Glioblastom
Das Glioblastom ist die häufigste bösartige Form des Gehirntumors beim Menschen. Die Erkrankung tritt meist zwischen dem 50. und 75. Lebensjahr auf und schreitet schnell fort. Männer sind häufiger befallen als Frauen. Lesen Sie mehr über Symptome, Verlauf und Lebenserwartung.
Synonyme
Glioblastoma multiforme, Astrozytom Grad IV
Definition: Was ist ein Glioblastom?
Ein Glioblastom ist eine bösartige Wucherung (Tumor) des Hirngewebes, die vor allem Menschen im mittleren und höheren Lebensalter betrifft. Der aggressive Tumor entwickelt sich aus dem Stützgewebe des Gehirns, den sogenannten Gliazellen. Meist nimmt die Erkrankung dort ihren Ausgang. In diesen Fällen sprechen Mediziner von Primärtumoren. Sekundäre Glioblastome entwickeln sich aus bereits bestehenden Tumoren und bilden damit das Endstadium einer bereits seit Längerem bestehenden Tumorerkrankung.
Glioblastome können in allen Hirnregionen auftreten. Die Ursachen für die Entstehung von Glioblastomen sind weitestgehend unbekannt.
Wie schnell entwickelt sich ein Glioblastom?
Laut WHO ist das Glioblastom ein Tumor Grad IV: Tumoren dieses Grades gelten als bösartig und schnell wachsend. Die Zellen von Glioblastomen teilen sich sehr oft und sehr schnell. Zudem bilden Glioblastome neue Blutgefäße, mit denen sie sich ernähren. Glioblastome wachsen innerhalb weniger Wochen oder Monate ohne klare Abgrenzung (diffus) ins umliegende Gewebe ein.Die Heilungsaussichten (Prognose) sind gering.
Ist ein Glioblastom heilbar?
Ein Glioblastom wird durch eine Kombination von Operation, Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Heilbar sind Glioblastome dennoch nicht. Auch nach einer erfolgreichen Therapie kommt es meist schon innerhalb eines Jahres zu einem Rückfall.
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 56 Jahren. In sehr seltenen Fällen können auch Kinder und junge Menschen ein Glioblastom entwickeln. Menschen mit Glioblastom haben im Durchschnitt eine Lebenserwartung von maximal 2 Jahren. Nur bis zu 10 Prozent leben länger als 5 Jahre nach der Diagnosestellung.
Häufigkeit von Glioblastomen
In Deutschland erkranken etwa 4.800 Menschen pro Jahr an einem Glioblastom. Studien geben die Häufigkeit (Inzidenz) mit jährlich 5 bis 7 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner an. Männer sind etwa 1,6-mal häufiger als Frauen betroffen. Glioblastome machen ca. 80 Prozent aller bösartigen Gehirntumoren aus. Bezogen auf alle Hirntumoren (gutartige und bösartige) liegt ihr Anteil bei etwa 10 Prozent.
Glioblastom: Symptome
Oft wächst ein Glioblastom über lange Zeit unbemerkt, bis es plötzlich Symptome verursacht, die sich innerhalb von kurzer Zeit verschlimmern. Bei der Diagnosestellung hat der Tumor häufig schon einen Durchmesser von 2 cm und mehr.
Die konkreten Beschwerden können vielfältig sein. Sie hängen von der Gehirnregion ab, die der Tumor erfasst hat. Die Bandbreite der Symptome umfasst starke Kopfschmerzen, Gangunsicherheit und Lähmungen, Störungen der Sinneswahrnehmung, Vergesslichkeit und Konzentrationsmangel bis hin zu Wesensveränderungen mit Reizbarkeit und Teilnahmslosigkeit oder Depressionen.
Was sind Warnzeichen für ein mögliches Glioblastom?
