Fehlgeburt
Was löst eine Fehlgeburt aus? An welchen Anzeichen bemerkt man sie? Gibt es Warnsignale? In welcher Woche sind Fehlgeburten am häufigsten? Lesen Sie hier mehr über Fehlgeburten und ihre Ursachen.
Synonyme
Abort, Spontanabort, Abortus
Definition
Von einer Fehlgeburt (auch als Abort bezeichnet) sprechen Mediziner, wenn die Schwangerschaft vor Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche ungeplant endet. Da der Fötus in diesem Zeitraum noch nicht selbstständig lebensfähig ist, bedeutet eine Fehlgeburt immer den Tod des Ungeborenen.
Die Grenze zwischen Fehl- und Frühgeburt
Die normale Dauer einer Schwangerschaft beträgt 40 Wochen. Früher lag die Grenze zwischen Fehl- und Frühgeburt in der 23. Schwangerschaftswoche. Mittlerweile haben bereits einige in der 22. oder 21. Schwangerschaftswoche geborene Extrem-Frühchen überlebt. Dies hat dazu geführt, dass es zwischen der 21. und der 24. Schwangerschaftswoche nun eine Art Grauzone gibt. Nach den deutschen Leitlinien ist eine lebenserhaltende Therapie für Frühgeborene im Regelfall erst ab der 24. Schwangerschaftswoche anzustreben. Auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern ist eine auf Lebensverlängerung abzielende Behandlung von Frühgeborenen jedoch ab der 22. Schwangerschaftswoche möglich.
Früh- und Spätaborte
Etwa 80 Prozent aller Fehlgeburten sind sogenannte Frühaborte bis zur 12. Schwangerschaftswoche. In den weiteren Schwangerschaftswochen sinkt das Fehlgeburtsrisiko deutlich. Nach der 12. Schwangerschaftswoche auftretende Fehlgeburten werden Spätaborte genannt.
Verhaltene Fehlgeburt
Bei einer Fehlgeburt werden Fötus und Plazenta spontan aus der Gebärmutter ausgestoßen. Stirbt der Embryo im Mutterleib ab, ohne ausgestoßen zu werden, spricht man von einer verhaltenen Fehlgeburt (Missed Abortion). In diesem Fall muss die Gebärmutter möglichst zeitnah entleert werden. Dies geschieht durch eine Ausschabung (Kürettage). Zuweilen wird zuvor durch Medikamente eine Entbindung eingeleitet. Die Entscheidung über die Methode stimmen Mediziner in der Regel mit den Schwangeren ab.
Häufigkeit
Die genaue Häufigkeit von Fehlgeburten ist nicht bekannt, da Frühaborte nicht meldepflichtig sind und nicht jede sehr frühe Fehlgeburt überhaupt als solche erkannt wird. Schätzungen zufolge liegt die Häufigkeit von Fehlgeburten bei etwa 10 bis 15 Prozent aller nachgewiesenen Schwangerschaften.
Allerdings kann eine Schwangerschaft erst ab der fünften Schwangerschaftswoche sicher nachgewiesen werden. Da eine Fehlgeburt bei nicht nachgewiesener Schwangerschaft oft als verspätete Menstruationsblutung fehlgedeutet wird, liegt die tatsächliche Häufigkeit von Fehlgeburten mit Sicherheit über dem Prozentsatz der erkannten Fehlgeburten: Insgesamt endet wahrscheinlich mindestens jede fünfte, eventuell sogar jede dritte Schwangerschaft durch eine Fehlgeburt.
Fast jede zweite Frau erleidet in ihrem Leben eine oder mehrere Fehlgeburten
Eine große israelische Studie befragte mehr als 53.000 Gebärende bei der Aufnahme zur Entbindung nach vorangegangenen Fehlgeburten. 43 Prozent, also nahezu die Hälfte der Befragten, gab an, in ihrem Leben eine oder mehrere Fehlgeburten im ersten Drittel der Schwangerschaft erlitten zu haben.
Fehlgeburt: In welcher Woche am häufigsten?
80 Prozent aller Fehlgeburten treten bis zur 12. Schwangerschaftswoche auf. Einige Statistiken schlüsseln die Häufigkeit von Fehlgeburten zeitlich noch genauer auf. Diese Angaben beruhen jedoch auf nur wenigen kleineren Studien und sind daher nicht besonders aussagekräftig. Sicher ist jedoch, dass das Risiko einer Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft von Woche zu Woche sinkt. Etwa ab der 10. bis 15. Woche liegt die Fehlgeburtenrate zumindest für jüngere Frauen unterhalb von einem Prozent.
