Haemophilus influenzae Typ b

Haemophilus influenzae Typ b (Hib) ist ein Bakterium, das vor allem Kleinkindern sehr gefährlich werden kann. Es verursacht Infektionen im Nasen- und Rachenraum, die sich ausweiten und mitunter sogar tödlich verlaufen. Seit Einführung der Schutzimpfung ist die Zahl der Todesfälle durch Haemophilus influenzae Typ b stark zurückgegangen.

Synonyme

Hib-Infektion

Definition

Haemophilus influenzae Typ b

Wer nicht schon einmal mit einem Kind zu den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt war, fragt sich wahrscheinlich: Was ist Haemophilus influenzae Typ b? Mit Influenza, also der Grippe, hat der Begriff jedenfalls nichts zu tun. Früher ging man fälschlicherweise davon aus, dass das Bakterium für die „echte Grippe“ verantwortlich war - daher auch der Name. Heute ist allgemein bekannt, dass Influenza durch Viren verursacht wird.

Lange Zeit fürchteten sich Eltern vor den lebensbedrohlichen Infektionen mit Haemophilus influenzae Typ b. Vor Einführung der Schutzimpfung (in Deutschland seit 1990 von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfohlen) steckte sich jedes 500. Kleinkind mit dem Hib-Erreger an. Vor Einführung der Impfung erkrankten schätzungsweise mehr als 8 Millionen Kinder an einer Hib-Infektion, viele von ihnen starben an Komplikationen.

Häufigkeit

In Deutschland sind Todesfälle durch Hib-Infektionen mittlerweile vergleichsweise selten. In Deutschland verzeichnete das Robert-Koch-Institut (RKI) im Jahr 2018 35 Todesfälle bei 851 gemeldeten Erkrankungen. Eines der Todesopfer war ein Frühgeborenes, insgesamt aber lag das Durchschnittsalter der Todesopfer bei 84,5 Jahren.

Weltweit hingegen ist Haemophilus influenzae Typ b gerade für kleine Kinder noch immer eine ernst zu nehmende Bedrohung. Noch im Jahr 2000 starben mindestens 371.000 Kinder im Alter bis zu 5 Jahren an den Folgen der Infektion. Die Zahlen gingen erst zurück, nachdem 136 Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2008 eine Schutzimpfung gegen Haemophilus influenzae Typ b einführten. Danach sank die Zahl der Todesfälle auf 203.000. Diese immer noch recht hohe Anzahl könnte durch flächendeckende Hib-Schutzimpfungen weiter verringert werden.

Symptome

Kommt es zu einer Hib-Infektion, folgt nach einer Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zu den ersten Beschwerden) von zwei bis fünf Tagen ein fieberhafter Infekt des Nasen-Rachen-Raums. Typisch sind akute Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündungen und Mittelohrentzündungen mit den entsprechenden Symptomen. Fieber, allgemeine Schwäche, Kopf- und Gliederschmerzen gehören zu den Begleitbeschwerden. Jetzt sind rasche ärztliche Hilfe und eine schnelle Antibiotikagabe gefragt, um Komplikation zu vermeiden.

Komplikationen

Die gefürchtetsten Komplikationen nach einer Infektion mit Haemophilus influenzae Typ b sind Kehldeckelentzündung (Epiglottitis), Hirnhautentzündung (Meningitis), Herzmuskelentzündung (Myokarditis) und Blutvergiftung (Sepsis). Ohne schnelle und effiziente Antibiotika-Behandlung verlaufen diese Komplikationen häufig tödlich. Und selbst mit einer raschen Therapie sind Todesfälle oder schwere, lebenslang andauernde Behinderungen nicht ausgeschlossen.

Erstickungstod durch Kehldeckelentzündung

Eine häufige durch Hib verursachte Infektion ist die Kehldeckelentzündung. Der Kehldeckel schließt beim Schlucken die Luftröhre und verhindert so, dass Nahrungsbestandteile in die Atemwege gelangen. Eine Epiglottitis, wie Mediziner die Kehldeckelentzündung nennen, entwickelt sich meist innerhalb weniger Stunden. Betroffen sind üblicherweise Kinder zwischen 2 und 6 Jahren. Erwachsene erkranken eher selten daran.

