Botulismus
Botulismus ist eine lebensgefährliche Form der Lebensmittelvergiftung, die vor allem durch Fleischwaren verursacht wird. Genauer gesagt, sind Stoffwechselprodukte des Bakteriums Clostridium botulinum für die Vergiftung verantwortlich. Botulismus ist ein Notfall, der dringend intensivmedizinisch behandelt werden sollte. Lesen Sie mehr über die Symptome, Ursachen, Therapie und Vorbeugung von Botulismus.
Synonyme
Fleischvergiftung, Wurstvergiftung
Definition
Die Krankheitsbezeichnung Botulismus geht auf das lateinische Wort „Botulus“ für Wurst, Darm oder Eingeweide zurück. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Botulismus auch als Fleisch- oder Wurstvergiftung bezeichnet. Tatsächlich sind Fleischwaren die häufigsten Verursacher. Das verursachende Bakterium Clostridium botulinum kann aber auch in anderen Lebensmittelkonserven sowie in Honig vorhanden sein. Unbehandelt verläuft Botulismus in nahezu 70 Prozent der Fälle tödlich. Bei rechtzeitiger Therapie überleben etwa 90 Prozent der Betroffenen die Vergiftung.
Wund- und Säuglingsbotulismus
Zu den besonderen Botulismusformen zählen Wund- und Säuglingsbotulismus. Beim Wundbotulismus dringen die Clostridium botulinum-Bakterien über Verletzungen in den Körper ein. Beim Säuglingsbotulismus vermehren sich die Bakterien im Darm des Säuglings. Einzige bekannte Ursache für Säuglingsbotulismus ist der Verzehr von Honig. Mit ihm gelangen die Bakterien in den Darm und vermehren sich dort.
Häufigkeit
Botulismus ist eine seltene Form der Lebensmittelvergiftung. Strikte Hygienevorschriften haben die Zahl der Fälle in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter verkleinert. Das Robert-Koch-Institut registriert jährlich in Deutschland nicht mehr als 10 Fälle der meldepflichtigen Erkrankung. Allerdings gehen Experten davon aus, dass die Zahl der Botulismus-Fälle insgesamt höher ist, die Diagnose aber nicht gestellt wird. In Europa sind Rumänien und Polen mit mehreren Dutzend Fällen pro Jahr vergleichsweise häufig von Botulismus betroffen.
Symptome
Die Symptome von Botulismus beginnen in der Regel zwischen 12 und 36 Stunden nach dem Verzehr von belasteten Lebensmitteln. Zunächst kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfen. Im Vergleich mit anderen Lebensmittelvergiftungen charakteristisch sind Sehstörungen wie unscharfes Sehen oder Doppelbilder. Weitere Frühsymptome von Botulismus sind erweiterte Pupillen, Mundtrockenheit sowie Schluck- und Sprachstörungen.
Im weiteren Verlauf entwickeln sich Missempfindungen und Bewegungsstörungen. Danach kommt es zu Lähmungen, die zunächst Arme und Beine ergreifen, dann auch die Blase und die Darmmuskulatur. Besonders gefährlich wird eine Botulinum-Vergiftung, wenn die Atemmuskulatur und das Zwerchfell von der lähmenden Wirkung der Bakteriengifte erfasst werden. Nun droht eine Atemlähmung, die ohne zügige Behandlung meist zum Tod durch Ersticken führt.
Ursachen
Botulismus wird durch das Botulinustoxin verursacht. Das Gift ist ein Stoffwechselprodukt des Bakteriums Clostridium botulinum. Viele Menschen kennen Botulinustoxin unter der Bezeichnung bzw. dem Handelsnamen Botox. Botox zählt zu den stärksten natürlichen Nervengiften. Es entfaltet seine lähmende Wirkung, indem es die Signalübertragung von Nerven- und Muskelzellen unterdrückt. In der kosmetischen Schönheitsbehandlung macht man sich diese Wirkung zunutze, um Faltenbildung durch Muskelkontraktionen vorzubeugen.
In der freien Natur kommen Botulinum-Bakterien bzw. deren Spuren vor allem im Boden vor. Einige Strände der Ostsee gelten beispielsweise als belastet. Allerdings gelangen die Bakterien nur äußerst selten von dort in den Menschen.
Typische Quelle für Botulismus-Infektionen sind Lebensmittelkonserven. Und hier sind es vor allem Fleisch- und Wurstwaren. Das Bakterium Clostridium botulinum zählt zu den anaeroben Bakterien. Es vermehrt sich also ohne Sauerstoff. Ideale Bedingungen findet es in luftdicht verpackten Lebensmitteln. Hauptnahrungsquelle des Bakteriums sind Eiweiße. Daher findet es sich vor allem in nicht keimfrei produzierten Konserven mit Fleisch oder Fisch. Es muss aber nicht Fleisch und Fisch sein: Auch in Öl eingelegtes Gemüse kann eine Quelle für eine Botulismusinfektion sein.
Kein Honig im 1. Lebensjahr
Außerdem enthält Honig zuweilen Bakteriensporen. Diese werden bei Erwachsenen in der Regel im Darm unschädlich gemacht. Bei Säuglingen im 1. Lebensjahr ist das Immunsystem dazu aber noch nicht in der Lage. Daher sollten Kinder im 1. Lebensjahr keinen Honig essen.