Die folgenden Beschwerden können Warnzeichen für einen bösartigen Hirntumor sein und sollten schnellstmöglich abgeklärt werden:
- Häufige und starke Kopfschmerzen, die vor allem nachts und morgens auftreten
- Übelkeit und Erbrechen
- Gleichgewichtsstörungen, Schwindelgefühle
- Benommenheit, Ohnmacht
- Vergesslichkeit, Konzentrationsschwäche, mangelnde Aufmerksamkeit und Denkstörungen
- Epileptische Anfälle
- Koordinationsstörungen
- Lähmungserscheinungen
- Empfindungsstörungen bei Berührung, Kälte oder Hitze
- Störungen beim Sehen, Hören, Sprechen, Schlucken
- Veränderungen der Persönlichkeit, Aggressivität, Antriebslosigkeit, Ängstlichkeit, Desorientierung
- Müdigkeit und allgemeine Abgeschlagenheit: Fatigue-Syndrom
Ursachen: Wie entsteht ein Glioblastom?
Die Ursachen des Glioblastoms liegen im Dunkeln. Der einzige gesicherte Risikofaktor ist eine frühere Bestrahlung des Kopfes mit ionisierender Strahlung, z. B. durch Röntgen oder im Rahmen einer medizinischen Strahlentherapie. Ein möglicher Einfluss von Radiofrequenzstrahlung durch mobile Telefone und Mobilfunknetze wird immer wieder einmal behauptet. Bislang gibt es dafür aber keine Belege.
Ist ein Glioblastom erblich?
Neue wissenschaftliche Forschungen befassen sich verstärkt mit genetischen Risikofaktoren. So konnten Genmutationen im Zusammenhang mit Glioblastomen identifiziert werden. Zwar treten die bösartigen Tumoren häufiger in Verbindung mit einigen seltenen Erbkrankheiten wie dem Li-Fraumeni-Syndrom oder dem Turcot-Syndrom auf, dennoch spielt familiäre Vererbung als Glioblastom-Ursache nach Ansicht der Fachleute praktisch keine Rolle.
Untersuchung: Wie wird ein Glioblastom festgestellt?
Bei den Untersuchungsmethoden zur Diagnose von Glioblastomen sind bildgebende Verfahren von größter Bedeutung. Um den Hirntumor nachzuweisen, werden Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) eingesetzt. Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) dient dazu, den Stoffwechsel im erkrankten Hirngewebe zu untersuchen und Glioblastome von anderen Tumorarten zu unterscheiden. Gewebeentnahmen (Biopsien) sichern die Diagnose von Glioblastomen endgültig.
Glioblastom: Behandlung
Die Behandlung von Glioblastomen kombiniert die operative Entfernung des Tumors (sofern möglich) mit Strahlen- und Chemotherapie. Die Operation sollte schnellstmöglich nach der Diagnosestellung erfolgen. Je vollständiger die Entfernung, desto besser sind die Aussichten für die verbleibende Lebenserwartung. Heilen lassen sich Glioblastome nicht, aber schnelle Diagnose und sofortige Therapie verbessern die Prognose.
Strahlentherapie gegen Glioblastom
Mit einer Glioblastom-Operation allein lassen sich nicht alle Tumorzellen entfernen. Deshalb folgt auf die OP standardmäßig eine Strahlentherapie. Bei der Strahlentherapie wird das Gewebe im Umfeld des entnommenen Tumors millimetergenau mit hochenergetischer Röntgenstrahlung beschossen. Moderne Strahlentherapie zerstört krankes Gewebe und schont gesundes Gewebe.
Strahlentherapien nach einer Glioblastom-OP dauern mindestens 6 Wochen. Dabei werden die Patientinnen und Patienten in der Regel bis zu 5-mal pro Woche bestrahlt.
Welche Chemotherapie bei Glioblastom?
