Eisenmangelanämie – eisenmangelbedingte Blutarmut
Als Eisenmangelanämie bezeichnen Mediziner eine Blutarmut, die durch Mangel an Eisen verursacht ist. Eisenmangelanämie ist mit bis zu 80 Prozent der Fälle die häufigste Form der Blutarmut. Erste Symptome von Blutarmut sind Müdigkeit. Kraftlosigkeit und Blässe. Lesen Sie, wie Eisenmangelanämie entsteht – und wie Sie wieder zu Kräften kommen.
Synonyme
Anaemia oligosideraemica, sideropenische Anämie, Chlorose (veraltet), Bleichsucht (veraltet)
Was ist Eisenmangelanämie?
Eisenmangelanämie ist die häufigste Form der Blutarmut (Anämie). Die Blutarmut entsteht, weil der Organismus ohne ausreichende Eisenzufuhr zu wenig Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) bilden kann. Das Hämoglobin spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel: Der rote Blutfarbstoff bindet im Blut den Sauerstoff. Ohne Hämoglobin in ausreichender Menge gelangt also weniger Sauerstoff in den Körper – mit weitreichenden Folgen.
Eisenmangelanämie im Überblick
- Symptome: Häufigste Symptome von Eisenmangelanämie sind Müdigkeit, körperliche Schwäche und oft eine auffällige Blässe. In ausgeprägten Fällen schädigt der Blut- und Sauerstoffmangel Organe.
- Ursachen: Eisenmangelanämie ist eine Folge von Eisenmangel. Der wiederum entsteht vor allem durch Blutungen, einseitige Ernährung, erhöhten Bedarf (Schwangerschaft, Stillzeit)oder durch Erkrankungen, bei denen die Aufnahme oder Verwertung von Eisen gestört ist.
- Behandlung: Die Therapie von Eisenmangelanämie zielt darauf ab, die Hämoglobinkonzentration (Hb-Wert) im Blut zu erhöhen. Das kann über die Nahrung geschehen – oder in Form von Eisenpräparaten.
- Prognose: Die medikamentöse Therapie von Eisenmangelanämie dauert in der Regel etwa ein halbes Jahr.
- Vorbeugung: Gesunde Menschen können Eisenmangel - und damit einer Eisenmangelanämie - leicht vorbeugen, indem sie sich frisch und abwechslungsreich ernähren. Bei erhöhtem Bedarf besteht die Möglichkeit, in Abstimmung mit Ärzten Eisenpräparate oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.
Was ist der Unterschied zwischen Eisenmangel und Eisenmangelanämie?
Als Eisenmangel bezeichnen Mediziner eine verringerte Konzentration von Eisen im Blut. Dieser Eisenmangel macht sich oft lange Zeit nicht bemerkbar. Von Eisenmangelanämie sprechen Mediziner, wenn die Blutbildung durch einen Eisenmangel bereits gestört ist. Ausführliche Informationen über die Mangelerscheinung finden Sie hier: Eisenmangel
Eisenmangelanämie: Blutwerte
Der wichtigste Messwert für den Nachweis einer Eisenmangelanämie ist die Konzentration des roten Blutfarbstoffs im Blut, der Hämoglobinwert. Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eine Eisenmangelanämie gegeben, wenn die Hämoglobinkonzentration (Hb-Wert) bei Frauen unter 12 g/dl liegt und bei Männern unter 13 g/dl.
Eisenmangelanämie: Häufigkeit
Eisenmangelanämie gilt als die mit Abstand häufigste Form der Blutarmut. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO, siehe Quellen) geht mindestens die Hälfte aller Fälle von Blutarmut auf Eisenmangel zurück. In anderen Quellen ist von bis zu 80 Prozent die Rede. Die Experten der DGHO schätzen, dass zwischen 5 und 10 Prozent der Menschen in Europa unter Eisenmangel leiden. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sind es demnach etwa 20 Prozent, also jede fünfte Frau.
Die hohe Zahl der Frauen mit Eisenmangel erklärt sich nach Angaben des Bundesverbandes der Frauenärzte (siehe Quellen) vor allem durch den erhöhten Eisenbedarf infolge von Menstruation, Schwangerschaft und Stillen. Demnach entfallen 97 Prozent der Eisenmangel-Diagnosen auf Frauen und nur 3 Prozent auf Männer.
Eisenmangelanämie: Symptome
Die Symptome einer Eisenmangelanämie sind zunächst nahezu deckungsgleich mit denen von Eisenmangel.