Berichte über Botulismusinfektionen durch Milch und Milchprodukte sowie eine Übertragung von Rinderbotulismus vom Tier auf den Menschen sind immer wieder einmal zu lesen. Eine wissenschaftliche Bestätigung für diesen Infektionsweg gibt es bislang aber nicht.
Untersuchung
Die Diagnose Botulismus stellen Mediziner in der Regel anhand der offenkundigen Symptome und der Krankengeschichte. Untersuchungen von Mageninhalt und Funktionstest der Nervenfunktion dienen letztlich nur der Erhärtung des Diagnoseverdachts. Insbesondere der Nachweis von Botulismustoxin kann bis zu 48 Stunden dauern. Auf dieses Ergebnis zu warten, gefährdet das Leben des Betroffenen. Daher wird die Therapie auch bei einer Verdachtsdiagnose unmittelbar eingeleitet.
Behandlung
Die Therapie von Botulismus erfolgt stationär, in der Regel auf einer Intensivstation. Von besonderer Bedeutung ist, dass das Botulinumgift so schnell wie möglich neutralisiert wird. Dazu wird das sogenannte Botulismus-Antiserum verwendet. Dieses Gegengift hat allerdings einen schwerwiegenden Nachteil: Es wirkt nur auf Botulinumtoxin, das ungebunden im Blutkreislauf zirkuliert. Das Bakteriengift aber geht etwa 24 Stunden nach der Vergiftung Verbindungen mit den Nervenzellen ein. Hier kann das Gegengift nicht mehr wirken. Deshalb ist es für die Therapie von entscheidender Bedeutung, dass das Gegengift so früh wie möglich gegeben wird. Einmal an eine Nervenzelle gebunden, lässt sich das Gift nicht mehr neutralisieren.
Die Therapie von Botulismus erfolgt fast immer auf einer Intensivstation, weil Betroffene sehr engmaschig überwacht werden müssen. Bei Anzeichen für eine Atemlähmung ist künstliche Beatmung lebensrettend.
Unter idealen Umständen erfolgt die Therapie gegen Botulismus schon unmittelbar (wenige Stunden) nach dem Verzehr vergifteter Lebensmittel. Dann kann es ausreichend sein, wenn Magen und Darm geleert werden, beispielsweise durch Brechmittel, Magenspülung, Abführmittel und Einläufe. So gelingt es mitunter zu verhindert, dass das Botulinumgift den Blutkreislauf erreicht. In der Regel wird aber auch bei früh gehegtem Botulismusverdacht das Gegengift verabreicht.
Wundbotulismus wird behandelt, indem die Wunde chirurgisch gesäubert wird. Daran schließt sich eine antibiotische Therapie an, um weitere Wundinfektionen zu vermeiden.
Prognose
Bei rechtzeitiger Verabreichung des Botulinum-Antiserums beziehungsweise der Entleerung von Magen und Darm sind die Heilungsaussichten gut. Bei dieser Patientengruppe liegt die Überlebensrate über 90 Prozent. Deutlich schlechter sind die Überlebenschancen, wenn das Bakteriengift die Atemmuskulatur oder den Herzmuskel erreicht. Ohne Therapie versterben 70 Prozent der Betroffenen durch Ersticken oder Herzstillstand.
Vorbeugung
Das Bakterium Clostridium botulinum ist überaus widerstandsfähig, noch hartnäckiger sind die Sporen, aus denen sich neue Bakterien entwickeln. Die Sporen überleben nicht nur jahrelang in Trockenheit oder Kälte, sondern sind auch durch Temperaturen über 100 Grad nicht abzutöten. Insofern ist eine Botulinumtoxin-Vergiftung nicht 100ig vorzubeugen. Die folgenden Vorsichtsmaßnahmen sind aber in aller Regel ausreichend.
- Bewahren Sie vakuumverpackte eiweißhaltige Lebensmittel im Kühlschrank bei Temperaturen unter 8 Grad auf.
- Verzehren Sie keine Lebensmittel aus aufgewölbten Konservendosen. Die Bildung von Gas deutet darauf hin, dass die Lebensmittel nicht ausreichend sterilisiert wurden.
- Beachten Sie das Verfallsdatum von Lebensmittelkonserven.
- Selbst eingemachte Lebensmittel sollten Sie beim geringsten Verdacht auf Verdorbenes entsorgen.
- Erhitzen Sie Lebensmittel im Zweifel für wenigstens 15 Minuten auf 100 Grad. Bei dieser Temperatur zerfällt das Bakteriengift. Die Bakterien selbst sowie deren Sporen allerdings tötet auch das Erhitzen nicht zuverlässig ab.
- Kinder im 1. Lebensjahr sollten keinen Honig oder mit Honig gesüßte Speisen oder Getränke zu sich nehmen. Honig kann Bakteriensporen enthalten, die sich im Darm des Kindes zu Bakterien entwickeln und das Botulinumgift produzieren können.
Autor: Charly Kahle
Stand: 01.07.2017