Meist wird die Glioblastom-Behandlung durch eine Chemotherapie ergänzt. Dabei werden Wirkstoffe eingesetzt, die das Wachstum der Krebszellen hemmen (Zytostatika). Temozolomid ist das Standard-Therapeutikum in der Glioblastom-Chemotherapie. Andere Zytostatika sind Procarbazin, Lomustin (CCNU) und Vincristin. Die Wirkstoffe werden zuweilen auch kombiniert eingesetzt.
Glioblastom-Chemotherapie nach Stupp-Schema
Oft werden Strahlentherapie und Chemotherapie gleichzeitig begonnen. Bei der Radiochemotherapie nach dem Schweizer Mediziner Dr. Roger Stupp (Stupp-Schema) erfolgen die Bestrahlungen über insgesamt 6 Wochen, je 5 Tage pro Woche. Zusätzlich erhalten die Betroffenen während dieser Zeit täglich eine Chemotherapie mit Temozolomid. Nach einer vierwöchigen Pause schließt sich die sogenannte Erhaltungschemotherapie an, die bis zu 6 Behandlungseinheiten umfasst. Jede Behandlungseinheit dauert 28 Tage, wobei an den ersten 5 Tagen Temozolomid verabreicht wird.
Prognose: Wie lange kann man mit einem Glioblastom leben?
Ohne Therapie beträgt die mittlere Lebenserwartung bei einem Glioblastom etwa 3 Monate. Bei bestmöglicher Therapie lässt sich diese Spanne – berechnet auf den Durchschnitt aller Fälle - auf bis zu 2 Jahre ausdehnen. Bis zu 10 Prozent der Menschen mit Glioblastom überleben sogar 5 Jahre und länger.
Verschiedene Faktoren verbessern die Prognose: Je niedriger das Lebensalter und je besser der Allgemeinzustand, desto höher ist die Lebenserwartung. Zudem wirkt sich positiv aus, wenn der Tumor frühzeitig entdeckt und möglichst vollständig entfernt werden konnte, die Operation ohne Komplikationen verlief und nach der OP keine neurologischen Ausfälle wie Lähmungen auftreten.
Verlauf
Glioblastome (Grad 4 Hirntumor der WHO-Skala) sind derzeit nicht heilbar. Therapien tragen jedoch dazu bei, dass die Krankheit langsamer fortschreitet und die Lebenserwartung bei möglichst guter Lebensqualität verlängert werden kann. Allerdings kommt es in den meisten Fällen trotz Behandlung innerhalb eines Jahres zu einem erneuten Auftreten (Rezidiv) des Tumors.
Glioblastom: Vorbeugung ist nicht möglich
Der Entstehung eines Glioblastoms kann nicht vorgebeugt werden. Wird die Erkrankung jedoch früh erkannt, verbessern sich die Heilungsaussichten. Daher ist bei Verdacht auf einen Tumor eine schnelle Abklärung durch einen Arzt und eine schnellstmögliche Überweisung an einen Neurologen extrem wichtig.
Autor: Natasa Miokovic-Lutze, fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 06.03.2024
- Ärzteblatt: Behandlung von Gliomen im Erwachsenenalter
- Der Radiologe: MR-Spektroskopie bei Hirntumoren
- Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie: Intrakranielle Gliome
- Deutsche Tumorhilfe: Glioblastom
- Kompass Onkologie: Glioblastom - Epidemiologie, Prävention und Therapie
- Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie: Gliome
- Neuro-Oncology: The epidemiology of glioma in adults: a “state of the science” review
- Springer Medizin eMedpedia: Gliome des Erwachsenenalters
- Thieme Neurologie up2date: Neues zur Diagnostik und Therapie von Gliomen
- Dützmann S (2018), Basics Neurochirurgie. München: Urban & Fischer.
- Ostrom QT, Gittleman H, Xu J et al. CBTRUS Statistical Report: Primary Brain and Other Central Nervous System Tumors Diagnosed in the United States in 2009-2013. Neuro Oncol. 2016;18:v1-v75.