Fatigue Syndrom

Fatigue bedeutet wörtlich Müdigkeit. Gemeint ist eine anhaltende krankhafte Müdigkeit. Was ist das Fatigue Syndrom – und was hilft gegen chronische Müdigkeit?

Synonyme

Chronische Müdigkeit, Fatigue, Erschöpfung

Definition: Was ist Fatigue Syndrom?

Müdigkeit Frau

Der medizinische Fachbegriff Fatigue Syndrom geht zurück auf den französischen Krebsmediziner (Onkologen) Gregory Curt. Er definierte das Fatigue Syndrom als „signifikante Müdigkeit, erschöpfte Kraftreserven oder erhöhtes Ruhebedürfnis, disproportional zu allen kürzlich vorangegangenen Anstrengungen“.

Der Begriff Fatigue allein wird unter Medizinern vor allem für Symptome wie Müdigkeit oder Erschöpfung verwendet. Das entspricht der Wortbedeutung im Englischen und Französischen: In diesen Sprachen steht Fatigue für Ermüdung, Erschöpfung oder Schlappheit.

Fatigue Syndrom im Überblick

Symptome: Fatigue oder Fatigue Syndrom sind vor allem durch anhaltende Müdigkeit, nachlassende körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie nicht erholsamen Schlaf geprägt. Halten Fatigue-Symptome länger als vier bis sechs Monaten sprechen Mediziner von Fatigue Syndrom oder chronischer Müdigkeit.

Ursachen: Fatigue im Sinn einer krankhaften Störung ist in den allermeisten Fällen Folge einer chronischen körperlichen oder psychischen Erkrankung. Bis zur Corona-Pandemie wurde Fatigue vor allem bei Menschen mit schweren Erkrankungen wie Krebs (vor allem während oder nach Chemo- und/oder Strahlentherapie) oder bei chronischen Krankheitsbildern wie Multipler Sklerose diagnostiziert. In der jüngeren Vergangenheit werden Fatigue und Fatigue Syndrom auch im Zusammenhang mit COVID-19, Long-COVID und Post-Vac-Syndrom häufiger erwähnt.

Diagnose: Die Diagnose von Fatigue und Fatigue Syndrom ist nicht immer leicht zu stellen. Müdigkeit begleitet viele Erkrankungen. Und krankhafte Müdigkeit lässt sich nicht objektiv durch Verfahren wie Blutuntersuchungen oder Ähnliches nachweisen. Zudem kann Fatigue Symptom einer Krankheit sein, beispielsweise beim Chronischen Fatigue Syndrom (CFS), das auch als chronisches Erschöpfungssyndrom (CES) oder Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bezeichnet wird.

Behandlung: Die Therapie von Fatigue orientiert sich an den verursachenden Erkrankungen. Mitunter wirken Umstellungen in der Medikation, beispielsweise bei Depressionen. In den meisten Fällen ist eine ursächliche Behandlung aber nicht möglich. Bewegung und Ernährungsumstellungen haben sich in vielen Fällen als hilfreich erwiesen.

Fatigue Syndrom: Häufigkeit

Die Häufigkeit von Fatigue und Fatigue Syndrom wird nicht statistisch erfasst. Für Krebstherapien weiß man, dass bis zu 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten während der akuten Erkrankung und Therapie von chronischer Müdigkeit berichten. Bei chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Parkinson zählt Fatigue zu den häufigsten Symptomen.

Fatigue Syndrom: Symptome

Leitsymptom von Fatigue oder Fatigue Syndrom ist eine anhaltende Müdigkeit, die nicht durch Schlafmangel verursacht wird. Die Schwere von Fatigue wird auf einer Skala (1 bis 10) gemessen oder als mittlere und schwere Fatigue bezeichnet.

