Endometriose
Endometriose ist eine Erkrankung, bei der sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter ansiedeln. Endometriose geht oft mit krampfartigen Unterleibsschmerzen, starken Menstruationsbeschwerden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Unfruchtbarkeit einher. Der Weg zur Diagnose ist oft lang. Es stehen aber gute Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Synonyme
Endometriosis, Morbus Breckwoldt
Definition
Was ist Endometriose?
Mit Endometriose bezeichnen Mediziner Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutterhöhle. Die Gebärmutterschleimhaut selbst wird fachsprachlich Endometrium genannt. Der Begriff leitet sich ab von den griechischen Worten für innen (endo), Gebärmutter (metrio) und Erkrankung/Anhäufung (Endung –ose).
Drei Formen von Endometriose
Die Schleimhautwucherungen bei Endometriose sind in aller Regel gutartig. Grundsätzlich kann sich die Gebärmutterschleimhaut im ganzen Körper ansiedeln. Es sind bereits (sehr seltene) Fälle von Endometriose im Gehirn oder der Lunge beschrieben.
Mediziner unterscheiden vor allem drei Formen von Endometriose:
- Endometriose in der Gebärmutter: Bei Endometriosis genitalis interna befinden sich Endometriose-Herde innerhalb beziehungsweise in unmittelbarer Nähe der Gebärmutter. Dazu zählen Drüsengewebe in der Muskelschicht der Gebärmutterwand (Adenomyosis uteris) und Endometriose der Eileiter (Endometriosis tubae).
- Endometriose im Genitalbereich: Bei Endometriosis genitalis externa siedeln Herde außerhalb der Gebärmutter, aber innerhalb des Genitalbereiches. Es ist die häufigste Form der Erkrankung. Zu dieser Form zählen Endometriosen der Eierstöcke (Ovarialendometriose), der Vagina (Vaginalendometriose) und die sogenannte Douglas-Endometriose. Als Douglas-Raum wird in der Medizin eine taschenförmige Vertiefung des Bauchfells zwischen Gebärmutter und Mastdarm bezeichnet. Sie stellt bei Frauen den tiefsten Punkt der Bauchhöhle dar.
- Endometriose außerhalb der Geschlechtsorgane: Bei Endometriosis extragenitalis befinden sich Absiedelungen der Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Genitalbereiches. Diese Endometriose-Herde treten zum Beispiel im Darm, in der Harnblase, in der Lunge oder sehr selten im Muskelgewebe auf.
Endometrioseherde im Bereich der Gebärmutter und im Genitalbereich gehen häufig mit starken und schmerzhaften Blutungen einher. Zudem kommt es bei Endometriose außerhalb der Gebärmutter zu Verwachsungen, die eine Reihe von Beschwerden auslösen können (siehe: Symptome). Die Behandlung von Endometriose erfolgt in der Regel medikamentös. Manchmal sind operative Eingriffe aber unumgänglich (siehe Behandlung).
Häufigkeit
Es ist schwierig, die Häufigkeit von Endometriose exakt zu beurteilen. In der medizinischen Literatur finden sich unterschiedliche Angaben. Studien zufolge erkranken in Deutschland etwa 40.000 Frauen an Endometriose, die meisten von ihnen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren (Durchschnittsalter: 28). Der Berufsverband der Frauenärzte schreibt, Endometriose sei bei etwa 5 Prozent aller gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen nachzuweisen. In bis zu 60 Prozent der Fälle ist die Erkrankung Ursache unerfüllten Kinderwunsches.
Andere Schätzungen gehen von bis zu 15 Prozent aller Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter aus. Davon verspüren ungefähr zwei Drittel auch Symptome. Viele Frauen mit Endometriose wissen aber nichts von ihrer Erkrankung, da sie keinerlei Beschwerden haben. Die Krankheit wird bei ihnen oft nur zufällig entdeckt. Bis zur Diagnosestellung vergehen oft viele Jahre.
Symptome
Was sind die Symptome von Endometriose?
Endometriose beginnt in den meisten Fällen sehr langsam und verursacht daher häufig über viele Jahre keine Symptome. Selbst bei Vorsorgeuntersuchungen werden kleinste und kleine Herde in den Eileitern oder im Unterbauch nicht bemerkt.
Am häufigsten beschreiben Frauen mit Endometriose oft starke, krampfartige Schmerzen im Zeitraum vor und während der Periode (Dysmenorrhoe). Die wiederkehrenden Schmerzen wirken sich häufig negativ auf die körperliche Fitness und das psychische Wohlbefinden aus. Erschöpfung, Müdigkeit und depressive Verstimmungen sind weitere psychische Symptome von Endometriose.
