Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine erblich bedingte Stoffwechselkrankheit. Das AAT-Defizit schädigt vor allem die Lungen und die Leber. Ohne Behandlung verläuft es tödlich. Hier erfahren Sie mehr über Symptome, Ursachen und Therapie von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel.

Synonyme

Laurell-Eriksson-Syndrom, Proteaseinhibitormangel, AAT-Defizit

Definition

Alpha-1-Antitrypsin Mangel

Als Alpha-1-Antitrypsin-Mangel oder Proteaseinhibitormangel bezeichnen Mediziner einen erblich bedingten Mangel an Alpha-1-Antitrypsin. Das Funktionseiweiß Alpha-1-Antitrypsin wird bei gesunden Menschen in der Leber gebildet. Der Mangel wirkt sich zunächst aber nicht in der Leber aus. Vielmehr ist vor allem die Lunge betroffen. Hier kommt es durch das AAT-Defizit zu einer chronischen Entzündung. Mediziner sprechen von COPD. Das ist die Abkürzung des englischen „chronic obstructive pulmonary disease“. Übersetzt bedeutet das: chronisch fortschreitende Lungenerkrankung. Ohne geeignete Therapie blähen die Lungenbläschen immer weiter auf und zerplatzen schließlich. Diese Überblähung bezeichnen Mediziner als Lungenemphysem. Im weiteren Verlauf eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels nimmt auch die Leber Schaden. Es kommt zu Leberentzündungen und Leberzirrhose.

Ursache des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels ist ein Gendefekt. Die Folgen werden vor allem durch Rauchen verschlimmert. Denn Rauchen und andere Luftschadstoffe vermindern die Wirkung des wenigen Alpha-1-Antitrypsins, dass Betroffene oft noch bilden. In der Therapie von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wird das Eiweiß in Medikamentenform ersetzt.

Häufigkeit

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel zählt mit 2,5 Neuerkrankungen pro 10.000 Einwohnern und Jahr zu den seltenen Erkrankungen. Gleichzeitig ist der Proteaseinhibitormangel eine der häufigsten Erbkrankheiten. Auf den in der Öffentlichkeit weit bekannteren angeborenen Typ-1-Diabetes entfallen nur 1,5 Neuerkrankungen pro 10.000 Einwohnern und Jahr. In ähnlicher Größenordnung liegt die Erkrankungsrate von Cystischer Fibrose, die vielen Menschen als Mukoviszidose bekannt ist.

Experten gehen von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Manche Schätzungen sprechen davon, dass bis zu 40 Prozent der Menschen mit COPD auch einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel haben könnten.

Symptome

Die Symptome von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel gleichen im Frühstadium denen von COPD. Die Erkrankung beginnt mit Husten und starkem Auswurf ähnlich wie bei Bronchitis. Weitere Kennzeichen sind zunehmende Atemschwierigkeiten mit keuchender oder pfeifender Atmung.

Im Verlauf der Erkrankung wird das Lungengewebe immer weiter geschädigt. Die Lungenbläschen blähen auf und zerplatzen. Durch dieses Lungenemphysem verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung. Zu den Symptomen des Lungenemphysems zählt weiter zunehmende Atemnot. Der produktive Husten geht in einen trockenen Reizhusten über. Bei ausgeprägtem Sauerstoffmangel kommt es zu einer Blaufärbung der Haut (Zyanose).

Mitunter entwickeln sich eine Rechtsherzschwäche und ein Druckanstieg im Lungenkreislauf mit Rechtsherzbelastung (Cor pulmonale) möglich. Die Betroffenen bekommen beispielsweise nur noch in aufrechter Position ausreichend Sauerstoff und schlafen fast in Sitzposition. Im weiteren Verlauf erschöpft sich die Atmung schon bei geringster Belastung, später besteht selbst in Ruhe Atemnot.

Leber-Symptome bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Die Leber-Symptome von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel treten deutlich seltener auf als die Schädigungen der Lunge. Leberentzündungen sind jedoch bereits im Kindesalter möglich. Erstes sichtbares Symptom einer Leberentzündung (Hepatitis) ist häufig eine Gelbfärbung von Haut und Schleimhaut. Selbst bei Kindern und Jugendlichen verursacht Alpha-1-Antitrypsin-Mangel mitunter schon eine Zerstörung der Leber. Es kommt zur Schrumpfleber, der unheilbaren Leberzirrhose.

Ursachen

Ursache des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels ist ein angeborener Gendefekt auf dem Chromosom 14.

Mediziner unterscheiden die homozygote und die heterozygote Form des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels.

  • Wenn sowohl das mütterliche wie das väterliche Chromosom 14 krankhaft verändert sind, handelt es sich um die homozygote Form. In diesem Fall ist der Mangel an Alpha-1-Antitrypsin besonders stark ausgeprägt.
  • Ist die krankhafte Erbmutation nur auf einem Chromosom vorhanden (heterozygote Form) bilden die Leberzellen noch kleine, aber häufig nicht ausreichende, Mengen Alpha-1-Antitrypsin.