- Allgemeine körperliche und geistige Leistungsschwäche
- Abgeschlagenheit und Müdigkeit
- Blässe
- Brüchige Haare und Nägel
- Eingerissene Mundwinkel (Mundwinkelrhagaden), Aphthen
- Haarausfall
- Herzklopfen
- Konzentrationsschwäche
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Trockene Haut
- Juckreiz
Schwere Symptome einer Eisenmangelanämie sind:
- Anhaltende Erschöpfungszustände (Fatigue)
- Konzentrationsstörungen
- Depressive Verstimmung
- Schlafstörungen
- Restless-Legs-Syndrom
- Pica-Syndrom (seltene Essstörung mit Verlangen nach Ungenießbarem wie Abfällen, Kot, Staub oder Steinen)
Besonders schwere Symptome einer anhaltenden Blutarmut sind:
- Erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, vor allem bei Menschen mit Herzerkrankungen
- Herzrhythmusstörungen, vor allem beschleunigter Herzschlag (Tachykardie)
- Atemnot
- Ohnmacht
Bei Säuglingen und Kleinkindern erhöht anhaltender Eisenmangel das Risiko für Entwicklungsstörungen.
Eisenmangelanämie: Ursachen
Blutarmut kann viele Ursachen haben. Eisenmangelanämie hingegen hat nur eine Ursache: einen anhaltenden Eisenmangel. Die häufigsten Ursachen von Eisenmangel wiederum sind:
- Regelblutung (Menstruation)
- Magen- und Darmblutungen wie Magengeschwür, Hämorrhoiden oder Tumoren wie Darmkrebs
- Häufiges Nasenbluten oder unbemerkte Sickerblutungen
- Häufige Blutspenden
- Mangelernährung
- Erhöhter Bedarf, vor allem in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Wachstum
- Eisenaufnahmestörungen, beispielsweise durch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sowie Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
- Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis
- Verminderte Eisenaufnahme durch Magen- oder Darmoperationen, beispielsweise Magenband oder teilweise Entfernung des Magens (Magenteilresektion)
- Übermäßig lange Einnahme von Protonenpumpenhemmern oder anderen Medikamenten zur Verringerung der Magensäureproduktion, beispielsweise bei Refluxkrankheit, Sodbrennen, Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni) oder Magenschleimhautentzündungen (chronische Gastritis).
- Übermäßiger Konsum von Koffein
Mehr über die Ursachen von Eisenmangelanämie lesen Sie im Beitrag Eisenmangel.
Eisenmangelanämie: Untersuchung
Neben der Erhebung der Krankengeschichte und einer ausführlichen körperlichen Untersuchung ist eine Blutuntersuchung die wichtigste Methode, um eine Eisenmangelanämie zu diagnostizieren. Bei der Laboruntersuchung einer Blutprobe wird die Hämoglobinkonzentration (Hb-Wert) bestimmt. Ein Hb-Wert unter 12 g Hämoglobin pro dl (Frauen) bzw. 13 g Hämoglobin pro dl (Männer) ist Voraussetzung für die Diagnose Eisenmangelanämie. Danach gilt es, die Gründe für den Eisenmangel zu bestimmen.
Außerdem wird bei Verdacht auf Eisenmangelanämie der sogenannte Ferritin-Wert im Blutserum ermittelt. Das Serum-Ferritin zeigt den Füllzustand der Eisenspeicher an. Laut den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie besteht ein behandlungsbedürftiger Speichereisenmangel bei einem Ferritin-Wert unter 15 µg/L (15 Mikrogramm pro Liter). Mehr dazu im Beitrag Eisenmangel im Abschnitt Diagnose.
Typisch für Eisenmangelanämie sind außerdem eine verminderte Zahl weißer Blutkörperchen (Erythrozyten) und ein erniedrigter Hämatokritwert (Anteil der Blutzellen am Blutvolumen).
Eisenmangelanämie: Welcher Arzt?
Erste Ansprechpartner für die Diagnose von Eisenmangelanämie sind Haus- und Frauenärzte. Im Lauf der Behandlung werden mitunter vor allem Mediziner für Herz-Kreislauferkrankungen (Kardiologen), Innere Medizin (Internisten), Magen-Darm-Erkrankungen (Gastroenterologen) und Nierenerkrankungen (Nephrologen) hinzugezogen.