Fatigue: Symptome

  • Ausgeprägte Müdigkeit oder Erschöpfung am Tag ohne klar erkennbare Ursache
  • Vermehrtes Schlafbedürfnis ohne Erholung
  • Gefühl körperlicher Schwere, vor allem in den Gliedmaßen
  • Nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit
  • Kognitive Einschränkungen wie erhöhte Ablenkbarkeit, Konzentrationsstörungen, Wortfindungsstörungen
  • Seelische Beeinträchtigungen Motivations- und Antriebsmangel, Ängste, Traurigkeit, depressive Verstimmung (siehe auch Depressionen)

Fatigue Syndrom: Symptome

Halten die Fatigue-Symptome über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten an, sprechen Medizinier von Fatigue Syndrom, also chronischer Fatigue. Damit ist aber nicht das Chronische Fatigue Syndrom (CFS) gemeint: Dabei handelt es sich um eine eigenständische Erkrankung.

Fatigue Syndrom: Ursachen

Fatigue kann sehr unterschiedliche Ursachen. In den meisten Fällen spielen mehrere Faktoren eine Rolle.

Körperliche Ursachen von Fatigue bei Krebs

Die bestuntersuchte Ursache von Fatigue oder Fatigue Syndrom ist die ausgeprägte Müdigkeit und Leistungsschwäche während einer Krebserkrankung sowie während und nach einer Krebstherapie. Chemotherapie und Strahlentherapie greifen stark in den Körper ein, sie schädigen Krebszellen – aber auch gesunde Zellen. Ein Beispiel ist der komplizierte Prozess der Blutbildung. Krebstherapien stören häufig die Blutbildung, nicht selten kommt es zu Formen der Blutarmut (Anämie). Bei Blutarmut ist die Anzahl an roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die für den Sauerstofftransport zuständig sind, deutlich reduziert. In der Folge gelangt weniger Sauerstoff in die Zellen: Das verursacht Müdigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit. Auch das Immunsystem als Motor der körperlichen Fitness wird durch Krebsmedikamente oder Strahlentherapien in der Regel stark belastet.

Chronische Erkrankungen als Ursache von Fatigue

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die fast immer mit allgemeiner Kraftlosigkeit und dauerhafter Müdigkeit und erhöhtem Schlafbedürfnis einhergeht. Nach Angaben der Deutschen Rheuma Liga (siehe Quellen) verursachen auch andere entzündliche Erkrankungen wie Fibromyalgie (Weichteilrheuma), rheumatoide Arthritis und primäres Sjögren-Syndrom in bis zu 80 Prozent der Fälle eine anhaltende Fatigue.

Weitere chronische Erkrankungen mit einem erhöhten Risiko für Fatigue sind:

Zudem berichten Menschen von Fatigue nach Corona-Infektionen und -Schutzimpfungen.

Fatigue Syndrom: Diagnose

Es gibt kein gesichertes objektives Diagnoseverfahren, da sich Fatigue und Fatigue Syndrom nicht durch Untersuchungen nachweisen lassen. Die Diagnose basiert daher entweder auf der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) oder auf der Diagnose von (chronischen) Erkrankungen, die mit anhaltender Müdigkeit und nachlassender Leistungskraft einhergehen (siehe Ursachen).

Behandlung: Was hilft bei Fatigue Syndrom?

Die Ursachen für Fatigue sind sehr unterschiedlich. Bei akuten und chronischen Erkrankungen zielt die Therapie darauf, die auslösende Krankheit zu heilen beziehungsweise die Symptomatik zu lindern. Fatigue im Zusammenhang mit Krebserkrankungen vergeht sehr oft einige Zeit nach Ende der Therapie. Einige Fälle lassen sich medikamentös lindern, viele aber nicht. Was hilft bei Fatigue in diesen Fällen?

Helfen gegen Medikamente gegen Fatigue Syndrom?

Spezielle Medikamente gegen Fatigue sind nicht zugelassen. Medikamente können Fatigue aber sehr wohl lindern, wenn sie die auslösende Erkrankungen heilen oder lindern: Das gilt beispielsweise für Blutarmut oder Schilddrüsenunterfunktion.

  • Blutarmut lässt sich häufig durch die Transfusion von roten Blutkörperchen oder die Einnahme von Erythropoetin (EPO) medikamentös behandeln.
  • Die Gabe von Schilddrüsenhormonen in Medikamentenform (Thyroxin, T4 oder Trijodthyronin, T3) lindert oder behebt Fatigue als Folge von Schilddrüsenunterfunktion.

Hilft Psychotherapie gegen Fatigue?