Symptome: Verwachsungen durch Endometriose
Ein weiteres Symptom von Endometriose im Bereich der Gebärmutter und des Genitalbereichs sind narbige Verwachsungen. Das hat folgenden Hintergrund: Bei „einfacher“ Endometriose werden die Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut mit der Regelblutung ausgeschieden. Bei Herden in den Eileitern oder an der mittleren muskulären Schicht der Gebärmutter (Myometrium) ist das nicht möglich. Beim Abbau dieser Herde greifen andere Prozesse, bei denen gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird. Beim Abheilen kann das Gewebe dann narbig verwachsen. Die Verwachsungen sind eine häufige Ursache von Unfruchtbarkeit bei Frauen mit Gebärmutterschleimhautwucherungen.
Endometriose: Warum Schmerzen beim Geschlechtsverkehr?
Die Douglas-Endometriose führt außerdem häufig zu brennenden oder krampfartigen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), weil die Verwachsungen die Beweglichkeit der Gebärmutter stark einschränken können.
Symptome bei Endometriose außerhalb des Genitalbereichs
Auch bei den selteneren Formen der Endometriose in der Lunge, der Harnblase oder im Muskelgewebe können Beschwerden auftreten. Endometriose in der Lunge äußert sich durch Bluthusten (Hämoptoe). Ist das Muskelgewebe betroffen, können durch Einblutungen Verdickungen des Muskels entstehen. Bei Endometriose in der Harnblase kommt es regelmäßig zu sichtbarem Blut im Harn.
Wie äußert sich Endometriose im Darm?
Endometriose im Darm kann sich durch zyklisch wiederkehrende Blutungen und Schmerzen beim Stuhlgang bemerkbar machen. Manchmal treten zusätzlich Verdauungsstörungen wie Stuhlunregelmäßigkeiten oder Blähungen (Meteorismus) auf.
Ursachen
Was ist die Ursache von Endometriose?
Die Ursachen für Endometriose sind noch nicht ausreichend geklärt. Es wird angenommen, dass in vielen Fällen nicht nur ein einziger Faktor für die Entstehung von Endometriose verantwortlich ist. Wahrscheinlicher ist das Zusammenspiel mehrerer Faktoren als Auslöser (multifaktorielle Entstehung).
Eine der eingängigsten Theorien besteht darin, dass Zellen des Endometriums über Blut- oder Lymphbahnen nach außerhalb der Gebärmutter gelangen (vaskuläre und lymphatische Streuung). Diskutiert wird auch die sogenannte Regurgitationstheorie: Sie besagt, dass funktionsfähige Zellen aus der Gebärmutterschleimhaut während der Regelblutung in die Eierstöcke gelangen und sich dort festsetzen („retrograde Menstruation”). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Endometriumzellen durch ärztliches Handeln wie beispielsweise Operationen verschleppt werden.
Untersuchung
Besteht der Verdacht auf Endometriose, wird der Gynäkologe zunächst die Art und Intensität der Beschwerden erfragen (Anamnese). Eine Tastuntersuchung der Bauchdecke, des äußeren Muttermundes, der Scheide und des Enddarmes auf Verhärtungen oder Verwachsungen ergänzt die Abklärung des Beschwerdebildes.
Ergeben sich Hinweise auf Endometriose, kann eine Ultraschalluntersuchungen über die Bauchdecke und/ oder durch die Scheide (transvaginale Sonografie) zusätzliche Hinweise geben. Zur Diagnosestellung wird meist noch mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) eine Gewebeprobe entnommen und im Labor untersucht. Damit kann die genaue Beschaffenheit des Gewebes beurteilt und die Diagnose abgesichert werden. Ebenso lassen sich andere potenziell gefährliche Erkrankungen ausschließen.
Behandlung
Eine ursächliche Behandlung von Endometriose ist wegen der unbekannten Ursache nicht möglich. Zudem muss Endometriose nicht zwangsläufig behandelt werden. Sinnvoll ist die Therapie erst, wenn sich Beschwerden wie Schmerzen einstellen. Oder wenn Endometriose etwa die Ursache für unerfüllten Kinderwunsch darstellt.
