Azidose

Azidose kann als Übersäuerung übersetzt werden und ist als sogenannte "Echte Übersäuerung" eine schwerwiegende Stoffwechselstörung. Lesen Sie mehr über die Symptome, Ursachen, Therapie und Vorbeugung von Azidose.

Synonyme

Übersäuerung, Echte Übersäuerung, Echte Azidose

Definition: Was ist Azidose?

Mediziner bei der Untersuchung von pH Teststreifen

Azidose ist eine echte Übersäuerung des Körpers, die von der umgangssprachlichen Übersäuerung zu unterscheiden ist. Diese Trennung ist zwingend notwendig, denn die Unterschiede sind immens. Handelt es sich bei der landläufigen Übersäuerung lediglich um eine (vermeintlich) überhöhte Säurebelastung des Körpers, stellt die medizinisch echte Azidose eine lebensbedrohliche Stoffwechselerkrankung dar. In den meisten Fällen müssen Patienten mit Azidose intensivmedizinisch überwacht werden.

Formen der Azidose

Mediziner unterscheiden zwei wesentliche Azidose-Formen:

  • Respiratorische Azidose (atmungsbedingt)
  • Metabolische Azidose (stoffwechselbedingt).

Azidose und Alkalose

Bei der medizinisch echten Übersäuerung, der Azidose, entgleist das körpereigene Puffersystem des sogenannten Säure-Basen-Haushalts. Der Säure-Basen-Haushalt verhindert, dass das Blut übersäuert oder basisch wird. Dazu wird der pH-Wert des Blutes in einem bestimmten Bereich gehalten, nämlich zwischen 7,35 und 7,45. Sinkt der Blut-pH-Wert unter 7,35, wird das Blut „sauer". Man spricht von einer Azidose.

Oberhalb von 7,45 käme es hingegen zu einer Alkalose, einer ebenfalls lebensgefährlichen Stoffwechselstörung. Damit weder eine Azidose noch eine Alkalose eintritt, gibt es im Körper ein ausgeklügeltes Kompensationssystem. Wichtigste Mechanismen in diesem System sind die Atmung mit dem Abatmen von Kohlenstoffdioxid und die Nieren mit der Ausscheidung von sauren Stoffwechselprodukten.

Häufigkeit

Die Häufigkeit von Azidose ist nicht bekannt. Experten gehen aber von sehr geringen Fallzahlen bei gesunden Menschen aus. Das Risiko für eine Stoffwechselentgleisung steigt bei diversen chronischen Erkrankungen (siehe Ursachen).

Azidose: Symptome

Symptome von atmungsbedingter (respiratorischer) Azidose

Symptome der respiratorischen Azidose sind vor allem Atemnot, Blutdruckanstieg und Herzrasen. Viele Patienten haben blaugefärbte (zyanotische) Lippen. Des Weiteren kann es zu Schwäche, Verwirrung und sogar zum Koma (sogenannte Co2-Narkose) kommen. Diese Symptome sind auf eine Sauerstoffunterversorgung des Organismus zurückzuführen. Der Körper versucht, die Übersäuerung über die Nieren auszugleichen, indem mehr saure Stoffwechselprodukte ausgeschieden werden. Demzufolge erhöht sich das Wasserlassen bzw. die Urinausscheidung. Kann die Azidose nicht ausreichend über die Nieren ausgeglichen werden, sinkt der Blut-pH-Wert ohne therapeutische Gegenmaßnahmen weiter ab und die Azidose verläuft tödlich.

Symptome von stoffwechselbedingter (metabolischer) Azidose

Die metabolische Azidose ist seltener als die respiratorische Form. Auffallend bei der metabolischen Azidose ist eine verstärkte und übermäßig tiefe Atmung (sogenannte Kußmaulatmung). Damit versucht der Körper, der Übersäuerung entgegenzuwirken, indem er vermehrt saures Kohlenstoffdioxid ausatmet. Eine Sonderform der metabolischen Azidose ist die diabetische Ketoazidose. In diesen Fällen riecht der Atem - neben den bereits erwähnten Symptomen - auffallend stark nach Aceton. Wird die Übersäuerung nicht ausgeglichen, verläuft auch diese Azidose tödlich.

Ursachen: Wie entsteht echte Übersäuerung?

Eine Azidose kann unterschiedliche Ursachen haben. Diese richten sich nach der Form der Azidose.