Fehlgeburtsrisiko in Abhängigkeit vom Alter
Studien geben das Fehlgeburtsrisiko für Frauen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren mit 8,9 Prozent an. Für Frauen über 40 steigt dieses Risiko auf 74,4, Prozent.
Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt nach vorangegangenen Fehlgeburten
Grundsätzlich ist es möglich und sogar recht wahrscheinlich, trotz einer oder mehrerer vorangegangener Fehlgeburten wieder schwanger zu werden und normal zu entbinden. Allerdings ist nach einer oder mehreren Fehlgeburten das Risiko weiterer Aborte etwas erhöht. Nach einer vorangegangenen Fehlgeburt steigt es auf 20 Prozent, nach zwei Fehlgeburten auf 28 und nach drei oder mehr Fehlgeburten auf 43 Prozent.
Wiederkehrende Aborte (habituelle Aborte) sind aber selten. In der Regel lassen sich ihre Ursachen herausfinden. Das eröffnet die Möglichkeit, die Ursachen durch eine geeignete Behandlung abzustellen und eine normale Schwangerschaft zu ermöglichen.
Symptome
Wie bemerkt man eine Fehlgeburt in der Frühschwangerschaft?
Mögliche Anzeichen einer Fehlgeburt oder einer drohenden Fehlgeburt sind krampfartige oder ziehende Unterbauchschmerzen, Schmerzen im unteren Rücken und Blutungen. Zur Abklärung solcher Symptome sollten Sie immer einen Gynäkologen aufsuchen.
Blutungen in der Schwangerschaft: Nicht immer eine Fehlgeburt
Nicht jede Blutung während der Schwangerschaft muss allerdings eine Fehlgeburt bedeuten. Die in der ersten Schwangerschaftswoche erfolgende Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut verursacht zum Beispiel häufig eine kleine Blutung, die sogenannte Nidationsblutung. Auch später kann es zu harmlosen Blutungen kommen. 20 bis 30 Prozent aller Schwangeren bluten in den ersten 20 Schwangerschaftswochen. Aber weniger als jede zweite dieser Schwangeren erleidet eine Fehlgeburt.
Blutungen und Schmerzen können außerdem Symptom einer Eileiterschwangerschaft oder einer anderen Form von Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (extrauterine Schwangerschaft) sein. Dies ist wiederum eine gefährliche Komplikation, die so früh wie möglich diagnostiziert werden sollte. Auch deshalb bedarf jede Blutung in der Schwangerschaft der ärztlichen Abklärung.
Fehlgeburt ohne Blutung
Andererseits verursacht nicht jede Fehlgeburt Blutungen oder Schmerzen. Bei verhaltenen Fehlgeburten äußert sich das Absterben des Fetus in der Gebärmutter öfter nur durch das Abklingen von Schwangerschaftssymptomen wie Brustspannen oder morgendlicher Übelkeit. Mit Verzögerung können dann Blutungen, trüber vaginaler Ausfluss, Fieber und Schüttelfrost hinzukommen.
Wie sieht das Blut bei einer Fehlgeburt aus?
Wie stark die Blutung ist und wie das Blut bei einer Fehlgeburt aussieht, hängt unter anderem davon ab, in welcher Schwangerschaftswoche der Abort auftritt. Die Farbe des Blutes kann zwischen rosa (mit anderen Sekreten verdünnt), rot (frisches Blut) und braun (älteres Blut) variieren. Blutpfropfen oder klumpige Gewebereste können nahezu schwarz erscheinen.
Die Blutung kann als leichte Schmierblutung beginnen oder bereits von Anfang an so stark oder sogar stärker als eine normale Menstruationsblutung sein. Wenn sich der Muttermund nach und nach öffnet, um die Fehlgeburt auszustoßen, wird auch die Blutung stärker. Schwere Blutungen dauern in der Regel drei bis fünf Stunden. Leichte Blutungen können eine bis zwei Wochen lang immer wieder auftreten.
Ursachen
Was löst eine Fehlgeburt aus?
Die häufigste Ursache für Fehlgeburten im ersten Schwangerschaftsdrittel sind Erbgutveränderungen (Chromosomenanomalien) beim Fetus. Auch schwere nicht genetisch bedingte Fehlentwicklungen, etwa in Folge von Alkohol- oder Drogenkonsum in den ersten Schwangerschaftswochen, spielen eine Rolle.
Weitere mögliche Ursachen für Fehlgeburten sind Missbildungen der Gebärmutter, Gebärmuttermyome oder Vernarbungen infolge von Verletzungen sein. Risikofaktoren in diesem Sinne sind zum Beispiel vorangegangene Behandlungen von Gebärmutterhalskrebs sowie vorangegangene Kaiserschnitte.