Eine psychotherapeutische Beratung kann dazu beitragen, die Symptome von Fatigue zu lindern oder besser mit den Auswirkungen der Müdigkeit umzugehen. In vielen Fällen profitieren Menschen mit Fatigue vor allem von einer Verhaltenstherapie, in der beispielsweise schlafförderndes Verhalten (Schlaftraining) oder Entspannungs- und Achtsamkeitsmethoden eingeübt werden.

 

Prognose: Wie lange dauert Fatigue Syndrom?

Zur Dauer von Fatigue oder Fatigue Syndrom gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Bei Fatigue als Symptom einer akuten Erkrankung lässt die Müdigkeit in der Regel mit der Heilung nach. Bei chronischen Erkrankungen ist eine Prognose schwieriger. Selbsthilfemaßnahmen wie oben beschrieben schlagen von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich an.

Vergeht Fatigue nach der Krebstherapie?

Nach Schätzungen der Deutschen Krebsgesellschaft (siehe Quellen) klingt das Fatigue Syndrom als Folge von Krebstherapien Wochen oder Monate nach Ende der Behandlung ab. In 20 bis 50 Prozent der Fälle dauert das Fatigue Syndrom demnach aber auch länger - oder kommt nach einer beschwerdefreien Zeit wieder zurück (Rückfall/Rezidiv).

Fatigue Syndrom: Selbsthilfe

Grundsätzlich profitieren Menschen mit Fatigue oder Fatigue-Syndrom von einer an die Situation angepassten gesunden Lebensweise. Ob Ernährung, Bewegung oder Schlaf: Die folgenden Tipps sind Anregungen. Sie ersetzen keine medizinische Beratung – und sind nicht für alle Menschen gleich gut geeignet. Idealerweise stimmen Sie Selbsthilfe-Maßnahmen mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten ab.

Bewegung aktiviert den Stoffwechsel

So schwer es auch fallen mag – ein gewisses Maß an körperlicher Aktivität ist sehr gut geeignet, um Fatigue zu lindern. Bewegung aktiviert den Stoffwechsel – und trägt damit nachgewiesenermaßen auch zur Heilung von akuten Erkrankungen sowie zur Linderung von zahlreichen chronischen Erkrankungen bei. Mehr dazu lesen Sie hier „Bewegung: Turbo für Vorsorge und Heilung “.

Mit gesunder Ernährung gegen Fatigue

Eine abwechslungsreiche und frische Ernährung kann ebenfalls dazu beitragen, chronische Müdigkeit zu lindern. Nicht selten berichten Menschen mit Fatigue, dass eine Ernährungsumstellung auf eine kohlenhydratreduzierte Ernährung (Low-Carb-Ernährung) Fatigue lindern konnte. Insbesondere bei Menschen mit Multipler Sklerose gibt es zahlreiche Erfahrungsberichte, dass die Umstellung auf eine ketogene Ernährung die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit deutlich verbessert hat. Ketogene Ernährung zählt zu den Low-Carb-Ernährungsformen und ist durch einen hohen Fettanteil an der Energieaufnahme gekennzeichnet. Durch ketogene Ernährung schaltet der Organismus in den Fettstoffwechsel, die Ketose. Das ist der Stoffwechsel, der beispielsweise auch beim Fasten aktiviert wird.

Tipps für bessere Schlafqualität

Menschen mit Fatigue oder Fatigue Syndrom erleben Schlaf als nicht ausreichend erholsam. Diese eingeschränkte Schlafqualität ist Teil des Krankheitsbildes. Umso wichtiger ist es, alles auszuschließen, was den Schlaf unnötigerweise stört. Zahlreiche Anregungen für eine bessere Schlafqualität finden Sie im mehrteiligen Ratgeber „Gesunder Schlaf “.

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)

Stand: 15.08.2024

Quelle:
  1. Deutsche Krebsgesellschaft: Tumor-assoziierte Fatigue (zuletzt abgerufen am 14.05.2023)
  2. Deutscher Krebsinformationsdienst: Fatigue
  3. Deutsche Rheuma-Liga: Fatigue-Syndrom: Kampf gegen die bleierne Müdigkeit (zuletzt abgerufen am 14.05.2023)
  4. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Erschöpfungssyndrom bei Krebskranken
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