Ursachen von respiratorischer Azidose

Bei der respiratorischen - also atmungsbedingten - Azidose kann nicht genügend saures Kohlenstoffdioxid abgeatmet werden. So verbleibt es im Körper und lagert sich als Bicarbonat in Blut und Gewebe an. Folgende Ursachen können eine respiratorische Azidose auslösen:

  • Asthma bronchiale
  • Lungenüberblähung (Lungenemphysem)
  • bindegewebsartiger Umbau von Lungenfunktionsgewebe (Lungenfibrose)
  • Störungen des Atemregulationszentrums im Gehirn
  • Atemeinschränkungen durch Verletzungen und Unfälle (zum Beispiel bei Brustkorbprellungen und Rippenbrüchen)
  • medikamentös bedingte Atemschwäche (zum Beispiel durch Opioide Schmerzmittel wie Oxycodon und Hydromorphon sowie Schlaf- und Beruhigungsmittel wie Diazepam und Lorazepam)
  • Langzeitbeatmungen.

Ursachen von metabolischer Azidose

Bei der metabolischen - also stoffwechselbedingten - Azidose sind die Puffersysteme des Körpers überlastet. Dadurch steigt die Konzentration der sauren Stoffwechselprodukte im Blut an und der Blut-pH-Wert sinkt. Dies kann mehrere Ursachen haben:

Vermehrte körpereigene Bildung oder übermäßige äußere Zufuhr von Säure (sogenannte Additionsazidose) durch

  • Diabetes mellitus mit diabetischer Stoffwechselentgleisung und Bildung von Ketonkörpern, zum Beispiel bei Insulinmangel
  • Alkoholismus
  • extreme Diäten
  • schwere körperliche Arbeit und starke Muskelbelastungen
  • Schock
  • Vergiftungen (zum Beispiel durch Methanol, Glykol oder Medikamente wie Acetylsalicylsäure)

Verminderte Ausscheidung von Säure über die Nieren (Retentionsazidose) durch

Erhöhte Basenausscheidung bzw. Verlust von Bicarbonat-Ionen (Subtrationsazidose) durch

  • andauernden Durchfall
  • Einnahme von Carboanhydrase-Hemmern (Entwässerungsmittel).

Untersuchung: Wie wird Azidose festgestellt?

Eine Azidose kann relativ schnell mit einer Blutgasanalyse festgestellt werden. Zur Unterscheidung einer atmungsbedingten (respiratorischen) oder stoffwechselbedingten (metabolischen) Azidose helfen die Bicarbonatwerte und die Messung des sogenannten Kohlenstoffdioxid-Partialdrucks.

Behandlung: Was hilft bei Azidose?

Bei den geringsten Anzeichen einer Azidose (Atemnot, Desorientiertheit, tiefe und verstärkte Atmung sowie Bewusstseinsverlust) sollte schnellstmöglich der Rettungsdienst alarmiert werden. Der Notarzt wird dann umgehend die Behandlung von Azidose einleiten.

Die Behandlung von Azidose verfolgt hauptsächlich drei Ziele: sofortige Gegenmaßnahmen zur Linderung der Symptome, den Abbau der überschüssigen Säure und die Beseitigung der Ursache für die Azidose.

Behandlung von respiratorischer Azidose

Bei der respiratorischen Azidose wird der Arzt versuchen, die Atemtätigkeit zu steigern, damit mehr saures Kohlenstoffdioxid abgeatmet werden kann. Medikamente der Wahl dazu sind Theophyllin und sogenannte Beta-Sympathomimetika wie Salbutamol und Fenoterol. Bei ausgeprägter Azidose muss der Patient künstlich beatmet werden.

Behandlung von metabolischer Azidose

Mittel der Wahl bei der Behandlung von metabolischer Azidose ist die Gabe von Bicarbonat (zum Beispiel Natriumhydrogencarbonat) als Infusion. Diese Infusionen sollten jedoch nur gegeben werden, wenn die Atemfunktion nicht beeinträchtigt ist.

Bei einer diabetischen Ketoazidose verschwinden die Symptome in der Regel rasch nach der Gabe von Insulin. Die Insulingabe sollte jedoch intensivmedizinisch überwacht werden, da der Verlauf und die Reaktion des Organismus nicht immer vorhersehbar sind.

Sind Nierenfunktionsstörungen die Ursache der metabolischen Azidose, muss gegebenenfalls eine Blutwäsche (Dialyse) erfolgen.

Ursachen der Azidose behandeln

Des Weiteren steht bei metabolischer Azidose im Vordergrund, die ursächliche Erkrankung langfristig zu behandeln. Dazu gehören eine gute Einstellung bei Diabetes ohne Blutzuckerspiegel-Entgleisungen, die Therapie der chronischen Niereninsuffizienz sowie eine ausreichende Mineralstoff- und Flüssigkeitszufuhr.

Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur)

Stand: 28.06.2024

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