.

Was sind Immunglobuline?

Immunglobuline sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Es handelt sich um Eiweiße, die als Antikörper gegen Viren oder Bakterien wirken. Der wichtigste Antikörpertyp ist das Immunglobulin G (IgG). Warum die Gabe von Immunglobulinen bei Kawasaki-Syndrom die Gefäße schützt, ist bislang nicht hinreichend erforscht.

Antikörper-Medikament gegen Kawasaki-Syndrom

Seit einiger Zeit steht als weitere Behandlungsmöglichkeit ein Antikörpermedikament namens Infliximab zur Verfügung, das ebenfalls antientzündlich wirkt,vor Herzschädigung schützt und in bestimmten Fällen zusätzlich eingesetzt werden kann.

Prognose: Ist das Kawasaki-Syndrom heilbar?

Das Kawasaki-Syndrom klingt grundsätzlich auch ohne Behandlung ab. Aber: Unbehandelt bleiben bei etwa jedem vierten erkrankten Kind schwere Schäden an den Herzkranzgefäßen zurück. Eine rechtzeitige, konsequente Behandlung ist daher unbedingt notwendig, um das Herz zu schützen.

Wie gefährlich ist das Kawasaki-Syndrom?

Auch wenn die meisten Kinder mit Kawasaki-Syndrom nach einigen Wochen vollständig gesunden, bleiben bei etwa fünf Prozent der erkrankten Kinder trotz Behandlung dauerhafte Veränderungen der Herzkranzgefäße wie Aneurysmen oder Verengungen zurück. Damit ist das Kawasaki-Syndrom in den westlich geprägten Ländern die häufigste Ursache einer erworbenen Herzerkrankung bei Kindern.

Mediziner vermuten, dass Gefäßveränderungen sogar noch entstehen können, wenn die Erkrankung bereits ausgeheilt ist. Daher werden auch genesenen Kinder längerfristig, nicht selten bis ins Erwachsenenalter, regelmäßig kardiologisch untersucht.

Spätfolgen: erhöhte Wahrscheinlichkeit für Thrombosen und Herzinfarkt

Durch ein Kawasaki-Syndrom entstandene Aneurysmen bilden sich in etwa der Hälfte der Fälle vollständig zurück. Bei einem weiteren Viertel reduziert sich zumindest ihre Größe. Große bleibende Aneurysmen stellen ein erhebliches Risiko für einen Herzinfarkt dar, da im Bereich der Gefäßausbuchtungen häufig Thrombosen entstehen oder die Gefahr einer Aneurysmablutung besteht. Eine Operation zu ihrer Entfernung kann erwogen werden.

Welcher Arzt nach Kawasaki-Syndrom?

Kinder mit Gefäßveränderungen müssen regelmäßig von einem Kinderkardiologen untersucht werden, um so früh wie möglich auf sich abzeichnende Verschlechterungen reagieren zu können.

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)

Stand: 08.11.2023

Quelle:
  1. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie et al.: Leitlinie Kawasaki-Syndrom (2020), zuletzt abgerufen 1. November 2023
  2. S. Agarval & D.K. Agraval: Kawasaki Disease: Etiopathogenesis and Novel Treatment Strategies. Expert Review of Clinical Immunology (2017), zuletzt abgerufen 1. November 2023
  3. COVID-19: Berichte über Kawasaki-Syndrom bei Kindern. Ärzteblatt (2020), zuletzt abgerufen 1. November 2023
  4. A.V. Marzano et al.: Multisystemisches Entzündungssyndrom bei Kindern im Zusammenhang mit COVID-19: Eine Übersichtsarbeit mit besonderem Augenmerk auf mukokutanen und Kawasaki-Syndrom-ähnlichen Befunden. Kompass Dermatologie (2021), zuletzt abgerufen 1. November 2023
  5. H.E. Ulmer: Das Kawasaki-Syndrom – Die häufi gste erworbene Herzerkrankung im Kindesalter. Herzblatt (Hrsg. Deutsche Herzstiftung) (2019), zuletzt abgerufen 1. November 2023
  6. Gelbe Liste  – Informationen für Fachkreise: Kawasaki-Syndrom, zuletzt abgerufen 6. November 2023
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