Die Funktion von Alpha-1-Antitrypsin

Alpha-1-Antitrypsin ist der wichtigste Gegenspieler einer bestimmten Gruppe von Enzymen, der Proteasen. Diese Enzyme haben eine zunächst einmal sehr sinnvolle Aufgabe. Sie spalten Moleküle und sorgen dafür, dass altes oder krankes Gewebe abgebaut werden kann. Zudem produziert unser Körper bei Entzündungen oder Reizungen durch Umwelteinflüsse vermehrt Proteasen. Alpha-1-Antitrypsin sorgt als natürlicher Gegenspieler gewissermaßen dafür, dass die Proteasen keinen Schaden anrichten. Mediziner bezeichnen Alpha-1-Antitrypsin daher als Proteaseinhibitor. Bei Proteaseinhibitormangel oder Alpha-1-Antitrypsin-Mangel fehlt also die ausgleichende Wirkung des Gegenspielers. Die Proteasen werden nicht mehr gebremst und zerstören nach und nach mehr Gewebe. Das geschieht vor allem in Lunge und Leber.

Bei gesunden Menschen wird Alpha-1-Antitrypsin in der Leber gebildet. Die Leber-Symptome bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel erklären sich vor allem dadurch, dass die für die Produktion vorgesehenen Leberzellen nicht richtig funktionieren. Statt des Alpha-1-Antitrypsins bilden sie andere Verbindungen. Die sammeln sich mitunter in den Leberzellen und führen zunächst zu Leberentzündungen und letztlich zur Leberzirrhose.

Untersuchung

Die Diagnose von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel kann anhand einer Blutuntersuchung sicher nachgewiesen werden. Dabei wird die Alpha-1-Antitrypsin-Konzentration im Blutplasma gemessen. Darüber hinaus gibt es Bluttests, die eine krankhafte Veränderung des Chromosoms 14 sichtbar machen.

Bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder Computertomografien der Lunge dienen dazu, dass Ausmaß von Lungenschäden zu bestimmen. Erste Anhaltspunkte dafür liefern auch der sogenannte Lungenfunktionstest und standardisierte Fragebögen. Mit dem sogenannten COPD Assessment Test etwa wird der CAT-Score ermittelt.

Bei einem nachgewiesenen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel wird auch die Leber eingehend untersucht. Um die Leberfunktion zu messen, werden die Leberwerte im Blut bestimmt. Bildgebende Verfahren können Leberschädigungen sichtbar machen.

Behandlung

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist gegenwärtig nicht heilbar. Das AAT-Defizit lässt sich aber mit Alpha-1-Antitrypsin in Medikamentenform ausgleichen. Dieses Alpha-1-Antitrypsin wird aus menschlichem Spenderblut gewonnen. Es wird in der Regel einmal wöchentlich in Form einer Infusion verabreicht.

Zudem sollten Patienten mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel keinesfalls rauchen. Bei staubigen Arbeiten wie Brandbekämpfungen, Mähen oder Schleifen sollte grundsätzlich ein Atemschutz getragen werden.

Die weitere Behandlung richtet sich nach dem Ausmaß der Lungen- und/oder Leberschäden. Ausführliche Informationen finden Sie in den Ratgebern:

  • Hepatitis
  • Leberzirrhose
  • COPD
  • Chronische Bronchitis
  • Lungenemphysem

Prognose

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel selbst ist, wie bereits erwähnt, nicht heilbar. Eine Prognose über den Krankheitsverlauf ist nur individuell möglich. Es gibt durchaus Betroffene, die eine ganz normale Lebenserwartung haben. Das gilt insbesondere für Nichtraucher, bei denen der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel schon erkannt wurde, bevor es zu Lungenschäden gekommen ist. Bei Patienten mit einer späten Diagnose und starken Lungenschäden hingegen ist die Prognose deutlich schlechter. Diese Menschen sind fast immer auf eine Lungen- und Lebertransplantation angewiesen. Ohne neue Lunge versterben 40 Prozent innerhalb von 2 Jahren nach der Diagnose.

Vorbeugung

Da Alpha-1-Antitrypsin-Mangel eine Erbkrankheit ist, kann man nicht effektiv vorbeugen.

Bei diagnostiziertem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel gibt es hingegen Vorbeugemaßnahmen, die vor Infektionen und einer Verschlechterung der Organfunktion schützen. Menschen mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel dürfen auf keinen Fall rauchen und ihren Alkoholkonsum auf ein Mindestmaß beschränken. Zudem ist es sinnvoll, sich mit Impfungen vor Atemwegsinfektionen zu schützen. An erster Stelle steht hier die Grippeschutzimpfung. Auch vor der häufigen Pneumokokken-Lungenentzündung schützt eine Impfung.

Autor: Charly Kahle

Stand: 01.07.2017

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