Eine sich ausbreitende Hib-Infektion kann eine starke Schwellung der Kehldeckelschleimhaut verursachen. Das äußert sich mit starken Halsschmerzen und lauten Atemgeräuschen. Akute körperliche Schwäche sowie hochschnellendes Fieber sind weitere Symptome. Die Kinder sprechen heiser und so, als ob sie eine große, heiße Kartoffel im Mund hätten (kloßige Sprache). Das Schlucken fällt schwer und der Speichel läuft aus dem Mund. Zudem mögen die Kinder oft weder liegen noch stehen. Häufig sitzen sie mit geöffnetem Mund und leicht heraushängender Zunge. Ohne rasche medizinische Hilfe in Form von künstlicher Beatmung und Antibiotika droht ihnen bei Kehldeckelentzündung der Erstickungstod.

Bleibende Schäden nach Hirnhautentzündung

Eine weitere gefürchtete und lebensbedrohliche Komplikation nach einer Infektion mit Haemophilus influenzae Typ b ist die Hirnhautentzündung bzw. Meningitis. Charakteristische Symptome sind hohes Fieber, starke Kopfschmerzen, Bewusstseinseintrübungen, Erbrechen und Krämpfe sowie Überempfindlichkeit gegen Berührung, Geräusche und Licht. Wenn sich nun auch die Muskulatur des Nackens versteift, ist die Hirnhautentzündung oft schon weit fortgeschritten. Spätestens jetzt sollte der Rettungsdienst alarmiert und mit einer sofortigen Antibiotikagabe begonnen werden.

Ohne Therapie verlaufen bis zu 80 Prozent der durch Haemophilus influenzae Typ b verursachten Hirnhautentzündungen tödlich. Selbst bei schneller antibiotischer Behandlung liegt die Sterblichkeitsrate zwischen 5 bis 10 Prozent. 3 bis 5 Prozent der Kinder behalten nach der Genesung bleibende Schäden des Nervensystems. Dazu zählen insbesondere Verzögerungen in der geistigen Entwicklung, Sprachbehinderungen, der Verlust des Hörvermögens, psychomotorische Störungen und die Entwicklung eines Krampfleidens (Epilepsie). Die Kinder bleiben lebenslang schwer- oder schwerstbehindert.

Funktionseinschränkungen nach Herzmuskelentzündung

Haemophilus influenzae Typ b-Bakterien können auch den Herzmuskel befallen und zu einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) führen. Anfangs dominieren allgemeine Symptome wie körperliche Schwäche, Müdigkeit, grippeähnliche Symptome und Fieber. Erst bei ausgeprägtem Hib-Befall kommt es zu Herzrhythmusstörungen, Brustschmerzen und Atemnot. Verschlechtert sich der Allgemeinzustand, bricht oft der Kreislauf zusammen und es entwickelt sich ein Schockzustand. In diesem Stadium kann nur eine rasche Therapie auf einer Intensivstation den Tod durch Herzversagen abwenden. Mitunter bleiben aber auch nach frühzeitigem Behandlungsbeginn Spätfolgen in Form von Funktionseinschränkungen bestehen. Selten kann nach überstandener Erkrankung eine Herztransplantation erforderlich sein.

Tod durch Blutvergiftung

Überschwemmen Haemophilus influenzae Typ b-Bakterien die Blutbahn, ist die Gefahr einer Blutvergiftung (medizinisch: Sepsis) hoch. Typische Symptome sind schnell ansteigendes, hohes Fieber, oft begleitet von Schüttelfrost, sinkender Blutdruck und rasender Puls. Die Haut wird kaltschweißig und das Blut gerinnt schneller. Blutgefäße verstopfen dadurch und die Organe werden nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Der Allgemeinzustand verschlechtert sich rapide. Kurzatmigkeit, Verwirrtheit, Bewusstseinsverlust und Schock folgen. Ein Versagen aller lebenswichtigen Organe (Multiorganversagen) droht. Ohne rasche Behandlung liegt die Sterblichkeitsrate bei 60 bis 90 Prozent. Aber auch nach einer frühzeitig eingeleiteten intensivmedizinischen Therapie bleibt noch eine beachtliche Zahl an tödlich verlaufenden Erkrankungen.

Ursachen

Haemophilus influenzae Typ b ist ein gramnegatives Bakterium. Es wird durch sogenannte Tröpfcheninfektion, beispielsweise durch Niesen oder Husten übertragen, seltener auch durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch (Schmierinfektion). Üblicherweise siedelt sich das Bakterium in Schleimhäuten von Mund, Nase und Rachen an. In geringer Population kann Haemophilus influenzae Typ b auch bei gesunden Menschen nachgewiesen werden. Bei großer Keimzahl und/oder geschwächtem körpereigenen Abwehrsystem verursachen die Haemophilus influenzae Typ b-Bakterien Infektionen.