Eisenmangelanämie: Behandlung
Die häufigsten Ursachen von Eisenmangel sind Blutungen. Dazu zählen vor allem übermäßig starke Regelblutungen sowie meist länger bestehende innere Blutungen, die häufig mit Erkrankungen des Magens oder Darms verbunden sind. Entsprechend zielt die Behandlung von Eisenmangelanämie, diese Ursachen zu bekämpfen bzw. zu lindern.
- Zyklusstörungen wie übermäßig starke Regelblutungen ((Hypermenorrhoe) oder verlängerte Menstruation (Menorrhagie) lassen sich häufig durch Hormonpräparate normalisieren. Zur Normalisierung verstärkter Blutungen werden häufig Gestagene wie Medrogeston und Medroxyprogesteronacetat eingesetzt.
- Erkrankungen wie Magengeschwüre oder Darmtumoren gehen mitunter mit einem länger anhaltenden Blutverlust einher, der häufig lange Zeit unbemerkt bleibt. Zur Therapie einer Eisenmangelanämie müssen diese Ursachen ggfs. beseitigt werden.
Behandlung von Eisenmangelanämie durch Fehlernährung und erhöhten Bedarf
Die mit Abstand häufigsten Ursachen von Eisenmangelanämie sind allerdings Fehlernährung und erhöhter Bedarf. In diesen Fällen lässt sich der Eisenmangel in aller Regel leicht ausgleichen: durch eine eisenreiche Ernährung oder eisenhaltige Medikamente.
Medikamentöse Behandlung von Eisenmangelanämie
In der medikamentösen Behandlung von Eisenmangelanämie werden Eisenpräparate in der Regel mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen kombiniert. Die Eisenpräparate enthalten zwei- oder dreiwertiges Eisen. Sie werden oft mit Folsäure, Vitamin B12 oder Vitamin C kombiniert. Mehr Informationen zur medikamentösen Behandlung von Eisenmangel sowie zu einer gesunden und eisenreichen Ernährung im ausführlichen Beitrag Eisenmangel im Abschnitt Therapie.
Weitergehende Informationen zu Mangelzuständen
Eisenmangelanämie: Prognose
Bis die medikamentöse Behandlung von Eisenmangelanämie spürbar anschlägt, brauchen Sie Geduld. Die Hämoglobin-Werte steigen meist schon wenige Tage nach Beginn der Eisentherapie. Aber bis die Eisenspeicher sich wieder füllen, vergehen in der Regel mehrere Monate. Und erst mit dem Füllen der Ferritinspeicher lassen auch die Symptome spürbar nach.
In der Regel werden hoch dosierte Eisenpräparate als Tablette oder Saft zum Einnehmen verschrieben. In schweren Fällen wird Eisen mitunter auch intravenös, also per Infusion, verabreicht.
Auf die Lebenserwartung hat Eisenmangelanämie in der Regel keinen negativen Einfluss.
Eisenmangelanämie vorbeugen
Die beste Möglichkeit der Vorbeugung von Eisenmangelanämie ist die Vorbeugung von Eisenmangel. Für gesunde Menschen ist die Ernährung die beste Eisenquelle. Mehr über eisenreiche Lebensmittel und geeignete Vorbeugungsmethoden lesen Sie im Beitrag Eisenmangel im Abschnitt Vorbeugung.
Eisenmangelanämie: Selbsthilfe mit Risiken
Vorsicht: Eisenpräparate eignen sich nicht für die Selbstbehandlung. Das gilt auch für viele der Eisenpräparate, die online, in Apotheken oder im Handel angeboten werden. Eisen reichert sich im Körper an, vor allem in Herz, Leber, Bauchspeicheldrüse und den Augen – und kann diese Organe dauerhaft schädigen. Im schlimmsten Fall ist eine Eisenvergiftung möglich, vor allem bei kleinen Kindern. Bei Magenschmerzen und blutigem Brechdurchfall sollten Sie sofort den Rettungsdienst verständigen.
Hämochromatose ist eine Eisenverwertungsstörung – und eine der häufigsten Erbkrankheiten. Im Beitrag Eisenspeicherkrankheit finden Sie ausführliche Informationen darüber, was zu viel Eisen im Körper anrichten kann.
Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur), fachliche Prüfung: Yvonne Jurkoweit (Ärztin)
Stand: 28.08.2023
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V: Eisenmangel und Eisenmangelanämie, zuletzt abgerufen am 9. August 2023
- Bundesverband der Frauenärzte: Eisenmangelanämie, zuletzt abgerufen am 9. August 2023
- Leitlinie Eisenmangelanämie, zuletzt abgerufen am 10. August 2023