Bei gering ausgeprägten Beschwerden setzen die meisten Frauen und Frauenärzte auf eine nicht-operative Behandlung. Gegen Schmerzen helfen klassische, nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen oder Indometacin. Bei krampfhaften Schmerzen können Butylscopolamin oder Methocarbamol die Beschwerden häufig lindern. Zuweilen kommen auch Hormonpräparate wie Medroxyprogesteronacetat, Chlormadinoacetat, Levonorgestrel oder Dienogest zum Einsatz, um den Zyklus zu unterbrechen und damit sowohl das Wachstum der Endometriose als auch die Intensität der Beschwerden zu lindern.
Viele Frauen profitieren zudem von Entspannungsübungen und regelmäßiger Bewegung. Bei starker emotionaler Belastung ist eine psychotherapeutische Begleittherapie sinnvoll.
Was tun bei Endometriose? Hormonbehandlung
Die hormonelle Behandlung von Endometriose hat das Ziel, die Endometrioseherde einzudämmen und dadurch Schmerzen zu lindern. Zum Einsatz kommen:
- Gestagene sind Präparate, die die Hormonproduktion in den Eierstöcken unterdrücken und dadurch den Eisprung verhindern. Ohne Eisprung wird auch die Gebärmutterschleimhaut nicht weiter aufgebaut und damit die Wucherung des Endometriums begrenzt. Gestagene werden auch zur Empfängnisverhütung eingesetzt. Frauen, die schwanger werden möchten, dürfen diese Präparate daher nicht einnehmen.
- GnRH-Analoga haben eine ähnliche Struktur wie das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH). Dieses Hormon reguliert andere Hormone im weiblichen Zyklus. Bei längerer Einnahme verursachen GnRH-Analoga einen künstlichen Östrogenmangel, der wiederum den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut bremst und Endometriose lindert. Eine Nebenwirkung von GnRH-Analoga sind Östrogenmangelerscheinungen, wie sie in den Wechseljahren entstehen können.
- Kombinierte Gestagen-Östrogen-Präparate werden ebenfalls zur Behandlung der Endometriose eingesetzt. Auch hier wird durch die hormonelle Wirkung der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut gehemmt, was die Bildung oder das Wachstum von Endometrioseherden bremst. Gestagen-Östrogen-Präparate zählen wie die Gestagene zu den oralen Kontrazeptiva („Anti-Baby-Pille’).
Operative Therapie von Endometriose
Wenn die konservativen Behandlungsmethoden nicht ausreichen, bleibt die operative Therapie von Endometriose. Dabei werden die Schleimhautherde chirurgisch entfernt. Je nach Lage und Größe der Schleimhautwucherungen kommen unterschiedliche Methoden infrage. Bei sogenannten Exzisionen werden Herde über die Scheide entfernt. Geschwüre im Bauchraum beispielsweise können bei einer Bauchspiegelung (Laparoskopie) oder über einen Bauchschnitt (Laparotomie) entfernt werden.
Was passiert, wenn Endometriose nicht behandelt wird?
Ohne Behandlung dürften sich die Symptome immer weiter verschlimmern. Bei Frauen mit Kinderwunsch steigt das Risiko von Verwachsungen - und damit die Wahrscheinlichkeit für Unfruchtbarkeit. Neben den körperlichen Belastungen kommt es darüber hinaus oft zu psychischen Problemen, die sich ohne Therapie auch weiter verschlimmern können.
Prognose
Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die oft mit anhaltenden oder regelmäßig wiederkehrenden Beschwerden verbunden ist. Der Verlauf kann individuell sehr unterschiedlich sein. Daher ist eine allgemeine Prognose nicht möglich.
Vereinzelt kommt es vor, dass sich Endometrioseherde spontan zurückbilden. Bei manchen Frauen wachsen die Herde dagegen recht schnell und breiten sich in umliegende Organe aus. Auch nach einer erfolgreichen medikamentösen oder chirurgischen Therapie kann es in seltenen Fällen zu einem Wiederauftreten der Endometriose kommen.
Da das Wachstum der Herde von weiblichen Hormonen gesteuert wird, kommt es mit Einsetzen der Wechseljahre meist zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden.
Kann Endometriose tödlich sein?
Endometriose ist eine mitunter stark belastende, aber keine tödlich verlaufende Erkrankung. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass Endometrioseherde sehr seltene Formen des Eierstockkrebses (Low-grade seröses Karzinom, klarzelliges Ovarialkarzinom und endometrioides Ovarialkarzinom) begünstigen könnten.
Vorbeugung
Eine gezielte Vorbeugung der Endometriose ist leider nicht möglich, da die Ursachen für die Erkrankung bis jetzt nicht hinreichend geklärt sind.
Autor: Charly Kahle, fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 11.08.2022