An einer Infektion mit Haemophilus influenzae Typ b-Bakterien erkranken in bis zu 95 Prozent aller Fälle Kinder vor dem vollendeten 5. Lebensjahr, später sinkt die Erkrankungshäufigkeit drastisch. Eine Hib-Erkrankung vor dem 3. Lebensmonat ist ebenfalls relativ selten.

Untersuchung

Anamnese und klinische Symptome geben bei Infektionen mit Hib-Bakterien erste Hinweise. Um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen, müssen Haemophilus influenzae Typ b-Bakterien im Labor nachgewiesen werden. Untersuchungsmaterialien sind, je nach Ort der Infektion, Nasensekret, Rachenabstrich, Auswurf (Sputum), Blut oder Nervenwasser (Liquor).

Behandlung

Bei Verdacht auf eine Haemophilus influenzae Typ b-Infektion sollte umgehend eine stationäre Einweisung auf eine intensivmedizinische Abteilung erfolgen. Eine sofort eingeleitete Antibiotikabehandlung ist von entscheidender Bedeutung für die Prognose bzw. den Heilungsverlauf.

Antibiotikaresistenzen erschweren die Therapie

Bis vor wenigen Jahren sprachen die meisten Hib-Bakterien gut auf eine Behandlung mit Antibiotika an. Das ändert sich leider fortlaufend. Immer mehr Haemophilus influenzae Typ b-Stämme reagieren gar nicht oder nur unzureichend auf antibiotisch wirkende Medikamente. Diese Antibiotikaresistenzen werden mittlerweile zu einem ernsthaften Problem, das die Hib-Therapie zunehmend erschwert.

Antibiotika, die bei Haemophilus influenzae Typ b-Infektionen in Frage kommen, sind Aminopenicilline wie Amoxicillin (auch in Kombination mit Clavulansäure), Cephalosporine wie Cefaclor, Cefixim, Cefotaxim und Cefuroxim. Alternativ ist die Gabe von Chinolonen wie Ciprofloxacin und Levofloxacin oder Makroliden wie Azithromycin und Roxithromycin möglich.

Vorbeugung und Impfung

Den besten Schutz vor Haemophilus influenzae Typ b-Infektionen bietet eine Impfung.

Hib-Impfung

Die Hib-Impfung wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) ausdrücklich empfohlen. Der Impfschutz gilt als sehr zuverlässig. Nach vollständiger und ordnungsgemäßer Impfserie ist eine Schutzwirkung von etwa 95 Prozent zu erwarten.

Impfschema

Für einen effektiven Schutz sollte die Impfung frühzeitig beginnen und schnell abgeschlossen werden. Laut der im August 2020 aktualisierten Empfehlung der STIKO erhalten Säuglinge mit 2 und 4 Monaten die ersten beiden Impfungen. Die 3. Impfung wird für den 11. Lebensmonat empfohlen, soll aber wenigstens 6 Monate nach der 2. Impfung erfolgen.

Für Frühgeborene empfiehlt die STIKO eine zusätzliche Impfstoffdosis im Alter von 3 Monaten, insgesamt also 4 Impfstoffgaben.

Nach dem 6. Lebensjahr ist die Hib-Impfung nur noch in Ausnahmefällen sinnvoll. Die Schutzimpfung wird außerdem für Kinder, Jugendliche und Erwachsene empfohlen, die keine oder eine nicht ausreichend funktionsfähige Milz besitzen.

Impfstoffe

Üblicherweise werden Kombinationsimpfstoffe verwendet, die neben der Hib-Komponente noch andere Impfstoffe wie gegen Diphtherie, Tetanus, Hepatitis B, Kinderlähmung (Poliomyelitis) oder Keuchhusten enthalten. Wird ein Impfstoff ohne Komponente gegen Keuchhusten gewählt, entfällt die zweite Impfdosis im Alter von 3 Monaten.

Impfung gut verträglich

Der Impfstoff gegen Hib ist ein Totimpfstoff. Er wird von den meisten Kindern sehr gut vertragen. Gelegentlich kommt es zu leichten Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle. Ferner sind Schmerzen am Ort der Injektion und kurzzeitig geschwollene Lymphknoten möglich. Selten können auch Hautausschläge und grippeähnliche Symptome beobachtet werden.

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