Auch Infektionen mit bestimmen Viren können zu Fehlgeburten führen. Störungen des Hormonhaushalts, Schilddrüsenunterfunktion, Diabetes und unbehandelter Bluthochdruck erhöhen das Fehlgeburtsrisiko ebenfalls.
Weitere Risikofaktoren sind Rauchen, Drogenkonsum, hoher Alkoholkonsum und übermäßige Koffeinaufnahme.
Selten kommt es vor, dass Frauen schwanger werden, obwohl sie eine Spirale zur Verhütung verwenden. Sowohl die dringend empfohlene Entfernung der Spirale als auch ihr Verbleiben in der Gebärmutter stellen ein hohes Fehlgeburtsrisiko dar.
Rhesusunverträglichkeit und Fehlgeburten
Eine früher häufige Ursache von Fehlgeburten war die Rhesus-Unverträglichkeit des Blutes von Mutter und Fötus. Ähnlich wie die Blutgruppen ist auch der Rhesusfaktor eine Eigenschaft des Blutes, die bestimmt, ob Blut verschiedener Menschen miteinander verträglich (kompatibel) ist. Wird eine rhesus-negative Mutter zum zweiten Mal mit einem rhesus-positiven Kind schwanger, besitzt sie aus ihrer ersten Schwangerschaft bereits gegen den Rhesus-Faktor gerichtete Antikörper. Das mütterliche Immunsystem greift nun den Fetus an, was zu dessen Absterben und dem folgenden Abort führt.
Die Rhesus-Unverträglichkeit wird bei rhesus-negativen Schwangeren heute im Rahmen der sogenannten Anti-D-Prophylaxe mit vorbeugenden Injektionen von Wirkstoffen behandelt, die die mütterlichen Antikörper neutralisieren.
Untersuchung
Eine Fehlgeburt wird anhand einer Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter und durch Bestimmung des Schwangerschaftshormons Humanes Choriongonadotropin (hCG) im Blut diagnostiziert. Außerdem wird bei einer vaginalen Untersuchung geprüft, ob der Muttermund geöffnet oder geschlossen ist.
Behandlung
Ein geöffneter Muttermund zeigt an, dass eine Fehlgeburt nicht mehr abzuwenden ist. Bei geschlossenem Muttermund kann durch Bettruhe und Wehen hemmende Medikamente versucht werden, den Abort zu verhindern. In der medizinischen Fachliteratur gilt der Nutzen dieser Behandlungsmöglichkeiten aber als unbewiesen.
Nach einer Fehlgeburt kann im Ultraschall festgestellt werden, ob sich noch Gewebereste von Fötus oder Plazenta in der Gebärmutter befinden. Im ersten Schwangerschaftsdrittel wird im Allgemeinen der spontane Abgang dieser Reste abgewartet. Nach dem ersten Trimester, bei anhaltenden Blutungen oder bei Anzeichen einer Infektion muss die Gebärmutter jedoch zeitnah entleert werden.
Das geschieht in der Regel durch die sogenannte Saugkürettage (Ausschabung), einen chirurgischen Eingriff, bei dem das zu entfernende Gewebe abgeschabt und aus der Gebärmutter abgesaugt wird. Die Saugkürettage ist die schnellste und sicherste Art der Entleerung der Gebärmutter. Alternativ kann auch die medikamentöse Einleitung der Wehentätigkeit infrage kommen.
- Weitere Einzelheiten dazu finden Sie hier: Ausschabung (Abrasion)
Prognose
Frauen, die sich psychisch stabil genug fühlen, können bereits wenige Monate nach einer Fehlgeburt wieder schwanger werden. Auch wenn das Risiko einer Fehlgeburt beim nächsten Versuch etwas höher ist, bringt die überwiegende Mehrzahl der Frauen nach vorangegangener Fehlgeburt ein gesundes, zum Termin geborenes Kind zur Welt.
Nach wiederholten Fehlgeburten sollte Frauen eine psychotherapeutische Begleitung angeboten werden, um die seelische Belastung des Aborts verarbeiten zu können.
Nur in seltenen Fällen gibt es medizinische Bedenken gegen eine baldige neue Schwangerschaft nach einer Fehlgeburt.
Autor: Ulrike Laitko, fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 06.03.2022
- MSD Manuals: Spontanabort (Fehlgeburt)
- Leitlinie Frühgeborene an der Grenze zur Lebensfähigkeit
- StatPearls: Miscarriage
- Expecting Science: Lies, Damned Lies, and Miscarriage Statistics
- BMC Pregnancy and Childbirth: Spontaneous first trimester miscarriage rates per woman among parous women with 1 or more pregnancies of 24 weeks or more